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Stolz und Verlangen

Stolz und Verlangen

Titel: Stolz und Verlangen
Autoren: Sylvia Day
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Sorgfalt aufwendete als beim Schreiben von Namen. Auf dem Blatt stand die Liste ihrer Verehrer, zusammen mit dem jeweiligen Adelstitel – falls vorhanden –, der Dauer der Werbung, dem Alter sowie einer knappen, aber präzisen Charakterskizze, die auch unliebsame Züge beinhaltete wie Räuspern oder Naserümpfen. Mithilfe dieser Informationen würde es ihm leichtfallen, jedem Gesicht einen Namen zuzuordnen.
    »Ich bin beeindruckt von Ihrer guten Beobachtungsgabe«, lobte er sie und sah sie an.
    Der Hauch eines Lächelns spielte um ihre Lippen, und Jasper wurde bewusst, dass sie ihm noch nie ein richtiges Lächeln geschenkt hatte. »Danke. Gestern Abend habe ich beschlossen, dass dies meine letzte Saison sein wird. Vor langer Zeit habe ich mit meinem Onkel die Abmachung getroffen, dass sechs Saisons das Äußerste sind, was er von mir erwarten kann … aber ich war mir nicht sicher, ob ich ihn auf sein Versprechen festlegen darf. Er verlangt so wenig von mir.«
    »Verstehe.« Dann könnte er sie also guten Gewissens verführen. Er würde sie nicht gesellschaftlich ruinieren, wenn sie als alte Jungfer auf dem Abstellgleis landete.
    »Des Weiteren habe ich beschlossen, Ihre Dienste für die vollen sechs Wochen in Anspruch zu nehmen, Mr. Bond. Wenn Sie mir die Kosten für die gesamte Dauer nennen, werde ich dafür sorgen, dass Sie morgen Abend ausbezahlt werden.«
    Nachdenklich lehnte sich Jasper zurück. Die Art, wie sie ihn ansah, ließ ihn hellhörig werden. Natürlich wollte er für geleistete Dienste bezahlt werden, doch er fragte sich, ob hinter ihren Motiven nicht mehr stand als die Bilanz ihrer Ausgaben und der Wunsch, Schulden sofort zu begleichen. Er hatte mit vielen Mitgliedern des Adels zu tun gehabt, die glaubten, ihn durch sofortige Bezahlung auf seinen Platz verweisen zu können. Sobald er das Geld annahm, war er nicht mehr ein Geschäftsmann, sondern eine Ware, über die sie bestimmen konnten. Meistens kümmerte es ihn nicht, was Klienten sich einredeten, um ihren Stolz zu befriedigen. Aber bei Eliza würde er nicht zulassen, dass sie ihn mit ihrem Geld an der Leine führte.
    »Wir haben eine Vereinbarung«, sagte er mit einem Lächeln, um seinen unverrückbaren Standpunkt zu diesem Thema etwas zu mildern. »Zwei Wochen ohne Bezahlung. Falls meine Arbeit in dieser Zeit zufriedenstellend für Sie war, können Sie mich danach entschädigen.«
    Ein Ausdruck von Wachsamkeit funkelte in ihren blauen Augen auf. Er war kaum zu sehen und sofort wieder verschwunden. »Aber ich habe nicht vor, Sie zu ersetzen.«
    »Ausgezeichnet. Und ich habe nicht vor, ersetzt zu werden.« Er hob die Liste hoch. »Ist die Namensliste zufällig von ›sehr verdächtig‹ nach ›eher unverdächtig‹ geordnet?«
    »Ja, natürlich.« Sie stand auf und ging um den Schreibtisch herum.
    Rasch erhob er sich und beobachtete verblüfft, wie sie auf dem Stuhl neben ihm Platz nahm. Sie beugte sich über die Armlehne und forderte ihn mit einer Handbewegung auf, sich wieder zu setzen. »Falls Sie irgendwelche Fragen haben, so bin ich bereit, sie, so gut ich kann, zu beantworten.«
    Während Jasper auf den Stuhl zurücksank, stieg ihm der sehr exotische Duft ihres Parfüms in die Nase, das einen bemerkenswerten Gegensatz zu ihrer schlichten Kleidung bildete. Sie war voller Widersprüche, von ihrem Aussehen über ihre Stimme bis hin zu ihrer Handschrift. »Warum steht der Earl of Montague so weit unten?«
    Eliza neigte den Kopf in Jaspers Richtung, damit sie einen besseren Blick auf die Liste hatte. Zum ersten Mal konnte er sie aus der Nähe betrachten und die hellen Sommersprossen bewundern, die sich über ihren Nasenrücken verteilten. »Warum sollte er nicht unter ›eher unverdächtig‹ stehen? Seine Lordschaft ist attraktiv, charmant und …«
    »Bis über beide Ohren verschuldet.« Nur durch schiere Willenskraft schaffte er es, die Liste mit den verhassten Namen nicht zu zerknüllen. Die natürliche Anziehung, die Eliza auf ihn ausübte, wurde durch das Gefühl verstärkt, sie besitzen zu wollen. Er sollte verdammt sein, wenn er zuließ, dass Montague Eliza oder ihr Geld in die Hände bekam.
    »Ja, ich weiß. Aber das trifft auf viele Männer auf der Liste zu. Diejenigen, die nicht verschuldet sind, verfügen nur über begrenzte Mittel.« Angesichts seiner fragenden Miene huschte erneut ein Lächeln über ihre Lippen. »Ich habe jeden Gentleman, der mir den Hof macht, genau unter die Lupe genommen, selbst jene, deren Motive völlig
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