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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz
Autoren: Tania Carver
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Leitungen floss, er hielt sich also vorsorglich von ihnen fern.
    Der Regen trommelte auf das Eisendach des Containers. Wenn ich hier leben müsste , durchfuhr es Mickey, würde mich das wahnsinnig machen . Er dachte an die Menschen weiter unten. Es erklärte einiges.
    Er holte seine Taschenlampe heraus und ließ den Lichtstrahl durch den Raum wandern. Überall tropfte Wasser von der Decke, unablässig und so heftig, als würde es im Innern des Containers regnen.
    Plötzlich sah er mehrere Container weiter hinten Wasser funkelnd aufspritzen und einen Schatten, der sich bewegte.
    Fenton.
    Mickey lief ihm durch die offenen Containerwände hinterher. Er platschte durch vom Rost braun gefärbte Pfützen und gab acht, ja nicht mit den Kabeln in Berührung zu kommen, die von oben herabhingen.
    Er sah, wie der Schatten um eine Ecke verschwand. Leuchtete mit der Taschenlampe hinterher.
    Eine Sackgasse.
    Er hatte ihn.
    »Fenton …« Mickeys Stimme hallte von den eisernen Wänden wider. »Geben Sie auf. Ich bin bewaffnet, und das Gelände ist umstellt. Sie kommen hier nicht raus.«
    Die einzige Antwort war der Regen.
    Mickey versuchte es noch einmal, diesmal in ruhigerem Ton. »Kommen Sie da raus, Michael. Es ist vorbei. Wir können über alles reden, einverstanden?«
    Er hörte einen Schrei.
    Ein Schatten hatte sich von der hinteren Containerwand gelöst und kam direkt auf ihn zu. Mickey hatte keine Zeit zu reagieren. Fenton stürzte sich auf ihn, begann auf ihn einzuschlagen, zerkratzte ihm das Gesicht und schrie dabei wie von Sinnen.
    Mickey kniff die Augen zu, als Fenton versuchte, ihm die Finger in die Augäpfel zu bohren. Jetzt war er derjenige, der schreien musste.
    Er packte Fentons Handgelenke und versuchte, seine Hände beiseitezuschieben. Es ging nicht. Er tastete sich weiter vor, bekam Fentons Finger zu fassen, wollte sie wegziehen. Sie ließen sich keinen Millimeter bewegen.
    Er spürte, wie Fentons Daumen sich tief in seine linke Augenhöhle grub. Der Schmerz wurde unerträglich. Er musste etwas tun, ganz egal, was. Er umfasste Fentons Zeigefinger mit beiden Händen und bog ihn so weit zurück, bis er es knacken hörte.
    Fenton heulte auf wie ein Tier. Die Schmerzen in Mickeys Auge ließen schlagartig nach. Er packte Fentons Nacken mit der Linken und rammte ihm dann mit aller Kraft die rechte Faust ins Gesicht.
    Fenton ging rückwärts zu Boden.
    Mickey rappelte sich auf. Seine Augen brannten noch. Fenton kroch vor ihm zurück.
    »Lassen Sie mich! Bleiben Sie weg von mir!«
    »Los, Michael, Sie kommen jetzt mit …« Mickey setzte ihm nach.
    Fenton drehte sich um. Kam auf die Füße. Versuchte, an Mickey vorbei dorthin zurückzulaufen, von wo er gekommen war. Mickey wollte ihn packen, bekam ihn aber nicht zu fassen.
    Fenton sah sich um, ob Mickey ihm folgte, drehte sich dann wieder nach vorn. Und stolperte über die Schweißnaht zwischen zwei Containern.
    Mickey wollte noch nach ihm greifen, aber Fenton stolperte nach hinten, von ihm weg.
    »Achtung!«, rief Mickey. »Nicht …«
    Im Fallen suchte Fenton instinktiv nach etwas, woran er sich festhalten konnte. Griff ein regennasses Kabel, das von der Decke hing. Er zog daran, das Kabel löste sich, er verlor das Gleichgewicht und riss das Kabel mit, als er zu Boden ging.
    »Nein …«
    Mickey sprang zurück, brachte sich in Sicherheit.
    Das alte, schlecht isolierte Kabel fiel in die Wasserpfütze am Boden des Containers. Fenton, der es immer noch in der Faust hielt, schrie auf.
    Mickey konnte nicht hinschauen.
    Er drehte sich weg, den Geruch von verbranntem Fleisch und versengten Haaren in der Nase. Er hörte, wie die Leitung knisterte und summte.
    Dann rannte er zur Leiter zurück.
    Er wollte so schnell wie möglich weg von Fenton – und raus aus dem Garten.
    131 »Komm«, sagte Phil, »sehen wir … sehen wir zu, dass wir dich da rausholen …«
    Von Marina gestützt, humpelte Phil zum Käfig. Er hielt noch immer die Klinge in der Hand, mit der er den Gärtner getötet hatte. Jetzt warf er sie weg und streckte Finn durch das Loch im Gitter die Hand entgegen. Stumm und mit großen Augen starrte Finn ihn an. Phil rang sich ein Lächeln ab. Es kostete ihn viel Kraft.
    »Ich habe doch gesagt, dass ich ein Freund bin«, meinte er. »Und dass ich dich hier raushole.«
    Zum allerersten Mal sah man die Andeutung eines Lächelns über die Züge des Jungen huschen. Er hatte Angst, Phils Worten Glauben zu schenken, und gleichzeitig wünschte er sich nichts sehnlicher, als
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