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Stoer die feinen Leute nicht

Titel: Stoer die feinen Leute nicht
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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fertigmachen.“
    „Fertigmachen – klingt mir ein bißchen zu faschistisch.“
    „Er ist doch nichts weiter als ein Gangster!“
    „Sei vorsichtig!“
    „Diese Typen sind es doch, die unsere Gesellschaft kaputtmachen, die unseren Rechtsstaat langsam, aber sicher aushöhlen. Wir müssen sie ausschalten, wenn wir unser Leben human und gerecht machen wollen. Die Buths und ihre Gefolgsleute sind es doch, die uns versklaven, uns zu bloßen Instrumenten ihres Willens herabwürdigen… Jetzt haben wir die Chance, einen von ihnen zu vernichten und wenigstens in Bramme die Luft von ihrem Gestank zu säubern.“
    „Hast du schon mal was von der Hydra gehört? Die wachsen doch nach wie die Köpfe von der…“
    „Dein verdammter Fatalismus! Wir dürfen nicht resignieren, wir müssen kämpfen!“
    Katja warf ihre Bürsten und Kämme in den Koffer. „Ja – kämpfen, indem wir fürs Brammer Tageblatt arbeiten… Daß ich nicht lache.“
    „Da kann ich mehr tun, als wenn ich…“
    „Der lange Marsch durch die Institutionen!“ höhnte sie.
    „Wir dürfen uns nicht zerstreiten, Katja – bitte! Wir müssen zusammen versuchen, die Sache anständig zu Ende zu bringen!“
    „Für mich ist sie bereits zu Ende. Ich verschwinde hier.“
    „Und die Untersuchung?“
    „Biebusch läßt mich in Berlin daran arbeiten.“
    „Hat ihn wohl Buth dazu überredet?“
    „Bramme ist für mich erledigt; ich war einmal hier – nie wieder. Einmal reicht.“
    „Du wirst zurückkommen und mit mir zusammen Buth dahin bringen, wo er hingehört.“
    „Versuche du mal, mit der bloßen Hand einen D-Zug anzuhalten.“
    „Deine Bilder sind doch schief! Aber trotzdem: ich kann mit dieser Hand hier einen fahrenden D-Zug anhalten. Ich muß nur an den Schalthebel kommen.“
    Sie war fast fertig, warf noch einen schnellen Blick in den Schrank. „Und wenn du bis morgen früh redest, du kannst mich nicht zurückhalten.“
    „Du hast dich bestechen lassen. Es ist eine Flucht vor dir selbst!“
    „Es ist Einsicht in die Notwendigkeit.“
    „Die kümmerlichste Art von Freiheit!“
    „Immerhin.“
    „Man muß sich auflehnen gegen das scheinbar Unvermeidliche – das gibt dem Leben seinen Sinn.“
    „Jetzt kommst du auch noch mit Camus!“ Sie lachte bitter.
    „Du kannst nicht so einfach fliehen.“
    „Ich kann!“
    „Es geht nicht nur um dich.“
    Sie flüchtete zur übernommenen Formel. „Bramme und Marciniak, das paßt nicht zusammen; die Stadt mag uns nicht, sie stößt uns aus.“
    „Das ist doch Unsinn!“
    „Ich bin in den fünf Tagen hier um fünf Jahre gealtert.“
    „Na und?“
    „Fahrt doch zur Hölle mit eurem Buth und eurem Lankenau, eurem Scheißfluß und eurem kümmerlichen Tageblatt – mit eurer ganzen jämmerlichen Stadt!“ Sie haßte alles, hätte alles vernichten können. Sie war am Ende. Sie sehnte sich nach einem warmen, wohligen Nichts.
    Und doch zögerte sie, den Koffer zu nehmen und zum Wagen hinunterzugehen.
    Wenn Corzelius jetzt aufstand und sie in die Arme nahm… Er stand auf, wandte ihr den Rücken und trat ans Fenster.
    Die entscheidende Sekunde verstrich ungenutzt.
    Sie nahm den Koffer, zog die Tür auf, lief auf den Flur, stieß den Hasen mit dem Fuß beiseite, kümmerte sich nicht mehr um Frau Meyerdierks, sah sich nicht mehr um, stürzte zum Wagen, warf den Koffer hinein, setzte sich hinters Steuer, schlug die Tür zu, startete.
    Corzelius stand am Eingang der Pension Meyerdierks zwischen den beiden Säulen, starrte zu ihr herüber, bewegte sich nicht.
    Und der will nun die Welt verändern… Aber doch nicht mit Reden!
    Sie gab Gas. Sie raste die Knochenhauergasse entlang, am Luperti-Stift vorbei, am Supermarkt von Erich Taschenmacher, am Albert-Schweitzer-Gymnasium, erreichte die Brammermoorer Heerstraße, hielt sich an das blau-weiße Schild, das zur Autobahn wies.
    Sie wußte, daß die fünf Tage in Bramme sie gezeichnet hatten. Sie wußte, daß von nun an ihr Lachen anders klingen würde. Sie wußte, daß sie kein außergewöhnlicher Mensch war… Ob sie es jemals schaffte, dies alles zu bewältigen? Ohne Drogen, ohne eine Flucht, die nie endete?
    Trey war tot.
    Hinter ihr blieben die letzten Lichter von Bramme zurück, sie fuhr in die Nacht hinein.
    Einmal nahm sie den Fuß vom Gas, ließ den Wagen rollen, langsamer werden, sah sich nach einer Stelle um, wo sie am Straßenrand halten konnte. Sie wollte nachdenken.
    Nachdenken? Wollte sie das wirklich?
    „Und was, bitte schön, soll dabei
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