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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy
Autoren: Still Missing
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wurde. In meinem Kopf drehte sich
alles, und beinahe hätte ich mich übergeben. Mit weitaufgerissenen Augen und
gespitzten Ohren, um mir keinen Laut entgehen zu lassen, überprüfte ich meine
Umgebung. Ich befand mich in einer Blockhütte von vielleicht fünfzig
Quadratmetern, und den größten Teil davon konnte ich vom Bett aus überblicken.
Er war nicht da. Doch meine Erleichterung hielt nur wenige Sekunden an. Wenn
nicht hier, wo war er dann?
    Ich konnte
einen Teil des Küchenbereichs sehen. Vor mir stand ein Holzofen, und links
davon entdeckte ich eine Tür. Ich glaubte, es sei Abend, aber ich war mir nicht
sicher. Die beiden Fenster rechts vom Bett hatten Läden oder waren zugenagelt.
Ein paar Deckenleuchten waren eingeschaltet, und eine weitere Lampe war an die
Wand beim Bett montiert. Mein erster Impuls war, in die Küche zu rennen und
nach irgendeiner Art Waffe zu suchen. Aber die Wirkung von dem Zeug, das er mir
gespritzt hatte, war noch nicht verflogen. Meine Beine hatten sich in
Wackelpudding verwandelt, und ich knallte auf den Boden.
    Ich lag
ein paar Minuten still, dann kroch ich weiter und zog mich schließlich hoch.
Die meisten Schubladen und Schränke - selbst der Kühlschrank - hatten Vorhängeschlösser.
Auf die Arbeitsplatte gestützt, durchwühlte ich die einzige Schublade, die ich
öffnen konnte, aber ich fand keine tödlichere Waffe als ein Geschirrtuch. Ich
holte ein paarmal tief Luft und versuchte, irgendwelche Hinweise darauf zu
finden, wo ich war.
    Meine
Armbanduhr war weg, es gab keine Uhr und keine Fenster, so dass ich nicht
einmal sagen konnte, welche Tageszeit wir hatten. Weil ich nicht wusste, wie
lange ich bewusstlos gewesen war, hatte ich auch keine Ahnung, wie weit ich
von zu Hause weg war. Mein Kopf fühlte sich an, als hätte ihn jemand in einen
Schraubstock gespannt. Ich schwankte zu der äußersten Ecke zwischen Bett und
Wand, zwängte mich, so weit es ging, hinein und starrte auf die Tür.
    Ich hatte
das Gefühl, stundenlang in der Ecke dieser Hütte zu kauern. Mir war total
kalt, und ich konnte nicht aufhören zu zittern.
    Stand Luke
schon bei mir in der Auffahrt, rief mich auf dem Handy an, versuchte mich
anzupiepen? Was, wenn er glaubte, ich würde wieder einmal länger arbeiten und
hätte nur vergessen, ihm Bescheid zu sagen, und einfach nach Hause ging? Hatte
man mein Auto gefunden? Was, wenn ich schon seit Stunden verschwunden war und
niemand nach mir suchte? Hatte überhaupt schon jemand die Cops gerufen? Und was
war mit meinem Hund? Ich sah Emma vor mir, allein zu Hause, hungrig und
winselnd, weil sie rauswollte.
    Die
Krimiserien aus dem Fernsehen gingen mir durch den Kopf. CSI - die
Las-Vegas-Staffel - war meine Lieblingsserie. Grissom müsste nur in das Haus
gehen, in dem ich entführt worden war, und nachdem er sich einmal gründlich
umgeschaut und einen Dreckfleck von draußen analysiert hätte, wüsste er genau,
was passiert war und wo ich steckte. Gab es in Clayton Falls überhaupt eine
Spurensicherung? Die Royal Canadian Mounted Police war nur im Fernsehen zu
sehen, wenn sie auf einer Parade mitritten oder eine Marihuana-Plantage
aushoben.
    Jede
Sekunde, die der Psycho - so nannte ich ihn im Stillen - mich länger allein
ließ, malte ich mir immer brutalere Tode aus. Wer würde meiner Mom die
Nachricht überbringen, wenn man meinen verstümmelten Leichnam fand? Was, wenn
meine Leiche nie gefunden wurde?
    Ich
erinnere mich noch an ihre Schreie, als der Anruf wegen des Unfalls kam, und
von da an sah ich sie nur noch selten ohne ein Glas Wodka. Aber ich kann mich
nur an wenige Gelegenheiten erinnern, bei denen ich sie vollkommen betrunken
erlebt habe. Im Allgemeinen ist sie nur benebelt. Sie ist immer noch schön,
aber sie wirkt, auf mich sowieso, wie ein Bild, dessen Farben einst kräftig
geleuchtet haben und jetzt ineinandergelaufen sind.
    Ich dachte
an die Unterhaltung, die vielleicht unsere letzte gewesen war. Ein Streit über
eine Cappuccino-Maschine. Warum habe ich ihr das verdammte Ding nicht
geschenkt? Ich war so sauer auf sie gewesen, und jetzt würde ich alles tun, um
diesen Moment noch einmal erleben zu dürfen.
     
    Meine
Beine waren verkrampft, weil ich zu lange in derselben Stellung gehockt hatte.
Zeit, aufzustehen und die Hütte zu untersuchen.
    Sie sah
alt aus, wie eine dieser Hütten der Fire-Ranger, die es in den Bergen gibt,
aber diese hier war individuell ausgebaut worden. Der Psycho hatte an alles
gedacht. Das Bett hatte keine Sprungfedern. Es
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