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Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Stiller Tod: Thriller (German Edition)
Autoren: Roger Smith
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wusste auch, dass er diesen Moment nutzen musste, und so legte er seinen Mund auf ihren und atmete in sie hinein, als würde er einen von den Luftballons aufpusten, die noch immer auf dem Partytisch beim Haus im Wind schaukelten. Er spürte, wie sich der kleine Brustkorb unter ihm hob, während sich ihre tote Lunge mit Luft füllte.
    Vernon kam so richtig in Fahrt: beatmen, sich aufrichten, mehrmals schnell auf ihr Brustbein drücken, dabei die Hoffnung und Verzweiflung der drei weißen Gesichter über ihm sehen, sich wieder runterbeugen, sein Mund auf ihrem. Sinnlos, doch er hörte nicht auf. Als die Rettungssanitäter mit ihren Notfallkoffern angelaufen kamen, war er erschöpft.
    Vernon stand auf, sein schlimmes Bein knickte fast weg. Er rang nach Luft und blickte zu dem Vater hinunter. »Es tut mir leid, Sir. Sie ist tot.«
    Die Sanitäter versuchten, noch ein Wunder zu bewirken, aber vergeblich. Inmitten des Chaos verschwand der Australier mit der untergehenden Sonne, und die beiden Eltern waren zusammen mit den Sanitätern und den Bullen, die von Hout Bay hochgekommen waren, allein am Strand. Die Mutter saß auf einem Felsen, die Arme fest wie eine Zwangsjacke um den Körper geschlungen. Der Vater tigerte in seinen Teenagershorts und dem T-Shirt auf und ab, murmelte pausenlos »O Gott!«, als könnte irgendwer irgendwo alles wieder in Ordnung bringen.
    Und Vernon übernahm die Regie. Er hatte das Rettungsteam gerufen und regelte das mit der Polizei – der leitende Beamte ein schwarzer Captain, eher Politiker als Cop, der diesem reichen weißen Paar höfliche und mitfühlende Fragen stellte.
    Der Geniestreich war, dass er die Cops daran gehindert hatte, die Leiche mitzunehmen. Als er die Geier von der Rechtsmedizin eine Rolltrage über den Sand schieben sah, wobei sie lange Schatten warfen, weil sie die Bewegungsmelder auslösten, die die Scheinwerfer und Überwachungskameras des Hauses aktivierten, nahm Vernon den Vater beiseite, dessen Augen in Tränen schwammen, vergrößert durch seine dicken Brillengläser.
    »Sir, Sie sollten den Leuten untersagen, Ihre Tochter mitzunehmen.« Vernon hatte es dem Weißen direkt ins Ohr geflüstert.
    »Was?«
    »Diese Techniker von der Rechtsmedizin. Ich würde nicht zulassen, dass die sie mitnehmen.«
    Der Mann starrte ihn an. »Warum nicht?«
    »In der Leichenhalle geschieht so einiges. Sexuelle Übergriffe. Diebstahl von Körperteilen.« Der Kerl schnappte nach Luft, fassungslos. »Ich hab gute Beziehungen zu einem Bestatter, Sir. Ein Mann, der respektvoll mit Ihrer Tochter umgehen wird. Respekt- und würdevoll.«
    Würdevoll. Wie zum Teufel ist er bloß auf dieses Wort gekommen? Wie aus einem Scheißwerbespot im Fernsehen.
    Vernon lacht, drückt auf die Hupe, als er ein Auto überholt, hält die glühende Metallspirale des Zigarettenanzünders an die Spitze der nächsten Lucky, bis das Zigarettenpapier brennt und ihm der angenehm brandige Geruch in die Nase steigt. Natürlich glaubte ihm dieser weiße Typ jedes Wort, und Vernon rief einen Bestatter an, einen alten Bekannten aus den Flats, der in seinem besten glänzenden schwarzen Anzug kam und einen unauffälligen Assistenten mitbrachte, der ihm nicht von der Seite wich.
    Nachdem die Bullen sich verzogen hatten und der Bestatter mit dem toten Kind hinten auf der Ladefläche abgefahren war, nahm der Vater mit beiden Händen Vernons Hand, als wäre das sein einziger Halt.
    »Vielen Dank, Mr. …?« Fragender, starrender Blick.
    »Bitte, nennen Sie mich Vernon, Sir. Einfach nur Vernon.« Ein Griff in die Uniformtasche, um eine Visitenkarte mit seinem Namen und der Handynummer drauf herauszufischen, die er auf eigene Kosten hatte drucken lassen. »Falls Sie oder Ihre Frau irgendwas brauchen, rufen Sie mich an, okay? Jederzeit.«
    Der Weiße nickte, und Vernon hinkte Richtung Haustür, wollte runter nach Hout Bay fahren, sich ausstempeln und seine Zivilklamotten anziehen. Das i-Tüpfelchen erfolgte dann, als er auf dem Weg durchs Wohnzimmer an einem Tisch vorbeikam, auf dem sich Geburtstagsgeschenke für Reichenkinder häuften. Er ließ eine Barbiepuppe mitgehen, die aus einem Plastikkarton in die Welt glotzte, die Augen so blau und so tot wie die des ertrunkenen Mädchens.
    Vernon nahm auch noch ein Stück buntes Geschenkpapier mit, das nur ein kleines bisschen eingerissen war, und packte die Barbie unten in der Sniper-Zentrale ordentlich ein.
    Jetzt liegt sie auf der Rückbank, raschelt, wenn er rasant durch die Kurven in
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