Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich
Autoren: Charlie Higson
Vom Netzwerk:
aber du lernst es bestimmt sehr schnell. Als Erstes solltest du dir das eine oder andere an Einrichtungsgegenständen besorgen. Du wirst eine Ottomane benötigen, einen Sessel, einen Schuhständer, ein Bürsten-Set, Bilder von Blundell’s …«
    »Stopp!«, sagte James und ließ sich auf den Stuhl sinken. »Nicht so schnell.«
    »Tut mir Leid, alter Knabe«, sagte Pritpal. »Aber es ist wichtig, dass du deine Bude nett einrichtest. Immerhin wirst du die Hälfte deines Lebens hier in diesem Zimmer verbringen.«
    Die Hälfte des Lebens? Das musste James erst einmal verdauen. Alles war so fremd. In den vergangenen Jahren war er zu Hause von einer Tante unterrichtet worden. So unvermittelt mit einer ganz anderen Welt konfrontiert zu werden, einer Welt voller alter Traditionen, fremder Menschen und seltsamer, unverständlicher Ausdrücke, war wirklich irritierend.
    »Komm jetzt«, sagte Pritpal und zerrte James aus seinem Stuhl hoch. »Kein Müdigkeit vorschützen, es gibt eine Menge zu tun. Als Nächstes finden wir heraus, wem du zugeteilt bist.«
    »Zugeteilt?«
    »Na, wer dich unterrichtet. Komm mit. Dazu müssen wir nämlich in den Schulhof.«
    Pritpal und James verließen Haus Codrose und gingen zurück zur Judy’s Passage und dann weiter bis zum Long Walk , wo Pritpal stehen blieb und in Richtung eines kunstvoll gestalteten Lampenpfostens wies, der auf einer Insel mitten auf der Straße stand.
    »Das ist der Brennende Busch«, sagte er. »Es ist ein berühmter Treffpunkt in Eton. Weißt du schon, wo’s langgeht, alter Junge?« Bevor James antworten konnte, zog Pritpal ihn über die Straße hin zu dem breiten Eingangstor eines lang gestreckten Gebäudes.
    »Das ist die Upper School «, erklärte Pritpal, als sie durch die düstere Torpassage gingen und einen belebten Backsteininnenhof betraten. »Das eigentliche Herz Etons. Die Statue in der Mitte zeigt den Schulgründer, König Henry VI. Und gleich dahinter befindet sich Lupton’s Tower . Diese Turmuhr wird von nun an dein Leben bestimmen. So, und jetzt wollen wir mal sehen, welches Schicksal dir beschieden ist.«
    Sie drängten sich durch eine Schar von Schülern, die sich vor einer Anschlagtafel versammelt hatte, und dann erklärte Pritpal James das komplizierte System der Unterrichtsstunden und Lehrerverteilungen. James bemühte sich ihm zu folgen, aber er verstand nur die Hälfte. So viel begriff er immerhin: Einige Lehrer, die Pritpal zufolge in Eton nur Beaks genannt wurden, waren gut und einige waren schlecht. Und einige waren Dämonen aus dem tiefsten Abgrund der Hölle.
    Bei Mr Merriot, seinem Tutor für alte Sprachen, der zudem auch für seine Fortschritte in den meisten anderen Fächern verantwortlich war, handelte es sich offenbar um einen guten.
    Nachdem sie die Notizzettel der Anschlagtafel eingehend geprüft hatten, gingen sie zur High Street und kauften einige Bücher über lateinische Grammatik, allerdings nicht ohne dass Pritpal James zuvor ermahnt hatte, wie alle jüngeren Schüler ausschließlich auf der Ostseite der Straße zu gehen.
    »Selbst wenn du von W.V.Brown’s kommst und nur noch rasch bei Spottiswoode’s vorbeischauen willst, das nur zehn Yard entfernt ist, musst du auf die Ostseite gehen und erst unmittelbar vor dem Laden die Straße überqueren.«
    »Und warum?«, fragte James.
    »Es steht uns nicht zu, nach dem Warum zu fragen«, sagte Pritpal.
    »Aber es muss doch einen Grund dafür geben. Das ist ja lächerlich.«
    »Du wirst bald begreifen, dass es in Eton eine ganze Reihe von Traditionen gibt, deren Bedeutungen mittlerweile verloren gegangen sind. Niemand weiß, warum wir das meiste von dem, was wir tun, eigentlich tun. Wir tun es einfach.«
     
    James hatte nicht sehr gut geschlafen. Sein Zimmer war eisig kalt und die Sprungfedern seiner Matratze hatten ihn durch den dünnen Stoff hindurch gedrückt. Er hatte von seinen Eltern geträumt, und als er mitten in der Nacht aufgeschreckt war, wusste er nicht, wo er sich befand. Es hatte lange gedauert, bis er wieder eingeschlafen war – nur um bereits um Viertel vor sieben von einem Hausmädchen namens Janet aufgeweckt zu werden, einer rotgesichtigen, alten Frau mit geschwollenen Fußknöcheln. Sie hatte mit lärmendem Klappern einen Topf heißes Wasser vor seine Tür gestellt und ihn lauthals aufgefordert aufzustehen. Dabei hatte er das Gefühl, als sei er gerade erst eingeschlafen!
    James war aus dem Bett gekrochen, hatte das Wasser hereingeholt, es in die Waschschüssel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher