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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Autoren: Peter Freudenberger
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beteiligt. Das musste man sich mal vorstellen. Er hatte die Zeit notiert, wahrscheinlich von allen. Er hatte auch genau festgehalten, wie oft sie hinter der Theke im Vereinsheim Dienst getan hatte: nie.
    Hatte der eine Ahnung, was Unterrichtsvorbereitung und Korrekturen bedeuteten? Gerti Blum war eine gottesfürchtige Frau, sie achtete die Schöpfung und wünschte niemandem etwas Böses, schon gar nicht den Tod. Aber bei Strunke – da kam sie fast in Versuchung.
    Trotzdem würde sie mit ihm über die Vogelscheuche reden, und zwar gleich beim nächsten Treffen. Sie fasste den Vorsatz in dem Augenblick, in dem sie das Vereinsheim passiert hatte und auf Strunkes Garten zusteuerte. Vielleicht hatte sie gleich Gelegenheit, ihren Entschluss umzusetzen: Strunke schien da zu sein. Die Tür zu seiner Laube stand offen.
    Neugierig näherte sie sich dem Zaun. Strunke war Rentner. Rentner gehörten um diese Uhrzeit ins Bett und nicht in den Garten; jedenfalls hatte sie sich das für ihren Ruhestand vorgenommen. Wollte er sie am Ende wieder überwachen? Sie war zu früher Stunde gewöhnlich die Einzige in der Anlage.
    Sie blieb an einem Busch stehen, einer abgeblühten Forsythie, die Strunkes Zaun und ihren Kopf überragte, und lugte durch die Zweige zur Laube. Nichts war zu sehen oder zu hören. Nicht das geringste Geräusch, nur die Vögel und die Straße. Sie räusperte sich. Keine Reaktion. Irgendwo musste er doch stecken.
    Sie wartete. Vielleicht hatte er am Vorabend vergessen, die Laubentür abzuschließen, und der Morgenwind hatte sie aufgedrückt. Vielleicht hatten Einbrecher das Gartenhäuschen aufgebrochen, das kam ab und an vor. Aber die zogen hinterher die Tür zu, damit es nicht gleich auffiel.
    Sollte sie nachsehen? Sie wollte nichts übereilen. Am Ende trieb er sich doch in der Anlage herum, war vielleicht auf dem Klo im Vereinsheim. Nicht auszudenken, wie er sich aufführen würde, wenn er sie in seinem Garten, ja in seiner Laube ertappte.
    »Herr Strunke?«, rief sie und ärgerte sich, dass ihre Stimme leicht zitterte. Nach einer Weile wiederholte sie etwas lauter und fester: »Herr Strunke!«
    Immer noch nichts. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, schob die obersten Zweige der Forsythie beiseite. Eine Elster segelte über den Garten, etwas ungeschickt landete sie auf der Terrasse vor der Laube. Da entdeckte Gerti Blum etwas Menschliches: Füße.
    Es waren die Füße eines Mannes. Aber sie konnte sich auch täuschen, schließlich war sie darauf eingestellt, auf Strunke zu treffen. In jedem Fall waren es die Füße einer liegenden Person. Außer den Füßen sah sie nur noch ein Stück einer Jogginghose. Blau. Der Rest des Körpers war von Johannisbeersträuchern verdeckt. Gerti Blum verließ ihren Beobachtungsposten, lief am Zaun entlang bis zur Gartentür. Von dort aus war der Körper in seiner ganzen Länge zu sehen.
    Es war Strunke, kein Zweifel. Aber warum lag er auf der Terrasse? Hielt er ein Nickerchen? Das wollte sie doch nicht hoffen. Verstieß Strunke etwa gegen sein eigenes Gebot Nummer zwei: »Du sollst nicht faul herumliegen den ganzen Tag!« Er hatte das Wort »nicht« unterstrichen und handschriftlich ergänzt: »Maßvolle Erholungsnutzung«.
    »Herr Strunke!«, rief sie ein drittes Mal, merkte jedoch im gleichen Atemzug, dass es sinnlos war. Strunke schien auf eine unnatürliche Weise reglos. Das Gesicht war ihr zugewandt, die Augen standen offen, kein Lid zuckte. Sie verstand genug von Biologie. Der Mann war tot.
    Gerti Blum schlug die Hand vor den Mund. Sie spürte ihr Blut rauschen. Jetzt nur ruhig bleiben, mahnte sie sich. Sie wollte nicht auch noch von einem Infarkt dahingerafft werden, wie sie es bei Strunke vermutete. Sie musste nachsehen. Vielleicht war es noch nicht zu spät, konnte sie noch helfen.
    Die Gartentür war verschlossen. Warum in aller Welt hatte er abgeschlossen, wenn er doch da war? Sie verdrängte die Frage, kletterte über den niedrigen Zaun und hastete zur Laube. Als sie sich Strunke näherte, entdeckte sie auf dem Plattenbelag der Terrasse den dunklen Fleck um seinen Kopf. Abrupt blieb sie stehen. Das war doch nicht etwa Blut? Wieder schlug sie die Hand vor den Mund. Doch, es sah aus wie …
    ***
    »Geschnetzeltes!«, rief der wabbelige Blattmacher der Politik und sah stolz in die Runde.
    Paul Stiller betrachtete aus halb geschlossenen Augen die Leibesfülle und die dicken Backen des Kollegen, der ihm gegenübersaß. Er liebäugelte schon seit Jahren mit einem Wechsel
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