Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Still und starr ruht der Tod

Still und starr ruht der Tod

Titel: Still und starr ruht der Tod
Autoren: Friederike Schmoee
Vom Netzwerk:
dass diese Welten nicht kompatibel sind.«
    »Sie haben sich auseinandergelebt«, schlug Katinka einen Ausdruck vor, mit dem sie etwas anfangen konnte. »Zwei alte Freundinnen, die sich nach 20 Jahren zum ersten Mal für länger wiedersehen.« Und nichts mehr miteinander anfangen können, fügte sie im Stillen hinzu.
    »Wir haben uns seit dem Studium geschrieben, gemailt, manchmal telefoniert. Vor zehn Jahren habe ich sie mal kurz besucht. Das war alles.«
    »Hm.« Katinka betrachtete das Notizblatt vor sich. Rita Weiß, Literaturdozentin, Freiberuflerin beim BR, seit dem 12.12. vermisst, als sie zu einem Treffen des Literatur- und Fresszirkels gefahren war.
    »Eigentlich ein witziger Name.«
    »Was?«
    »Literatur- und Fresszirkel.«
    »Dachte ich auch. Ich hoffte auf ein inspiriertes, geistvolles Zusammensein. Es war so was von trivial.«
    »Warum?«, fragte Katinka neugierig.
    »Ich dachte, ich könnte ein bisschen Anschluss finden in Deutschland. Über Themen diskutieren, die über Plätzchenrezepte hinausgehen.«
    »Wurde denn nicht über ein Buch gesprochen?«
    »Vordergründig schon. Im Grunde war es ein Witz. Margot, die Gastgeberin, sagte was über das Buch. Es ging um die Reisen von zwei Frauen. Die erste Station der einen war Oslo. Also sprachen alle über Skandinavienurlaub. Vorteile, Nachteile. Am Schluss tauschten sie Internetadressen aus. Mit dem Hausboot durch Schweden. Blabla.«
    »Sie waren enttäuscht.«
    »Spielt das eine Rolle?«, fuhr Simone auf. »Es hat nichts damit zu tun, dass Rita sich plötzlich aus dem Staub gemacht hat.«
    »Das beurteile ich am Ende der Ermittlungen, nicht am Anfang«, gab Katinka zurück. »Könnte es sein, dass Rita sich einfach nur zurückgezogen hat, ohne Ihnen Bescheid zu geben?«
    »Weshalb sollte sie das tun?« Simone schüttelte den Kopf. »Sie hat nicht mal was eingepackt. Klamotten oder so. Am frühen Nachmittag hat sie sich mir nichts, dir nichts die Autoschlüssel geschnappt und die Handtasche und ist in ihre Stiefel geschlüpft. Das Treffen fand in Hof statt, und bei dem Wetter wusste man nicht, wie es auf der Autobahn zugehen würde.«
    »Rita ist nicht gerade die toleranteste Person, bei allem, was Sie mir erzählt haben.«
    » Intolerant ist sie«, nickte Simone bereitwillig. »Genau. Das ist das Wort, das ich gesucht habe. Sie hat mich von oben bis unten kritisiert. Wie ich mich kleide. Dass ich mich schminke. Finden Sie mich aufgedonnert?« Simone kam in Fahrt.
    Katinka schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Wenn ich einen Rock anzog, Leggings und schicke Stiefel, fand sie das aufgebrezelt. Ich habe im Bad meine Schminksachen im Kulturbeutel gelassen. Was heißt Schminksachen: Grundierung, Mascara, Lippenstift. Du liebe Zeit, ich … ich pflege mich eben gern. Solange es noch was bringt.«
    »Warum hat Rita daran Anstoß genommen?«
    »Sie fand, ich hätte mich verändert.« Simone dachte an die zermürbenden Unterhaltungen, die sie in der letzten Woche mit Rita geführt hatte. Sinnlose Streitgespräche, in denen sie sich immer weiter voneinander entfernten. »Ich würde auf alles herabsehen. Auf den Dialekt. Die Art der Leute, sich zu kleiden. Ich habe mich so auf Bamberg gefreut, verstehen Sie. Ich …«
    »Und jetzt sind Sie enttäuscht.«
    Simone hob die Arme in einer hilflosen Geste. »Ich weiß nicht recht, ob ich in Bamberg bleiben will. Das treibt mich um.«
    »Sie könnten abreisen.«
    »Jetzt, wo Rita abgetaucht ist?«
    Katinka hob die Achseln. »Das hat mit Ihnen doch nichts zu tun, oder?«
    Simone zögerte. »Nein. Primär nicht. Nur … ich kann nicht einfach das Feld räumen. Vielleicht ist ihr was passiert!«
    Katinka musste zugeben, dass diese These nicht von der Hand zu weisen war. Es schneite seit Ende November, oft nächtelang. Gerade im Fichtelgebirge und im Frankenwald waren Straßen vereist, von Schneewehen versperrt. Die Räumdienste kamen nicht mehr nach.
    »Heute ist der 14.12. Ihre Freundin ist seit zwei Tagen nicht aufgetaucht, hat sich nicht gemeldet«, resümierte Katinka. »Sie besitzt ein Handy, aber sie hat es zu Hause liegen gelassen.«
    »Das war auch so ein Streitpunkt. Dass ich mein Handy immer dabei habe. Natalie ruft ab und zu an. Warum sollte ich denn nicht mit meiner Tochter telefonieren?«
    Katinka fand, dass sich bei beiden Frauen eine Menge Verbitterung angesammelt hatte. »Sie haben den gesamten Fresszirkel abtelefoniert? Und niemand weiß, wo Rita geblieben ist?«
    »Genau. Ich habe in Ritas Unterlagen eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher