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Sternhagelgluecklich

Sternhagelgluecklich

Titel: Sternhagelgluecklich
Autoren: Christoph Koch
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Größe einzustellen. »Meine Haltung ist so schlecht jeworden«, sagt er. »Mit denen kann ick uffrechter gehen als mit dem Rollator.« Wir probieren verschiedene Längen aus und finden schließlich die für ihn bequemste Einstellung.
    Nach der Trauer über den Tod seiner langjährigen Freundin wandelt Herr Regner inzwischen wieder auf Freiersfüßen – und man merkt ihm an, wie gut es ihm tut. »Ick kann einfach nich alleene sein«, seufzt er, als wir wieder einmal im inzwischen von Herbstlaub bedeckten Garten unsere Runde drehen. »Die Einsamkeit frisst mir sonst uff.«
    Ich versichere ihm, dass es gar keinen Grund gibt, alleine zu bleiben, und dass seine verstorbene Partnerin sicherlich nicht gewollt hätte, dass er einsam in seinem Zimmer sitzt.
    Später lerne ich die neue Frau an seiner Seite kennen. Sie wohnt im selben Stockwerk wie er und ist ein kleines bisschen jünger. Gerade so viel, dass sie noch genug sehen kann, um beim wöchentlichen Bingoturnier mitzumachen.
    »Und? Haste jewonnen?«, fragt er sie mit liebevollem Blick, als sie nach dem Spiel zum Kaffeetrinken in die Küche kommt.
    Sie lächelt ihn an. »Nee, aber ich hab doch dich!« Dann setzt sie sich auf ihren Platz, der am anderen Ende des Raums ist. Hier hat jeder seinen Stammplatz, das wird wegen so einer Liebschaft nicht geändert.
    »Pech im Spiel, Glück in der Liebe!«, ruft Herr Regner ihr quer durch die Küche zu, über die Köpfe der anderen hinweg, die sich vorsichtig ihre Kuchengabeln in den Mund zittern. »Wann haben Sie eigentlich Ihrer Frau zum letzten Mal Blumen mitjebracht?«, wendet sich Herr Regner dann wieder mir zu.
    Erwischt! Unmittelbar nach unserer Hochzeit sorgte ich dafür, dass immer ein frischer Strauß bei uns auf dem Tisch stand – schon allein um dem Klischee entgegenzuwirken, in der Ehe würden sich beide Seiten immer weniger Mühe geben und irgendwann nur noch dick und schweigend zusammen auf dem Sofa sitzen. Als ich kurzzeitig meinen Ehering verloren glaubte, war ich sogar kurz davor, einen ganzen Blumenladen leer zu kaufen. Doch nun schon seit einer ganzen Weile: nichts mehr.
    »Ich komme einfach nicht dazu«, entschuldige ich mich schwach.
    »Jede Frau liebt Blumen!«, sagt Herr Regner in bestem Helmut-Schmidt-Duktus des Elder Statesman und hebt mahnend den Zeigefinger . »Es muss gar kein ganzer Strauß sein. Manchmal genügt eine einzige rote Rose!«
    Am Abend bringe ich nicht nur Jessica endlich mal wieder einen Strauß Blumen mit, ich schreibe auch Herrn Regner und seinen Hinweis in mein Dankbarkeitsbuch, das seit dem Glückskongress in Heidelberg auf meinem Nachttisch liegt und sich tatsächlich als hervorragendes Rezept für einen zufriedeneren Blick auf mein Leben herausgestellt hat. Von den verschiedenen Dingen, die ich ausprobiert habe, ist es vielleicht nicht das spektakulärste und auch nicht das allerbeste. Aber ein solches Dankbarkeitstagebuch zu führen 48 , hat definitiv ein gutes Verhältnis von Aufwand und Ergebnis – es dürfte also alle Effizienzfanatiker schon einmal automatisch glücklich machen. Mir hat es jedenfalls zusammen mit vielen anderen Dingen, die ich ausprobiert habe, dabei geholfen, im vergangenen Jahr tatsächlich ein glücklicherer Mensch zu werden. Vielleicht noch nicht sternhagelglücklich, aber auf dem besten Weg dazu.
    Das verdeutlichen auch die zahlreichen wissenschaftlichen Fragebögen zum Thema Glück, die ich am Anfang meines Experiments ausgefüllt habe und die ich mir nun gegen Ende meines Selbstversuchs erneut vornehme. Auf dem Fragebogen zur Lebenszufriedenheit des Glücksforschers Ed Diener von der University of Illinois zum Beispiel kam ich vor dem Experiment auf 28 von 35 möglichen Punkten, was mich ungefähr im oberen Viertel aller Teilnehmer platzierte. Als ich den Test nun erneut ausfülle, erreiche ich 32 von 35 Punkten und lande in den obersten fünf Prozent.
    Ein anderer standardisierter Test nennt sich »Authentic Happiness Inventory« und wurde von Martin Seligman entwickelt, dem ich bei dem Glückskongress in Heidelberg zugehört habe. Hier lautete mein Anfangswert 3,29 auf einer Skala von 1 bis 5. Im Lauf meines Jahres auf der Suche nach dem Glück hat sich mein Ergebnis hier auf 4,13 verbessert.
    Auch beim »Fordyce-Fragebogen« oder bei Tests, die sich mit Optimismus oder Depressionsneigung beschäftigen, sind meine Ergebnisse stets ein wenig besser als ein Jahr zuvor. Natürlich sind auch solche seitenlangen Fragebögen nie hundertprozentig
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