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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier
Autoren: Claus H. Stumpff
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S. aus
Burgstadt/Schwaben und seine Ehefrau, kam jede Hilfe zu spät, beide waren
sofort tot. Wie die Polizei mitteilte, wurde bei dem Mercedesfahrer, dem
41-jährigen Viehhändler Sepp R. aus Rosenheim, eine Blutalkoholgehalt von 1,8
Promille festgestellt.
     
    Christian überlebte wie durch ein Wunder. Er wurde mit
seinem Sitz bis an die Windschutzscheibe geschleudert. Dabei erlitt er eine
Fraktur der Wirbelsäule sowie schwerste innere Verletzungen und wurde von den
Rettungsleuten regungslos aus dem Trümmerhaufen geborgen. Im Unfallkrankenhaus
Murnau wurde er sofort operiert.
    Wochenlang schwebte er zwischen Leben und Tod. Erst als
sich sein Zustand etwas stabilisiert hatte, ließ man ihn wissen, was passiert
war. Erst jetzt erfuhr er, dass seine Eltern bei dem Autounfall ums Leben
gekommen waren und er selbst schwerste Verletzungen erlitten hatte. Die Ärzte
erklärten ihm, dass die Verletzung seiner Wirbelsäule so kompliziert sei, dass
er voraussichtlich von der Hüfte abwärts gelähmt bleiben würde. Eine Aussicht
auf Heilung bestünde kaum, es sei denn, dass noch ein Wunder geschähe.
    Wenn die Schmerzen einmal nachließen, verblieb Christian
viel Zeit zum Nachdenken. Er konnte sich noch nicht an den Gedanken gewöhnen,
dass er weder Vater noch Mutter jemals wiedersehen sollte. Er machte sich daher
Vorwürfe, doch recht oft unleidlich gewesen zu sein. Und wie egoistisch hatte
er sich benommen! Sein Vater hatte oft bis in die späten Abendstunden in seiner
Kanzlei gearbeitet oder mehrmals in der Woche schwierige Fälle vor Gericht zu
vertreten gehabt. Da war ihm ein Urlaub doch wohl zu vergönnen gewesen. Und
dass er so oft auf die anderen Autofahrer, besonders auf die Alkoholiker und
die Rücksichtslosen geschimpft hatte, kam Christian jetzt wie eine späte Rechtfertigung
vor. Und seine Mutter? Wie hat sie sich um ihn gesorgt! Ihr hatte er es doch zu
verdanken, dass er ein so guter Schüler war. Sie hatte auf alles eine Antwort
gehabt und ihm immer geduldig zugehört. Welchen Kummer musste sie wohl
empfunden haben, als seine kleine Schwester kurz nach ihrer Geburt gestorben
war? Da war er gerade drei Jahre alt gewesen und hatte sich immer ein
Schwesterchen gewünscht. Danach konnte seine Mutter keine Kinder mehr kriegen
und doch hatten sie zu dritt immer ein recht harmonisches Familienleben
geführt. Wen sollte er nur in Zukunft fragen, wenn ihm bei seinen Hausaufgaben
etwas unklar war?
    Je länger Christian darüber nachdachte, desto verzweifelter
war er und heulte ins Kissen hinein. Als lebenslang Behinderter wollte er nicht
mehr leben, er musste nach einem Ausweg suchen, es würde ihm schon noch etwas
einfallen. Hätte er gewusst, dass er als Rollstuhlfahrer eines Tages das Leben
von fünf Schulkameraden retten würde, dann hätten ihn sicher nie solch trübe
Gedanken geplagt.
    So vergingen viele Wochen, und ein Jugendpsychologe half
dem Jungen bei der Bewältigung seiner Trauer und der Sorge um sein zukünftiges
Leben als Behinderter. Allmählich kehrten auch seine Lebensgeister zurück und
das war gut so.
    Endlich kam der Tag der Entlassung. Aber wohin sollte der
auf einen Rollstuhl und ständige Hilfe angewiesene Junge? Zum Glück erklärte
sich die ganz in der Nähe wohnende Tante Veronika, die Schwester seiner Mutter,
dazu bereit, den Vollwaisen bei sich aufzunehmen. So hatte er wenigstens nicht
auch noch ein Zuhause verloren und brauchte nicht bei fremden Leuten oder gar
in einem Heim untergebracht zu werden.
     
    Christian musste sich wohl oder übel mit einem Leben im
Rollstuhl abfinden. Tante Veronika bemühte sich, ihm die Eltern zu ersetzen. Er
besuchte jetzt die 10. Klasse seines Gymnasiums und galt als sehr guter
Schüler. Trotz seiner schweren Behinderung versuchte er sein Leben zu meistern
und wurde Mitglied im Deutschen Behinderten-Sportbund; seine ganze Leidenschaft
gehörte dem Bogenschießen. In dieser Disziplin hatten er und seine
nichtbehinderten Kameraden schon etliche Medaillen gewonnen. Das Bogenschießen
verschaffte ihm noch einen weiteren Nutzen: Seine Muskulatur wurde durch die
zweimal pro Woche stattfindenden Trainingsstunden gekräftigt, er wurde nach und
nach breitschultriger und sein athletischer Oberkörper konnte sich sehen
lassen. Seinen Rollstuhl bediente er wie andere Burschen das Fahrrad, und wenn
er seine tägliche Trainingsstrecke zur Burgruine Hohenburg hinauf absolvierte,
würde mancher Radfahrer ohne Mehrfach-Gangschaltung auf der Strecke bleiben.
Bei seinen
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