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Sträflingskarneval

Sträflingskarneval

Titel: Sträflingskarneval
Autoren: Annette Eickert
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gewesen war. Vielleicht würden sie jetzt bei ihm sein und ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen, vermutlich gemeinsam mit ihm um seinen Urgroßvater trauern, aber das war nur einer seiner vielen Wunschträume.
    Inzwischen hatte er über die Treppe den Haupteingang erreicht und war ins Freie getreten. Sofort kitzelte die Sonne seine Nase und in jenem Moment fühlte er sich ein wenig ruhiger. Dennoch nagte die Nervosität weiter an seinen Nerven und er hoffte, dass seine beste Freundin Kimberly ihm helfen konnte. Auch sie war nach Galway eingeladen worden. Er wandte sich ein letztes Mal um und betrachtete das fünfstöckige Gebäude, welches sich in Form und Aussehen wie eine Burg in die Höhe hob. Im Inneren strotzte die Moderne, es war mit hellen und bequemen Möbeln, Strom, Telefon, Satellitenfernsehen, Computern und einfach mit allem ausgestattet, was ein normaler Hausstand im 21. Jahrhundert eben zu bieten hatte. Lediglich mit der Ausnahme, dass der Orden zusätzlich den Luxus von Hausangestellten hatte.
    Ryan seufzte, dann machte er sich auf den Weg zum Anlegesteg, vorbei an dem kleinen, malerischen See, der zum Internat gehörte. Omey Island war gerade einmal drei Kilometer breit und maß höchstens vier Kilometer in der Länge. Sie war im Privatbesitz des Ordens und bei gutem Wetter konnte man weit übers Meer hinausblicken und die orangerote Sonne am Horizont untergehen sehen. Ein kleiner Wald rundherum schütze das heilige Zentrum vor unliebsamen Beobachtern. Doch mit einem kleinen Motorboot konnten die Inselbewohner jederzeit die steile Westküste Irlands anfahren.
    Nur eine halbe Stunde später erreichte er mit Hilfe des Bootsführers die Küste und sah von weitem bereits seine Freundin Kimberly Callahan auf ihn zukommen.
    „Oh man, Ryan“, begrüßte sie ihn mit rügender Stimme, als er vor ihr stand. „Ich dachte schon, du wolltest gar nicht mehr kommen. Du hast verdammtes Glück, fast wäre ich ohne dich losgefahren.“ Dann umarmte sie ihn herzlich und schenkte Ryan ein aufmunterndes Lächeln. „Du siehst gut aus.“
    „Danke, du aber auch“, gab er lächelnd zurück. Kimberly hatte eine schlanke Figur und ihr langer, schwarzer Rock und die helle Bluse betonten diese noch. Ihre langen braunen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und ihr Gesicht war durch ein wenig Make-up fast makellos. Kimberly war eine besonders attraktive junge Frau und das sagte Ryan ihr auch gerne, doch tief in ihren Herzen waren sie wie Bruder und Schwester. Mit rosa Wangen bedankte sie sich und dann liefen sie gemeinsam zum Wagen, der sie in die Provinzhauptstadt Galway bringen würde.
    „Wie war es gestern bei deinen Eltern?“, erkundigte sich Ryan neugierig. Ihre Eltern wohnten in der nächstgrößeren Stadt Clifden, wo sie die letzte Nacht geschlafen hatte.
    „Sie machen sich immer noch Sorgen. Aber ich soll dich ganz lieb grüßen“, antwortete Kimberly und sah ihn traurig an. „Inzwischen verstehen sie die Maßnahmen des Ordens besser, obwohl sie immer noch dagegen sind. Als mich Mrs. Buckley gestern Abend zu meinen Eltern brachte, erklärte sie ihnen, wieso uns Mr. Hinthrone zur Gerichtsverhandlung eingeladen hat. Außerdem steht ihr Entschluss, nach Amerika zu ziehen, endgültig fest. Das Krankenhaus in Boston hat ihre neuen Arbeitsstellen vorgestern bestätigt.“
    Ryan nickte. Mrs. Buckley war eine ihrer Lehrerinnen und ein geachtetes Ordensmitglied, die nach dem Tod seines Urgroßvaters die Leitung auf Omey Island übernommen hatte. Sie war zwar streng, aber eine sehr vertrauenswürdige Seele.
     
    *
     
    Nach zwei Stunden Autofahrt hatten Ryan und Kimberly den Ordenshauptsitz in Galway erreicht und standen vor dem großen Versammlungssaal. Eigentlich wurde dieser für Ratsversammlungen genutzt, würde jedoch während der nächsten zehn Tage als Gerichtssaal dienen. Zu dem bevorstehenden Prozess hatten sich zum Auftakt der Verhandlungen viele Mitglieder eingefunden. Alle wollte mit eigenen Augen sehen, wie die Rebellen ihre gerechte Strafe erhielten.
    Über Kimberlys Schulter hinweg beobachtete Ryan nervös Rossalyn McGrath, die leise auf ihre Schwester Kendra O’Neill einredete. Das einzige in Freiheit lebende Familienmitglied der McGraths wirkte am heutigen Morgen sehr besorgt, was ihr keiner übel nahm. Ihr Ehemann Lawren und einziger Sohn Aidan McGrath würden in ein paar Stunden von dem neu gewählten Großmeister verurteilt werden. Seit der Gefangennahme ihres Mannes und Sohnes hatte
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