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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Autoren: Peter Freudenberger
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hatte einen anderen Grund. Wenn ihn die CITT mit ihrem diplomierten Psychologenblick fixierte, hatte er das Gefühl, als schaue sie tief in sein Innerstes. Als könne sie mit ihren leicht stechenden Augen sein Hirn sezieren, zumindest aber seine Gedanken lesen.
    Hilfesuchend schaute er auf den Bildschirm. »Ich habe gerade eine wichtige Mail bekommen.«
    »Es dauert nur ein paar Minuten.« Sie stakste auf ihren Storchenbeinen zum Schreibtisch, balancierte dabei vorsichtig die Tasse, setzte sich Stiller gegenüber auf den Stuhl und knöpfte mit der freien Hand die Kostümjacke auf.
    Überrascht sah Stiller, dass sie ein enges T-Shirt mit Dinosaurier-Aufdruck trug.
    Sie bemerkte seinen Blick. »Das ist ein T-Shirt meiner Tochter«, erklärte sie lächelnd. »Ich habe mir heute Morgen Kaffee über die Bluse geschüttet und auf die Schnelle nichts anderes gefunden. Ich komme kaum zum Bügeln. Sie glauben gar nicht, wie mich das Kind und der Beruf auf Trab halten.«
    Doch, dachte Stiller, sagte aber nichts. Er ahnte: Sie würde sofort wissen, dass er das Bügeln seiner Frau Ruth überließ.
    Sie lächelte noch immer. »Ich weiß, Sie haben auch Kinder und arbeiten viel. Aber Sie haben bestimmt eine Frau, die Ihnen das Bügeln abnimmt.«
    Er hatte es geahnt. Stiller hüstelte. »Und Ihr Mann?«
    »Gott bewahre! Ich habe keinen Mann mehr. Noch eine Person mehr im Haushalt, um die ich mich kümmern müsste, liebe Güte. Ich habe mich seiner beizeiten entledigt und nur den Doppelnamen behalten. Macht sich besser.« Sie kleidete dieses raue Geständnis in einen Ton aus Samt.
    Von wegen Bohnenstange, dachte Stiller. Sie hat etwas Spinnenartiges. Etwas von dieser Gattung, die nach dem Zeugungsakt das Männchen auffrisst. Sein Unwohlsein wuchs, er beschloss, das Gespräch zu beschleunigen.
    »Frau Dr. Heiner-Döberlin …«
    »Frauke!«
    »Frauke. Sie wollten doch sicher nicht über die Rollenverteilung im Haushalt mit mir reden?«
    »Sie haben recht.« Sie rutschte auf die Vorderkante des Stuhls. »Paul, es liegt mir sehr viel an einem Klima der Offenheit. Nur in einem solchen Klima ist es uns allen möglich, unsere Fähigkeiten frei zu entfalten und die inneren Ressourcen voll auszuschöpfen. Denken Sie sich unsere Zusammenarbeit als eine Pflanze, die Sonne genauso braucht wie Regen und daher unter dem offenen Himmel besser gedeiht als in einer geschlossenen Kammer.«
    »Hm.« Stiller versuchte, aus den Augenwinkeln die Polizei-Mail zu lesen. Er erkannte das Wort Staatsanwaltschaft .
    »Ich weiß, Sie reden nicht viel. Sie sind eher ein guter Zuhörer.« Ihre Stimme hatte wieder die Kleinkind-Beruhigungsmelodie.
    Drei weitere Worte sprang ihm ins Auge: Vorabinformation und noch vertraulich .
    »Dennoch habe ich das Gefühl, Ihr Schweigen heute Morgen hatte andere Gründe.«
    Stand da wirklich auf Ihre Mithilfe angewiesen ?
    »Mag sein, dass es sich um ein unbewusstes Verhaltensmuster handelt. Immerhin haben Sie sich freiwillig zum kreativen Work-out angemeldet und bisher noch keine Sitzung ausgelassen. Ich will Ihnen daher keinesfalls eine bewusste Verweigerungshaltung unterstellen.«
    Es ging offensichtlich um einen Zeugenaufruf. Das Wort Zeugen war fett gedruckt.
    »Dennoch: Kann es sein, dass Sie sich meinen Methoden des Kreativitätstrainings verschließen, weil …« Sie legte eine Pause ein, und Stiller hatte das Gefühl, ihr Blick sei noch ein Tick stechender geworden. »… weil ich eine Frau bin?«
    »Wie bitte?« Stillers Protest wäre um einiges schärfer ausgefallen, hätte ihn die Mail nicht abgelenkt. Er übersprang ein paar Zeilen und hakte am Wortpaar frühen Morgen wieder ein.
    »Mag sein, dass ich mich täusche. Ich kann schließlich keine Gedanken lesen. Aber Sie verschließen sich.«
    Stiller tat, als sei er empört, und wandte sich vollends seinem Bildschirm zu. Vorsitzender der Kleingartenanlage Nilkheimer Bahnhof , las er.
    »Sie verschließen sich nicht nur. Sie haben eine Mauer um sich errichtet.«
    Einwirkung stumpfer Gewalt.
    »In Ihrem eigenen Interesse: Ich muss wissen, was diese Mauer durchbrechen kann!«
    Abrupt wandte sich Stiller ihr zu. »Ein Mord!«
    Sie fuhr erschrocken zurück, hätte sich um ein Haar ihren Kaffee über das Dinosaurier-T-Shirt geschüttet. »Aber Herr Stiller!«
    »Paul.« Jetzt war er es, der lächelte. Er war in seinem Element. »Wir haben einen Mord. Es war schön, mit Ihnen zu plaudern, aber ich muss handeln.«
    Er griff zum Telefon. Als er den Hörer abheben wollte,
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