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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Autoren: Peter Freudenberger
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schoss ihre Hand vor wie ein Stachel, legte sich auf seine und drückte sie herab.
    »Ist das keine übereilte Hast?«, fragte sie sanft. »Meinen Sie nicht, es könnte effektiver sein, für Ihr weiteres Vorgehen eine der bewährten Kreativitätstechniken zu wählen?«
    Stiller nickte. »Ich habe mich bereits für die chaotisch-intuitive Methode entschieden«, sagte er und wählte Kleinschnitz an. »Ihr Spezialgebiet, oder? Sie können mich gerne unterstützen!«
    Zum zweiten Mal an diesem Morgen war er großzügig – und während er dem Freizeichen lauschte, ahnte er bereits, dass er es auch diesmal bereuen würde.

2
    Es beginnt zu tagen über der Kleingartenkolonie. Das Licht wischt das Grau von den Stauden und Büschen, den Blumenbeeten und den schmucken Lauben, es lässt die Farben leuchten. Vögel zwitschern. Die Blätter der Obstbäume rascheln im Wind, Fahnen flattern. Da öffnet sich eine Gartenhaustür. Vielleicht knarrt sie, das muss noch geprüft werden. Ein paar Amseln im Kirschbaum vor der Hütte flattern auf. Ihr schrilles Tschilpen warnt die Umwelt: Hier lebt ein Feind.
    Ein Mann tritt auf die grauen Waschbetonplatten des Vorplatzes. Er ist nur spärlich bekleidet, das fast weiße, aber volle Haar klebt ihm am Kopf. Offensichtlich hat er in der Laube übernachtet. Warum steht er zu dieser frühen Stunde auf, was hat ihn geweckt? Treibt ihn Harndrang auf die Toilette im Vereinsheim nebenan, zu dem er einen Schlüssel besitzt? Hat ihn ein verdächtiges Geräusch herausgelockt, ein Rufen, das Knirschen von Kies? Er ist kaum zwei Schritte von der Tür entfernt, als er seinem Mörder gegenübersteht. Vielleicht sind es auch mehrere. Kennen sie sich oder sehen sie sich zum ersten Mal? Ist es eine zufällige Begegnung oder ein geplantes Treffen? Sprechen sie miteinander, streiten sie? Oder verliert die unbekannte Person keine Zeit? Der erste Schlag kommt unvermutet, das Opfer wehrt sich nicht, kämpft nicht …
    Die Armbanduhr piepste. Hauptkommissar Johannes Strobel liebte Pünktlichkeit. Er öffnete die Augen und sah zur Tür, durch die schwatzend der Pulk der Soko-Mitglieder drängte. Nur widerwillig schüttelte er seine Gedanken ab. Er hatte schon jetzt, in diesem frühen Stadium der Ermittlungen, das Gefühl, etwas Wesentliches übersehen zu haben. Nein, anders: Er hatte es gesehen, aber nicht die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Das Gefühl machte ihn nervös. Er kannte es nicht. Der Ruf, nichts zu übersehen, hatte ihn weit gebracht, hatte ihm mit nur achtunddreißig Jahren die Leitung des Kommissariats 1 eingetragen.
    Möglicherweise würde die Besprechung mehr Klarheit bringen. Außer Strobel war nur ein kleiner Kreis in alle bisher bekannten Fakten eingeweiht. Jetzt sollten die Erkenntnisse ausgetauscht und das weitere Vorgehen festgelegt werden. Strobel hatte die Mitgliederzahl der Sonderkommission »Gartenzwerg« vorerst auf acht begrenzt. Er wusste jedoch bereits, dass er mehr Leute brauchte. Allein die nötigen Befragungen, die sich abzeichneten, waren zu zahlreich.
    Strobel sah zu, wie sich die Soko um den Tisch versammelte. Nach außen blieb er gelassen. Doch innerlich war er voller Unruhe, während die Ankömmlinge ihre Kaffeetassen vor sich abstellten oder noch einmal darin rührten.
    »Ist die Mitteilung an die Medien schon raus?«, fragte er, als Stille eingekehrt war. Er saß wie üblich an der Stirnseite des Besprechungstischs. Auch im Sitzen überragte er die übrigen Mitglieder der Sonderkommission um Kopfeslänge. Er sah sich um, legte die Finger aneinander, unterdrückte aber den Impuls, sie knacken zu lassen.
    Martin Baumeister nickte. »Vor einer Viertelstunde.«
    »Gut.« Strobel hatte den Pressesprecher der Polizeidienststelle gebeten, an der Besprechung teilzunehmen. Er wollte ihn für die Pressekonferenz am Nachmittag auf dem Laufenden halten.
    Gerhard Bühler räusperte sich. »Ich weiß nach wie vor nicht, ob das wirklich gut war.« Der Chef der Spurensicherung saß nicht bei den anderen Beamten am Tisch. Er lehnte an einem Fenster, hielt die Fernsteuerung für den Laptop in der Hand. »Ich hoffe, die Journalistenherde hält sich an die Absperrungen.«
    »Wir hätten vielleicht Elektrozaun nehmen sollen«, witzelte Mike Staab, der einzige Uniformierte in der Runde. Strobel schätzte ihn als Fachmann bei der Tatortarbeit.
    »Ich kann’s nicht ändern«, erwiderte er. »Es war ein Wunsch der Staatsanwaltschaft. Sie hofft, dass sich Zeugen melden, je früher, desto besser.
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