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Sternhagelverliebt

Sternhagelverliebt

Titel: Sternhagelverliebt
Autoren: Catherine McKenzie
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laut in meinen Ohren, und ich könnte schwören, dass ich sein Herz ebenso höre.
    »Kate, ich …«
    Ein Signalhorn ertönt, und ein Sprecher bittet uns auf unsere Positionen. Die Masse drückt und schiebt. Wir werden getrennt, ehe Henry seinen Gedanken aussprechen kann – was auch immer er hat sagen wollen.
    Ich suche die Menge nach ihm ab, dann höre ich plötzlich Amys Stimme.
    »Katie!«
    »Wo bist du?«
    »Hier drüben!«
    In der Menge mache ich eine winkende Hand aus und dränge mich zu Amy durch.
    »Zehn Sekunden«, ruft der Sprecher durch sein Megaphon.
    »Was ist passiert?«, fragt Amy.
    »Ich habe Henry getroffen.«
    »Geht’s dir gut?«
    »Schätze schon.«
    »Hast du was gesagt?«
    »Ich habe es versucht, doch wir sind getrennt worden.«
    »Auf die Plätze! Fertig! Los!«
    Das Signal ertönt, und alle Läufer setzen sich gemeinsam in Bewegung. Das Tempo ist schneller, als ich es gewohnt bin, aber das Adrenalin, das mir wegen des Laufs und wegen des Zusammenstoßes mit Henry durch die Adern schießt, treibt mich unter der riesigen Digitaluhr hindurch, die oberhalb der Startlinie hängt.
    »Bleib bei mir, Katie«, sagt Amy. »Lass die Leute vorbei, damit du dein Tempo finden kannst.«
    Ich werde langsamer, und nach ein paar Minuten laufen wir in einer angenehmen Geschwindigkeit die Strecke entlang, während mein Herzschlag sich fast wieder normalisiert. Wir kommen um eine Biegung auf ein gerades Teilstück der Strecke. Vor mir kann ich Henry ausmachen. Mein Herz schlägt wieder schneller und nimmt meine Beine gleich mit. Ich renne viel zu schnell, doch ich kann nicht anders.
    Während ich auf seinen Hinterkopf starre, tauchen Bilder aus dem Nichts auf. Meine Hände in seinen Haaren. Seine Hände an meiner Taille. Unsere Lippen, die sich zart aufeinanderpressen. Wie wir die Welt um uns herum vergaßen, bis er den Alkohol schmeckte.
    »Katie, wir sollten langsamer werden, sonst hältst du nicht bis zum Ende durch.«
    »Ich spüre, dass ich es schaffen kann.«
    Ich konzentriere mich auf Henrys Rücken, seine lockeren Schritte.
    Er muss mich doch mögen, wenn er mich so geküsst hat.
    Das war allerdings, bevor er wusste, dass du eine Lügnerin bist.
    Nein, zu dem Zeitpunkt hatte ich es ihm schon gesagt.
    Stimmt – dann hast du es ihm allerdings auch gezeigt.
    Aber ich habe aufgehört zu trinken.
    Das weiß er nicht.
    Ich habe versucht, es ihm zu erzählen.
    Nicht sehr entschieden.
    Ich renne ihm hinterher, oder etwa nicht?
    Ich muss beinahe lachen, als mir die Erkenntnis kommt.
    Oh. Mein. Gott. Es stimmt. Ich renne, verdammt noch mal, ich
renne
einem Mann hinterher, um ihm zu sagen, was ich für ihn empfinde. Wie bin ich nur in das Ende einer romantischen Komödie geraten?
    Und wenn ich ihn erreiche, wenn ich es ihm sage, was passiert dann? Warum bin ich mir so sicher, dass er hören will, was ich ihm zu sagen habe? Warum bin ich so überzeugt davon, dass er hinter seiner Zurückhaltung auch Gefühle für mich hat?
    Wie dumm kann man sein, Katie?
    Meine Energie versickert plötzlich. Mit einem Mal funktionieren meine Beine nicht mehr, und meine Lunge versagt mir ebenfalls den Dienst. Ich bleibe stehen, beuge mich nach vorn und ringe nach Luft.
    Amy stoppt neben mir und legt ihre Hand auf meinen Rücken. »Katie, geht es dir gut?«
    Ich schüttele den Kopf, kann nichts sagen. Ich höre, wie Amy um Hilfe ruft. Gemeinsam mit einer freiwilligen Helferin bringt sie mich an den Rand. Keuchend sinke ich ins Gras. Als ich wieder sprechen kann, sage ich Amy, dass sie ohne mich weiterlaufen soll, und zögerlich stimmt sie schließlich zu.
    Die nette Helferin hüllt mich in eine Rettungsdecke und reicht mir einen Becher mit
Gatorade.
Langsam trinke ich aus, während sie mich zu den Sanitätszelten bringt. Dort werde ich zu einer Pritsche geführt, und eine junge Schwester misst meinen Blutdruck. Nachdem die Luft aus der Manschette abgelassen ist, erklärt sie mir, dass mein Blutdruck zu niedrig sei und dass ich mich ausruhen solle, bis es mir wieder bessergehe. Ich habe nicht den Mut, ihr zu sagen, dass ich mich vermutlich so bald nicht besser fühlen werde.
    Ich strecke mich auf der Pritsche aus und ziehe die Rettungsdecke bis unters Kinn. Ich fühle mich so erschöpft, als wäre jedes Energiemolekül, das ich je besessen habe, einfach aus mir herausgesogen worden. Wer hätte gedacht, dass ein 30 -minütiger Lauf dasselbe Gefühl hervorruft, als wäre man auf halber Strecke zwischen stockbetrunken und wieder
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