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Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe
Autoren: Alexander Kent
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Kopf. »Ich warte hier schon lange, Sir.«
    Dancer reichte ihm etwas Geld herunter. »Das ist für deine Mühe, Tim.«
    Als der junge Bursche von dannen stolperte, wobei er vor sich hin schwatzte, rief Bolitho ihm nach: »Aber gib’s nicht deinem Vater!«
    Dann sagte er: »Binde die Pferde lieber fest und hilf mir. Wir haben auflaufendes Wasser, der Leichnam wird sonst in einer halben Stunde fortgeschwemmt.«
    Sie zogen den aufgedunsenen Körper den schrägen Strand hinauf, und Bolitho dachte an andere Männer, die er hatte sterben sehen, schreiend und fluchend, in der Hitze und dem Lärm des Gefechtes. Das war schrecklich genug. Aber so zu sterben wie dieser Mann, allein und verängstigt, um dann wi e Abfall ins Meer geworfen zu werden, das schien ihm noch weit schrecklicher.
    Bis endlich Unterstützung gekommen war, sie den Leichnam in die Kirche geschafft und sich danach im Wirtshaus gestärkt hatten, dämmerte bereits der Morgen.
    Die Reiter und ihre Pferde waren bei der Heimkehr so leise wie möglich, aber Bolitho wußte, daß seine Mutter sie trotzdem hören und erwarten würde.
    Als sie herbeieilte, um sie zu begrüßen, sagte er in bestimmtem Ton: »Nein, Mutter. Geh lieber wieder ins Bett!«
    Sie betrachtete ihn seltsam und lächelte dann. »Wie gut, wieder einen Mann im Haus zu haben«, sagte sie.

Di e Avenger
    Bolitho und Dancer traten durch die Vordertür ein und stampften Schnee und Schlamm von den Stiefeln. Ihre Gesichter und Hände prickelten vor Kälte nach dem scharfen Ritt über das Vorland.
    Es hatte fast aufgehört zu schneien; hier und da ragte Ginster oder sonstiges Gestrüpp aus dem Schnee wie Seegras aus einer zerrissenen Matratze.
    Bolitho bemerkte leise: »Wir haben Besuch, Martyn.«
    Schon im Hof hatte er die Kutsche gesehen und die beiden prächtigen Pferde, die von Corler und dem Stallknecht betreut wurden. Das Wappen am Wagenschlag hatte er als das Sir Henry Vyvyans erkannt, eines reichen und mächtigen Landedelmannes, dessen ausgedehnte Besitzungen etwa zehn Meilen westlich von Falmouth lagen. Außerdem war er ein höchst geachteter Landvogt.
    Sir Henry stand vor dem prasselnden Kaminfeuer und sah Mrs. Tremayne zu, die einen Krug Punsch bereitete. Sie hatte hierfür ihr eigenes Rezept mit sorgfältig abgestimmten Zugaben von Zucker, Gewürzen und geschlagenem Dotter.
    Vyvyan war eine eindrucksvolle Erscheinung: groß, breitschultrig, mit einer mächtigen Hakennase. Beherrschend in seinem Gesicht war jedoch eine schwarze Klappe über dem linken Auge. Von der Stirn über die Augenhöhle bis zum Wangenknochen zog sich eine fürchterliche Narbe. Das Auge mußte wie mit einer riesigen Klaue herausgerissen worden sein. Als Bolitho noch klein war, hatte er vor diesem Mann schreckliche Angst gehabt.
    Das unversehrte Auge fixierte jetzt die beiden Fähnriche, dann sagte Vyvyan mit dröhnender Stimme: »Freut mich, Sie wiederzusehen, mein Junge, auch Ihren Freund.« Er blickte Bolithos Mutter an, die am Fenster saß. »Sie müssen stolz auf ihn sein, Madam.«
    Bolitho wußte, daß Vyvyan seine Zeit nicht mit zwecklosen Besuchen vertrödelte. Er galt bei vielen als rätselhaft, obgleich seine schnelle Ahndung von Wegelagerei und Straßenraub auf seinen Ländereien bekannt und allgemein respektiert war. Man sagte, er habe sein Vermögen erworben, indem er Franzosen und Spanier kaperte, andere wiederum deuteten Sklavenhandel und Rumschmuggel an. Vielleicht hatten sie auch alle unrecht, dachte Bolitho.
    Seltsam, wie unwirklich ihnen bereits der Tod des Zollbeamten erschien, während sie über die ausgefahrene Küstenstraße galoppiert waren. Es war jetzt zwei Nächte her, seit sie mit dem Schwachsinnigen bei der Leiche gestanden hatten. Jetzt, bei blauem Himmel, von dem der Wind die letzten Wolken und somit auch die Schatten von den verschneiten Hängen gefegt hatte, kam ihnen alles nur wie ein böser Traum vor.
    Vyvyans tiefe Stimme fuhr fort: »Deshalb sagte ich mir, Madam, da Richter Roxby und seine Familie sich in Bath amüsieren, da das Militär sich auf unsere Kosten eine schöne Zeit macht – wer anderer als ich selbst soll nach Falmouth hinüber und die Mühe und die Verantwortung für diesen Fall auf sich nehmen? Ich sehe es als meine Pflicht an, zumal der arme Tom Morgan einer meiner Pächter war. Er wohnte am Rand von Helston, ein kräftiger, zuverlässiger Mann. Man wird ihn sehr vermissen, besonders seine Familie.«
    Bolitho beobachtete seine Mutter, sah die Erleichterung in ihrem
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