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Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe
Autoren: Alexander Kent
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erscheinen.
    »Ja, Dick, es geht ihr gut. Sie ist augenblicklich unterwegs und macht einen Besuch, trotz des Wetters.«
    Dancer fühlte sich seltsam erleichtert. Er hatte viel gehört von Nancy, dem jüngsten Familienmitglied. Sie mußte ungefähr sechzehn sein und wohl eine Schönheit, nach der Mutter zu schließen.
    Bolitho sah seines Freundes Gesichtsausdruck und bemerkte: »Das ist eine gute Nachricht.«
    Seine Mutter blickte von einem zum anderen und lachte. »Aha, ich verstehe.«
    »Ich bringe Martyn in sein Zimmer, Mutter.«
    Sie nickte und sah ihnen nach, als sie die Treppe hinaufstiegen, vorbei an den Porträts längst verblichener Bolithos.
    »Als wir vom Postboten hörten, daß die Gorgo n in Plymouth eingelaufen sei, da wußte ich, daß du nach Hause kommen würdest, Dick. Ich hätte es Kapitän Conway niemals verziehen, wenn er mir diese Freude verweigert hätte.«
    Bolitho sah den Kommandanten vor sich, zurückhaltend, von beeindruckender Ruhe in allen Gefahrensituationen. Er konnte sich ganz und gar nicht vorstellen, daß er auf Frauen hörte. Dancer betrachtete eingehend eines der Porträts im Treppenhaus.
    »Mein Großvater Daniel«, erklärte Bolitho. »Er war mit Wolfe in Quebec. Muß ein großartiger alter Herr gewesen sein. Manchmal weiß ich nicht mehr genau, ob ich ihn wirklich kannte, oder ob es nur Erinnerung ist an das, was mein Vater mir über ihn erzählt hat.«
    Dancer grinste. »Er sieht recht verwegen aus, und Konteradmiral war er auch!« Damit folgte er Bolitho über den Treppenabsatz und hörte, wie der Wind Hagel gegen die Fenster peitschte. Es wirkte alles so seltsam nach den ständigen Bewegungen an Bord, den Geräuschen und Gerüchen eines mit Menschen überfüllten Kriegsschiffes.
    Es war immer dasselbe mit den Fähnrichen. Stets waren sie hungrig, stets wurden sie gejagt, in alle Richtungen gehetzt. Jetzt würde er, wenn auch nur für ein paar Tage, Frieden finden, und wenn es nach Mrs. Tremayne ging, auch einen vollen Magen.
    Bolitho öffnete eine Tür. »Eins der Mädchen wird dein Gepäck herauf bringen, Martyn.« Er zögerte ein wenig, seine Augen blickten so grau drein wie die See jenseits des Vorlandes. »Ich bin froh, daß du mitgekommen bist. Einige Male«, er zögerte erneut, »während der letzten Monate dachte ich, daß ich niemals mehr nach Hause kommen würde. Daß auch du jetzt hier bist, macht es erst vollkommen.«
    Er wandte sich abrupt ab, und Dancer schloß leise die Tür hinter ihm.
    Er wußte, was Bolitho hatte ausdrücken wollen, und war gerührt darüber, daß er es ihm gegenüber ausgesprochen hatte.
    Dann trat er an eines der Fenster und blickte durch das triefende Glas. Im trüben Winterlicht wirkte die bewegte, mit weiß leuchtenden Schaumkronen bedeckte See sehr einsam.
    Dort draußen lag sie und wartete auf ihre Rückkehr. Er lächelte und begann sich zu entkleiden.
    Nun, sie sollte nur warten!
    »So, Martyn, was hieltest du vo n deinem ersten freien Abend?«
    Die beiden Fähnriche saßen mit ausgestreckten Beinen vor dem prasselnden Kaminfeuer, die Augen fielen ihnen fast zu von der Hitze und dem üppigsten Mahl, das Mrs. Tremayne seit langem zubereitet hatte.
    Dancer hob sein Glas, sah zu, wie der Flammenschein durch den rubinfarbenen Portwein changierte, und lächelte zufrieden.
    »Sieht einem Wunder verdammt ähnlich.«
    Es war ein sehr ausgedehntes Mahl gewesen, und Bolithos Mutter sowie seine jüngere Schwester Nancy hatten sich alle Mühe gegeben, die beiden zum Erzählen zu bringen. Bolitho ertappte sich bei der Vorstellung, wie viele Erzählungen dieser Tisch wohl schon mit angehört hatte, einige sicherlich ein wenig ausgeschmückt, aber alle wahr und erlebt.
    Nancy hatte aus diesem Anlaß ein neues Kleid getragen, das offensichtlich in Truro angefertigt worden war: »Das Neueste aus Frankreich.« Es war tief ausgeschnitten, und obwohl ihre Mutter einige Male die Stirn gerunzelt hatte, ließ es sie eher jünger wirken als leichtfertig.
    Sie glich ihrer Mutter viel stärker als ihre Schwester, die mehr nach der Bolitho-Seite schlug. Nancy hatte das gleiche, leicht hervorbrechende Lächeln, mit dem Harriet seinerzeit Kapitän James Bolitho so bezaubert hatte, daß er das schottische Mädchen zur Frau nahm.
    Auf Dancer hatte Nancy großen Eindruck gemacht, und Bolitho schien es, als beruhe dies auf Gegenseitigkeit.
    Draußen war es ruhiger geworden, der Hagel ging allmählich in Schnee über. Die Ställe und anderen Gebäude waren bereits mit
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