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Stolz und Verlangen

Stolz und Verlangen

Titel: Stolz und Verlangen
Autoren: Sylvia Day
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Ihnen einen Tee anbieten?«
    »Nein, danke.«
    Sie legte die Feder beiseite und winkte den Butler weg. »Ihre Pünktlichkeit verrät mir lediglich, dass Ihnen Ihre Zeit kostbar ist. Das lässt vermuten, dass Sie auch meine Zeit als kostbar erachten, wofür ich dankbar wäre.«
    »Was erachten Sie sonst noch als kostbar, Miss Martin?«
    »Ich sehe nicht ein, inwiefern das von Bedeutung ist.«
    Jasper lächelte. »Wenn ich einen liebeskranken Verehrer oder meinetwegen einen Mitgiftjäger spielen soll, sollte ich auch ein paar Dinge über Sie wissen.«
    »Verstehe.« Sie runzelte die Stirn und sagte dann: »Ich schätze meine Privatsphäre, Abgeschiedenheit, die Bücher in meiner Bibliothek, mein Pferd und mein Geld.«
    Er beobachtete, wie sie mit den Fingern auf das Hauptbuch vor ihr tippte.
    »Sie kümmern sich um Ihre eigene Buchhaltung?«
    »Wie vor mir mein Vater.«
    »Warum haben Sie nicht geheiratet?«
    Eliza lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Sind Sie verheiratet, Mr. Bond?«
    »Jasper«, verbesserte er sie, denn er wollte gern hören, wie sie seinen Vornamen mit ihrer sanften, aber stählernen Stimme aussprach. »Und nein, ich bin nicht verheiratet.«
    »Dann stelle ich Ihnen dieselbe Frage. Warum sind Sie nicht verheiratet?«
    »Meine Lebensführung ist nicht unbedingt ehetauglich. Ich habe ungewöhnliche Arbeitszeiten und bewege mich in seltsamer Gesellschaft.«
    »Hmmm … Nun, ich habe nicht geheiratet, weil ich noch keinen Menschen gefunden habe, dessen Gesellschaft den Preis wert ist.« Sie zuckte die Achseln. »Offen gestanden, ist eine Heirat für mich ein extrem teures Unterfangen. Ich würde nicht nur die Kontrolle über mein eigenes Vermögen verlieren, sondern müsste mich auch bereit erklären, ungeheuer viel Zeit mit einem anderen Menschen zu verbringen. Wahrscheinlich wirke ich dadurch etwas wunderlich – oder wie eine typische Tremaine –, doch ich finde den gesellschaftlichen Umgang mit anderen Menschen eher anstrengend als anregend. Ich muss jedes Wort auf die Goldwaage legen, damit ich niemanden mit meiner direkten Art beleidige.«
    Und aus genau diesem Grund musste er sie unbedingt in sein Bett locken: Er wollte sie ermutigen, sie selbst zu sein. Für ihn war ihre direkte Art kein Problem, weil er ihre unverblümte Ausdrucksweise und ihre vernünftige Argumentation höchst anregend fand. Er freute sich auf die Herausforderung, die Frau ans Licht zu holen, die sich hinter diesem scharfen Verstand verbarg.
    »Eliza«, raunte er, während er ihre Reaktion auf seine ungebetene Vertraulichkeit beobachtete – die erweiterten Pupillen, das Flattern der Wimpern, der beschleunigte Pulsschlag, der an ihrem Hals zu erkennen war. »Ich muss gestehen, ich habe mich auf dieses Treffen vor allem deshalb gefreut, weil mir Ihre offene Art zu sprechen ausnehmend gut gefällt.«
    Was zu der Überlegung führte, was ihm noch an ihr gefiel. Die volle, sinnliche Unterlippe und wie sie die Lippen schmollend aufwarf, wenn er sie ärgerte. Die Wünsche, die ihr Mund in ihm wachrief, waren selbst für ihn schockierend. Er wollte spüren, wie dieser Mund über seine Haut glitt, wie er anrüchige Worte wisperte und sanfte Küsse verteilte. Wie er neckte. Saugte …
    Er holte scharf Luft, war erstmals in seinem Leben ungehalten über seinen gut ausgebildeten Instinkt, auf den er sich, um zu überleben, immer verlassen hatte. Es war eine Sache, eine Frau sexuell wahrzunehmen – das war anregend und amüsant. Eine andere Sache war es freilich, durch diese Wahrnehmung körperlich erregt zu werden.
    »Es ist selten«, fuhr er fort, sich mühsam wieder auf das eigentliche Thema konzentrierend, »dass ein Klient so offenherzig ist. Das ist für meine Arbeit nur von Nutzen.«
    Sie neigte den Kopf zur Seite, worauf zwei Locken über ihr delikat geformtes Ohr fielen. Sie schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich dann aber offenbar anders. Stattdessen zog sie ein Blatt Papier unter dem ledergebundenen Hauptbuch hervor und reichte es Jasper.
    Er ergriff es und drehte es herum, damit er lesen konnte, was darauf geschrieben war. Im Gegensatz zu den ordentlichen Zahlenreihen ihrer Buchführung war ihr Schriftbild eher chaotisch. Schräg statt gerade, nach oben und unten hin verlängert, mit Patzern nach jedem Eintauchen in die Tinte, als wäre sie zu sehr in Eile gewesen, um die überflüssige Tinte ordentlich abzustreifen. Es war höchst aufschlussreich, dass sie beim Schreiben von Zahlen weitaus mehr
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