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Stirb für mich: Thriller

Stirb für mich: Thriller

Titel: Stirb für mich: Thriller
Autoren: Robert Wilson
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die Extremsituationen überlebt hatten. Nicht nur ihre Gesichter waren zerfurcht. Wäre er ein gläubiger Mensch, würde er sagen, dass auch ihre Seelen geschrumpft waren.
    »Du dachtest, du wärst ein zivilisierter Mensch«, sagte Boxer.
    »Es war eine schreckliche Lektion«, erwiderte Dias nickend. »Zu erkennen, dass ich selbst genauso verbittert bin wie Diogo Chaves.«
    »Und wie ist es dazu gekommen?«
    »Ich gebe mir die Schuld für das, was geschehen ist. Jede Nacht grüble ich darüber, was in meinem Leben diese Männer veranlasst haben könnte, meiner Tochter so etwas anzutun. Ich habe mir zu viele unbeantwortbare Fragen gestellt, und das hat mich kleiner gemacht«, sagte Dias. »Du kanntest mich vorher nicht. Ich war ein glücklicher Mensch, aber jetzt …« Dias ballte die Faust und biss die Zähne zusammen.
    »Und was willst du nun wegen Diogo Chaves unternehmen?«
    »Erinnerst du dich an unser Gespräch damals in S ã o Paulo über Rache?«, fragte Dias und knipste das Ende der Zigarre ab.
    »Kann sein.«
    »Du hast mir erzählt, der einzige Nachteil an deinem Job wäre, dass du die Geisel in Empfang nimmst und dann gehen musst. Du bist nie an irgendeiner Vergeltung beteiligt. Für die Opfer und Familien gibt es einen Abschluss, aber nicht für dich. Du siehst nie, wie die Verbrecher bestraft werden. Das stimmt doch, oder?«
    »Irgendwas in der Richtung«, sagte Boxer, der sich an ihre langen nächtlichen Gespräche, aber nicht an jedes Detail erinnerte. »Wahrscheinlich habe ich dir erzählt, dass die meisten Opfer nicht gern vor Gericht aussagen. Sie wollen einfach ihr Leben weiterleben. Aber wenn Entführer erst mal gespürt haben, wie leicht es ist, an Geld zu kommen, werden sie es immer wieder tun.«
    Dias beugte sich vor, stellte sein Glas auf den Tisch und sah Boxer eindringlich in die Augen. »Genau«, sagte er. »Wie würde es dir gefallen, sicherzugehen, dass Diogo Chaves es nie wieder tut?«
    Schweigen. Als Pokerspieler versuchte Boxer den Adrenalinausstoß in seinem Körper zu überspielen. Das war etwas, das er wollte. Oder schlimmer noch, etwas, das er seit dem Ausstieg bei GRM und dem Wiederaufbrechen des schwarzen Lochs in sich brauchte . Doch eins wusste er über seine schreckliche Begierde: nie übereilt zugreifen.
    »Ich finde, du solltest zur Polizei gehen«, erwiderte Boxer vorsichtig.
    »Ich rede nicht von der Polizei«, sagte Dias, lehnte sich zurück und zündete mit einem goldenen Zippo seine Zigarre an. »Ich rede davon, dass du … Chaves erledigst.« Er ließ das Zippo zuschnappen und paffte an der Zigarre.
    »Wie kommst du darauf, dass ich bereit wäre, so etwas zu tun, Bruno?«, fragte Boxer ruhig.
    »Ich habe einen Freund, einen russischen Geschäftsmann. Du hast einmal für einen Bekannten von ihm gearbeitet. Er hat mir erzählt, dass du den Sohn dieses Typen unversehrt aus den Händen einer Bande in Kiew befreit hast und dann einer Information nachgegangen bist, die du über ein ukrainisches Mitglied der Bande erhalten hast, das später tot in einem Wald vor den Toren von Archangelsk gefunden wurde.«
    »Er war unangemessen gekleidet für die Wetterbedingungen, in denen er sich wiederfand«, sagte Boxer.
    »Hör zu, Charlie, du weißt, wovon ich rede«, sagte Dias. »Ich würde es selbst erledigen, wenn ich es könnte, aber ich traue es mir nicht zu.«
    Boxer fragte sich, ob Dias erwartete, dass er sich deshalb besser fühlte. Der Brasilianer missdeutete sein Schweigen.
    »Ich erwarte nicht, dass du es umsonst machst.«
    »Ich würde es auch nicht umsonst machen«, erwiderte Boxer. »Ich hab dir doch gesagt, dass Bianca täglich in meinen Gedanken ist.«
    »Was ist mit deiner wohltätigen Organisation?«
    »Woher weißt du davon?«, fragte Boxer.
    »Es ist da draußen irgendwo im Äther«, sagte Dias und machte eine vage Geste mit seiner Zigarre. »Die LOST -Stiftung. Du hilfst Menschen, Personen zu finden, wenn die Polizei aufgegeben hat. Ist das eine weltweite Organisation?«
    »Im Augenblick ist sie bloß in Großbritannien aktiv«, sagte Boxer. »Ich habe zwei Ex-Polizisten eingestellt. Um weltweit zu operieren, brauche ich mehr Mittel.«
    »Und an was für Mittel denkst du da so?«, fragte Dias.
    »Ich brauche … mehr ausgebildete Ermittler«, sagte Boxer vorsichtig. »Und ich brauche ein richtiges Büro.«
    »Wie wär’s mit zweihundert Quadratmetern in einer ruhigen Seitengasse der Marylebone High Street?«
    »Unvorstellbar.«
    »Fang an, es dir vorzustellen.«
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