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Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Stiller Tod: Thriller (German Edition)
Autoren: Roger Smith
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Fernseher, während sie die Haare ausschüttelt – lange, wilde Korkenzieherlocken, die ihr bis auf die Schultern fallen. Das Haar ihrer Mutter. Bloß dass ihre Mutter es sich glattföhnte, wie die meisten draußen in den Flats. Ihre Mutter war eine Schönheit. Stolz auf ihr hellbraunes Haar und ihre Kurven. Schwang den Föhn wie eine Waffe, mit dem sie jeden Hinweis auf das afrikanische Blut tief unten in ihrem Genpool ausmerzte.
    Dawn hört noch heute das Jaulen des Föhns, hat den angesengten Geruch in der Nase, wenn ihre Mutter sie ins Bett brachte, ehe sie loszog, high von Tabletten und Alkohol. Dawn bei ihren Onkeln und Vettern ließ, die ihre drogenumnebelten Augen schon über sie gleiten ließen, kaum dass die Mutter zur Tür hinaus war, die ihren kleinen Körper in die Matratze drückten, sie mit ihrem Männergestank erstickten.
    Der Joint ist bloß noch Asche zwischen ihren Fingerspitzen, und Dawn wirft ihn in den kalten Kaffee, wo er zischend erlischt. Sie geht zum Bett, setzt sich hin und starrt ihr Spiegelbild in dem vergilbten Spiegel an, der an der Wand lehnt.
    »Komm schon, Alte«, sagt sie sich. »Reiß dich zusammen.«
    Sie greift nach dem Eyeliner auf dem Nachttisch und legt los, ohne sich drum zu scheren, dass sie ihn verschmiert. Verteilt Rouge unter den hohen Wangenknochen (auch die hat sie von ihrer Mutter) und verpasst sich einen Angelina-Schmollmund, spürt den Lippenstift warm und wächsern, als sie ihn in die Lippen einarbeitet, fährt sich dann mit der Zunge über die Zähne, um das Rot zu entfernen, das wie Blut aussieht.
    Das Klopfen an der Tür erschreckt sie. Und als sie das vertraute Rat-a-tatta-tat-tat hört, wird sie panisch. Verdammt, was will der denn hier?
    Sie springt auf, zieht den Bademantel fester zu. »Komme!«
    Dawn schnappt sich hastig eine Spraydose mit dem billigen Deo,das sie benutzt, und nebelt das Zimmer ein, als wollte sie Ungeziefer vernichten. Eilt zur Balkontür, entriegelt sie und stößt sie auf, lässt Autoabgase und Krach herein. Sie nimmt die Illustrierte und schüttelt sie über dem Balkongeländer aus. Stengel und Samen regnen auf den Bürgersteig. Es klopft erneut, lauter.
    »He, reg dich ab, Mann!«, ruft sie, versucht verzweifelt, das Zittern aus ihrer Stimme zu halten.
    Sie läuft zur Wohnungstür und löst die Riegel und Ketten, setzt ein Lächeln auf, das ebenso verlogen ist wie eine Fußmatte, auf der WELCOME steht, und öffnet Vernon Saul die Tür.
    Als Vernon in die Wohnung hinkt, den eingepackten Geschenkkarton unter den Arm geklemmt, spürt er, wie seine Hochstimmung aus ihm rausläuft wie letzte Tropfen Pisse und ein Gefühl von Leere und Wut zurücklässt. Der verdammte Lauf der Dinge.
    Er schnuppert, nimmt den süßlichen Deoduft wahr, der den üblichen Mief aus abgestandenem Essen, Frauenkörper, feuchtem Unterleib und säuerlich-süßem Kindergeruch überlagert. Aber der Gestank von Gras durchdringt das alles, stark und widerlich.
    Die offene Balkontür ist ein weiterer Beleg: Die kleine Schlampe macht die sonst nie auf, egal, wie heiß es ist, weil sie Schiss hat, irgendein Arschloch könnte einen auf King Kong machen, drei Stockwerke hochklettern und über sie und ihre Tochter herfallen.
    Vernon dreht sich zu Dawn um, streckt eine Hand aus. »Her damit!«
    »Womit?«
    »Dem Shit. Her damit!«
    Vernon sieht die Lüge kommen, und er ist schon am Sofa und entdeckt den Joint, wie er auf dem schaumigen Kaffee treibt, einer toten Fliege gleich. Mit einem Schnippen des Handgelenks schleudert er die Brühe in Dawns Richtung. Sie klatscht ihr ins Gesicht und tropft runter auf den Bademantel. Der Jointstummel landet auf dem Kragen.
    Sie blinzelt, greift nach einem Handtuch, das auf dem Boden liegt. »Verdammt, Vernon!«, zischt sie, leise, um das Kind nicht zu wecken, das sich jetzt windet und kleine Schmatzgeräusche macht.
    »Her damit!« Wieder streckt er die Hand aus, und sie betupft sich das Gesicht, während sie den Beutel mit dem Gras unter dem Kissen auf dem schäbigen alten Sofa hervorzieht.
    Er reißt ihn ihr aus der Hand. »Ist das alles?«
    »Ja.«
    »Sicher?«
    »Scheiße, ich hab Ja gesagt, oder?«
    Er sieht sie an, nickt, weiß, dass sie die Wahrheit sagt, legt die Puppe aufs Sofa und geht rüber ins Bad – winzig und trist, keine Wanne, bloß Klo und Dusche, eine Strumpfhose, die wie Körperteile vom Duschkopf baumelt. Er kippt das Gras in den Lokus und zieht ab, sieht zu, wie das grüne Zeug im Wasserstrudel verschwindet, lässt
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