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Still und starr ruht der Tod

Still und starr ruht der Tod

Titel: Still und starr ruht der Tod
Autoren: Friederike Schmoee
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Single, ungefähr zehn Jahre älter als sie, der einen runden Bauch und bestimmt nicht das erste Glas Frankenwein des Abends vor sich hertrug. Horst, viel jünger, der einen Pullover mit Teddybärenaufdruck trug.
    »Meine Lebensgefährtin Walli. Sie ist Künstlerin.«
    Walli war lang und bleistiftdünn, trug ihr ebensolches Haar hochgesteckt und hatte den mageren Schopf mit einem grünen Glitzertuch umwickelt.
    »Ja, und das sind Irmi und Günther aus Coburg«, beendete Margot die Vorstellungsrunde. »Die Glücklichen fahren demnächst in den Urlaub.«
    Günther trug Ohrringe, die seine Ohrläppchen zu einem einzigen großen Loch dehnten, und grinste Simone an.
    Simone reichte ihm und seiner Frau die Hand. Das Sockenpaar, das Margot ihr gegeben hatte, hielt sie immer noch fest. Die Wohnung war eng und viel zu klein für all die Leute. Es roch streng nach Zwiebeln. Auf dem Tisch stand ein ausladender Adventskranz, der nicht mehr viel Platz für andere Dinge ließ.
    »Setzt euch. Susanne und Artur haben Probleme mit dem Wetter.« Margot wuselte herum und reichte kleine Teller, auf denen eine gebutterte Toastscheibe lag, die von vereinzelten Kressesprossen besprenkelt war. Simone legte kurzerhand die Socken auf den Boden und nahm einen Teller entgegen.
    »Ja, die Bayreuther Autobahn ist ziemlich dicht«, sagte Horst. »Walli und ich sind grad so durchgekommen.«
    Walli sank mit einem Seufzer neben Simone aufs Sofa.
    »Keine Sorge«, raunte sie. »Das ist nur die Vorspeise.«
    »Klar!« Simone nickte. Sie blickte auf Wallis Beine. Sie trug ein Wollkleid, blickdichte Strumpfhosen und an den Füßen Stricksocken in einem undefinierbaren Farbton. Irgendwas zwischen Braun, Grün und Grau. Zwei rechts, zwei links, zwei rechts, zwei links, spukte es durch Simones Kopf.
    Alle bissen in ihre Toastscheiben. Es krachte reihum. Die Brösel spritzten in sämtliche Richtungen. Simone suchte Ritas Blick. Das hier ist ein Scherz, oder?, wollte sie ihrer Freundin signalisieren. Doch Rita diskutierte mit Ivo.
    »Kommt ihr aus Bayreuth?«, fragte Simone die Künstlerin.
    »Aus Hof!« Walli lachte. »Noch schlimmer. Und du? Rita hat angekündigt, sie bringt eine richtige Französin mit.«
    »Ich lebe seit 20 Jahren in der Nähe von Aix-en-Provence.«
    »Wieso in der Nähe?«
    »Das liegt an den Preisen. Wir haben ein Haus auf dem Land gekauft.«
    ›Wir‹ ging ihr aus alter Gewohnheit leicht über die Lippen.
    »Ich war einmal in der Provence. Ich habe als Kunsterzieherin gearbeitet. In den Ferien waren Horst und ich dort unterwegs. Auf den Spuren der Maler.«
    »Klar.« Simone nickte.
    »Ich habe früher nie so ganz verstanden, warum sie alle in die Provence wollten. Kaum kam ich aus dem Flughafengebäude raus, war’s mir klar: dieses Licht!« Walli stellte ihren leergegessenen Teller auf den Boden. Genau neben Simones Sockenpaar.
    »Arbeitest du an einem Gymnasium?«
    »Das habe ich geschmissen. Es war unerträglich. Die Kinder begriffen Kunst als Freibrief für Krachmachen und Radiergummischmeißen.«
    Margot legte Musik auf. Shakira. Sofort sprang Günther auf und begann zu tanzen. Perplex starrte Simone auf seine Füße. Er hatte sich anscheinend seine eigenen Hausschuhe mitgebracht. Ausgetretene Gesundheitssandalen, aus denen, während er tanzte, winzige Korkkrümel stoben.
    »He, mach langsam, Babe«, sagte Irmi. »Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.«
    Walli geckerte laut los.
    Simones Gedanken drifteten ab. Auf einem Tischchen hatte sie ein Buch entdeckt. Sollte darüber heute gesprochen werden? Sie stand auf und nahm den Band in die Hand. Die Reisereportage einer unbekannten Autorin. Simone las viel, auch auf Deutsch, und sie war ziemlich informiert über das, was gerade diskutiert wurde. Weder den Titel noch den Autorennamen hatte sie je gehört.
    Margot brachte den Hauptgang. »Ungarisches Gulasch!«, verkündete sie lautstark.
    Wieder bekam jeder einen Teller in die Hand gedrückt. Günther aß nicht, er tanzte. In Gesundheitslatschen auf Teppichboden. Irmi hockte im Schneidersitz auf dem Boden und spachtelte Günthers Gulasch gleich mit. Ivo belegte Rita mit Beschlag. Er redete ununterbrochen auf sie ein. Walli ließ sich von Margot das Gulaschrezept diktieren. Es blieb also nur ein Gesprächspartner übrig. Simone nahm das Buch und ging, vorsichtig ihren Teller vor sich her balancierend, zu Horst hinüber, der am Fenstersims lehnte und seine Portion löffelte.
    »Sprecht ihr heute über dieses Buch?«
    »Walli hat es
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