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Still und starr ruht der Tod

Still und starr ruht der Tod

Titel: Still und starr ruht der Tod
Autoren: Friederike Schmoee
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Zuhause?«
    »Ich habe ein Zuhause. Meine Wohnung. Ich liebe die Literatur und meine Arbeit. Das ist eine stabile Beziehung. Nicht vom Wohlwollen und dem plötzlichen Auftauchen anderer Frauen abhängig.«
    Das saß. »Aber …«
    »Ich sage dir was, Simone: Ich lasse mich nicht erniedrigen. Generell nicht. Niemals. Null Toleranz gegenüber Idioten.«
    Simone schwieg. Idioten. Das Wort kurvte durch ihr Gehirn. Idioten. Ivo mit dem pendelnden Schmerbauch. Walli, die gescheiterte Lehrerin. Günther, der Birkenstock-Tänzer. Ich bin ungerecht, dachte sie. Ich weiß nichts über diese Leute, über ihre Beweggründe, ihr Leben. Doch die Beklemmung, die Simone den ganzen Abend lang empfunden hatte, ließ sich nicht abschütteln. Sie schien zwischen Simone und Rita in dem kalten Auto zu sitzen, das mit konstanten 100 km/h über die Autobahn schnürte, während das Mondlicht die Schneeflächen rechts und links beschien.
    Schweigend fuhren sie nach Hause.
     
     
     
    5
     
    Ivo half Margot, das Geschirr zusammenzustellen, bevor er seinen Anorak von der Garderobe nahm.
    »Danke, Ivo«, sagte Margot. Ganz kurz legte sie eine Hand auf seinen Arm.
    »Danke für den schönen Abend.« Ivo spulte die Floskel ab, weil er etwas auf Höflichkeit gab. Selbst bei seiner Arbeit, wenn er mit Leuten zu tun hatte, die er am liebsten gevierteilt hätte, blieb er stets höflich. Verbal wenigstens.
    »Ich freue mich schon auf das nächste Treffen.« Margot lächelte. »Hoffentlich wird das Wetter nicht so schlecht. Ich fahre ungern bei Schneetreiben!«
    »Ich auch.«
    Sie lächelte ihn an. Ivo spürte, wie sie damit sagen wollte: Wir haben so viel gemeinsam. Er verkrampfte sich innerlich.
    »Was hältst du von Ritas Freundin?«, erkundigte sich Margot.
    Unauffällig warf Ivo einen Blick auf seine Uhr. Es stimmte, er fuhr ungern bei diesem Wetter, aber inzwischen hatte es endlich zu schneien aufgehört.
    »Seltsame Frau. Aber ganz nett.«
    Margot neben ihm zuckte zusammen.
    »Ich fand sie unmöglich. Habe mich nicht wohlgefühlt in ihrer Gegenwart. Hoffentlich bringt Rita sie beim nächsten Mal nicht wieder mit. Aber wollen wir uns nicht noch ein paar Minuten setzen?«
    »Entschuldige, Margot. Ich habe einen langen Weg vor mir.« Er war erleichtert, dass das keine Lüge war.
    »Stimmt. Wie unaufmerksam von mir.« Margot nickte, doch er sah die Enttäuschung in ihrem Gesicht. »Kulmbach liegt ja nicht gerade um die Ecke.«
    »Eine gute Stunde werde ich schon fahren«, bestätigte Ivo. Ihm war heiß in der engen Wohnung, neben Margot, die so nah neben ihm stand, dass er ihren Atem hörte. Die Nähe war ihm unangenehm. Er lechzte nach frischer Luft, öffnete die Wohnungstür und nickte Margot noch einmal zu. Ihr Gesicht kam nah, als erwarte sie, dass er sie auf die Wange küsste. Das hatte er noch nie gemacht, jedenfalls nicht bei Margot, und er konnte es sich bei Gott verkneifen, ausgerechnet jetzt damit anzufangen. Frauen wie Margot kriegte man selbst durch den Einsatz von Pestiziden nicht vom Hals.
    »Mach’s gut«, rief er durch das Treppenhaus, als er schon einen Treppenabsatz tiefer war. »Danke noch mal.«
    Draußen stapfte er durch den frischen Schnee zu seinem Wagen. Er sog tief die eisige Nachtluft ein. Die Straße war zugeschneit. Der Mond stand hoch am Himmel und brachte die weiße Fläche zum Glänzen. Er hievte sein Gewicht auf den Fahrersitz. Hoffentlich kam Horst bald heim und fand eine Möglichkeit, ihn anzurufen, ohne dass Walli es mitbekam.

Freitag, 14.12.
     
    6
     
    »Ihren Namen habe ich in den Gelben Seiten gefunden. Ich mache mir wahnsinnige Sorgen. Irgendwie kann ich mir keinen Reim auf Ritas Verschwinden machen«, sagte Simone mit bebender Stimme. »Und ich kann doch nicht nur in der Wohnung herumsitzen und darauf warten, dass sie vielleicht mal zurückkommt!« Nervös knibbelte sie an ihrer Nagelhaut. »Wenn ich gleich zur Polizei gehe, hat das Ganze so einen offiziellen Touch. Falls Rita … nun, ich glaube, das wäre ihr nicht recht.«
    »Rita Weiß ist also vorgestern allein zu dem Treffen ihres Bücherklubs gefahren? Weil Sie sich gestritten haben?« Privatdetektivin Katinka Palfy betrachtete ihre neue Klientin. Sie hatte geweint. Ausgiebig. Die Spuren ließen sich auch mit Fond de Teint nicht übertünchen.
    » Gestritten ist nicht das richtige Wort. Wir haben uns nur in den vergangenen zwei Wochen nicht mehr so gut verstanden. Ich habe festgestellt, dass wir tatsächlich in zwei verschiedenen Welten leben, und
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