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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier
Autoren: Claus H. Stumpff
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die Seite und schrie diese Worte, die ihm nie mehr aus den Ohren gehen sollten.
    Das geschah im zweiten Kriegsjahr
1940. Stanislaw Strogulski war erst 20 Jahre alt, als er zusammen mit 35 jungen
Männern aus seinem und den umliegenden Dörfern von deutschen ›Bauernfängern‹ ,
wie man sie auch nannte, zur Zwangsarbeit in Fabriken und der Landwirtschaft
nach Deutschland deportiert wurde. Dabei hatte er zunächst großes Glück: Nach
einem mehrtägigen Transport und ohne jegliche Nahrung wurde er halb verdurstet
und ausgehungert bei einem Großbauern in einem Dorf an der
deutsch-schweizerischen Grenze abgeliefert. Obwohl den Deutschen jeder private
Kontakt zu den Fremdarbeitern untersagt war, wurde er hier beinahe
freundschaftlich behandelt, bekam eine ordentliche Unterkunft und durfte sogar
mit der Familie am selben Tisch speisen. Doch als 1942 die Ortsgruppenleitung
der NSDAP davon erfuhr, wurde er eines Tages wie ein Verbrecher
abgeführt und musste in einer unterirdischen Fabrik – er hatte nie erfahren, wo
sie lag – Artilleriegranaten zusammenschrauben. Dort war jeder Tag für ihn und
unzählige andere Frauen und Männer aus Polen und der Ukraine die reinste Hölle.
Die tägliche Arbeitszeit betrug zwölf Stunden, wobei es keine freien Tage gab.
Die Verpflegung war so miserabel, dass die meisten Zwangsarbeiter unter
Mangelerscheinungen litten. Kranke wurden abgeholt, man hörte nie wieder etwas
von ihnen.
    Nachdem der Krieg im Mai 1945
endlich vorüber war, zog Stanislaw mit einer Gruppe seiner Leidensgenossen
ostwärts: ein Tross ausgehungerter, heruntergekommener Gestalten. Männer und
Frauen, die sich jetzt für die jahrelange, oftmals erniedrigende Behandlung
durch die Deutschen revanchieren wollten und auf dem Weg in ihre
osteuropäischen Heimatländer raubten, was sie nur mitnehmen konnten.
     
    Die Überreste des abgebrannten Schloss Hohenburg rauchten
noch, als sich die Heimkehrer in den halbwegs unbeschädigten Kellerräumen
vergeblich nach einem Nachtquartier umsahen. Aber unter den Trümmern fanden sie
noch manches Brauchbare. Stanislaw hatte sogar eine besondere Glückssträhne:
Zwischen allerlei Kellergerümpel stieß er auf eine mit Geröll fast völlig
zugeschüttete Kommode. Als er das alte Möbelstück näher untersuchte, entdeckte
er in einem nur von der Rückseite her zugänglichen, unverschlossenen Geheimfach
einen voluminösen Metallbehälter. Darin befanden sich neben einer größeren
Anzahl Goldmünzen noch juwelenbesetzte Ringe, Armreifen und Colliers sowie
weiterer Gold- und Silberschmuck. Hastig verstaute er alles in einem grünen
Stoffbeutel, der in einem der sonst leeren Schubfächer lag, und achtete darauf,
dass niemand etwas bemerkte. Bis zur Weiterreise musste er daher seinen
kostbaren Fund gut verstecken. In der Wand eines der Kellerräume gewahrte er
eine Aushöhlung mit den dafür geeigneten Ausmaßen. Hier hatten die
Kampfhandlungen Spuren in Form eines tiefen Lochs in dem dicken Mauerwerk
hinterlassen. Stanislaw erkannte sofort, dass sich diese Nische vorzüglich als
Versteck anbot. Als er sich unbeobachtet fühlte, deponierte er darin seinen
kostbaren Fund. Die Gol dmünzen allerdings verbarg er im Futter seiner dicken
Jacke. Sein geheimes Depot verschloss der gelernte Maurer geschickt mit
herumliegenden Gesteinsbrocken, sodass niemand den dahinter befindlichen
Hohlraum erahnen konnte. Dann begab er sich wieder zu seinen Weggefährten, die
inzwischen in einer abseits gelegenen Feldscheune Unterschlupf gefunden hatten.
     
    Am nächsten Morgen wollte
Stanislaw heimlich seine wertvolle Beute abholen. Zu seinem Entsetzen sah er
zwei mit Maschinenpistolen bewaffnete französische Soldaten vor dem
Kellereingang Wache halten. Sie bedeuteten durch Handzeichen und in einer ihm
unverständlichen Sprache, dass er schnell verschwinden möge. Er versuchte es am
folgenden Tag noch einmal, und nachdem drei weitere Tage vergangen waren
erneut. Aber jedes Mal standen Wachposten vor der Ruine, denn die Bürger von
Burgstadt hatten die französische Ortskommandantur um Schutz vor den
marodierenden Banden gebeten, die sich immer wieder in der Ruine einnisteten.
Stanislaw fühlte sich wie am Boden zerstört. Mit einer derartigen Entwicklung
hatte er gewiss nicht gerechnet. ›Ich Idiot, hätte ich doch alles
mitgenommen, nun ist es für immer futsch!‹ , so fluchte er laut vor sich
hin. Wutschnaubend und mit finsterer Miene machte er sich nun allein auf den
Weg, denn seine Kumpane waren
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