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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier
Autoren: Claus H. Stumpff
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vor den Eingangsstufen der Jagdhütte lagen. Entsetzt rannten die Kinder
zurück, um Hilfe zu holen.
    Die französische Ortskommandantur
wurde verständigt, denn es gab keine amtierenden deutschen Behörden mehr. Bella
und Wotan, die beiden treuen Hunde, mussten erschossen werden, da sie niemanden
nahe herantreten ließen. Die Identifizierung der Toten war einfach, denn
Rüdiger Freiherr von Hohenburg hatte in der Hütte einen Abschiedsbrief
hinterlassen:
     
    Nun
ist alles aus! Ich kann nicht mehr! Meine geliebte Gerlinde hatte wegen der
furchtbaren Aufregungen und Anstrengungen beim Aufstieg eine Fehlgeburt.
Ärztliche Hilfe konnte ich nicht holen, ich hätte sie ja hier allein lassen
müssen. So ist sie in meinen Armen nach hohem Blutverlust verstorben. Es wäre
ein Junge gewesen, der Erbe von Schloss Hohenburg, unser so ersehntes Kind. Ich
habe das Menschlein, das nicht leben durfte, in aller Stille hier im Wald
begraben.
    Meine ganze Liebe gehörte Gerlinde, und ihre Liebe zu mir
würde mir mein Leben lang fehlen. Unser herrliches Haus brennt lichterloh, und
alles ist nun zerstört, was viele Generationen vor mir aufgebaut und sorgsam
für die Nachkommen bewahrt haben. Darum mache ich Schluss und setze meinem
Leben ein Ende. Ich habe noch eine Bitte: Unsere Leichname sollen hier oben an
einem Platz mit Blick auf unser nun zerstörtes Schloss zur letzten Ruhe
gebettet werden. Möge Gott mir verzeihen!!!
     
    Rüdiger Freiherr von Hohenburg
     
    Rüdiger hatte sich mit einem
Schuss in die Schläfe das Leben genommen, seine Armeepistole fand man neben der
ausgestreckten rechten Hand. Schon am nächsten Tag wurde das junge Paar auf
einem Hügel unweit der Jagdhütte beigesetzt. Eine Prozession von vielen hundert
Burgstädtern begleitete die Toten auf ihrem letzten Weg.
    Schloss Hohenburg war gänzlich
zerstört worden, lediglich die Kellerräume blieben noch begehbar. Dort hatten
zunächst ehemalige Zwangsarbeiter auf dem beschwerlichen Rückweg in ihre
osteuropäischen Heimatländer zwischen Brandschutt und Gerümpel herumgestöbert,
um vielleicht dieses oder jenes noch Brauchbare zu entdecken. Das war eine
Horde verwahrloster Gesellen, die sich nun für erlittenes Unrecht schadlos
hielten und alles mitnahmen, was nicht niet- und nagelfest war. Auch schreckten
sie nicht vor Mord und Totschlag zurück, falls man sich ihnen dabei in den Weg
stellte.
    Bereits wenig später fanden aus
Schlesien und Ostpreußen vertriebene Flüchtlingsfamilien in den Ruinenkellern
notdürftige Unterkunft, bis sie anderweitig untergebracht werden konnten.
    Entfernte Verwandte des Barons Rüdiger von Hohenburg hatten
gleich nach Kriegsende in der Ruine nach Wertsachen forschen lassen, aber
vergeblich. Darum hatten die in Österreich lebenden Cousins kein Interesse mehr
an diesem Objekt, zumal der Wiederaufbau des Schlosses oder die Absicherung des
Ruinengeländes Unsummen verschlungen hätte. Weil kein Testament vorgefunden
wurde, verzichteten sie auf das ihnen zustehende Erbe, denn sie befürchteten,
durch dessen Annahme auch mögliche Schulden des Grafen Rüdiger übernehmen zu
müssen.
    Niemand kümmerte sich mehr um den
Erhalt des historischen Komplexes mit seinen Nebengebäuden und parkartigen
Außenanlagen, sodass im Laufe der Zeit alles weiter verfiel. Hin und wieder
nächtigten Obdachlose und Herumtreiber in der Ruine, und gelegentlich
versteckten sich dort auch von der Polizei gesuchte Personen.
     
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2
     
    Ein wertvoller Fund
     
    S ie
klangen ihm noch immer in den Ohren, diese in einer fremden Sprache gerufenen
Laute. ›Dalli, dalli, du fauler Sack, ich mache dir gleich lange Beine‹ ,
oder so ähnlich, hatte ihn der SS-Mann angebrüllt und dann, begleitet von
Fußtritten, auf die Ladefläche eines Lastwagens gestoßen. Er war bereits seit
sechs Uhr morgens auf den Beinen und hatte sich jetzt, am frühen Abend, müde
auf den Heimweg begeben. Zu spät registrierte er die Bedeutung dessen, was da
vor sich ging, zu spät war es jetzt, um sich noch verstecken zu können. Er sah,
wie eine Gruppe junger Burschen aus seinem Dorf, fast alles ehemalige Schul-
oder Sportskameraden, von Männern der Waffen-SS mit vorgehaltenen Gewehren wie
eine Viehherde zu einem Militärlastwagen getrieben wurde. Er stand da, mit weit
aufgerissenen Augen, und konnte noch nicht begreifen, was sich da abspielte.
Aber nun war es zu spät, der Deutsche bohrte ihm den Lauf seines Gewehres
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