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Sternhagelgluecklich

Sternhagelgluecklich

Titel: Sternhagelgluecklich
Autoren: Christoph Koch
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und gegen die Panik anmeditiere, aber irgendwann schlafe ich ein.
    Blitze im Gehirn
    Am nächsten Tag lese ich im Internet nach, was es mit dem knallenden Luftballon in meinem Kopf auf sich gehabt haben könnte. Im Internet tobt die Schlacht der Pharmakonzern- PR , die auf ihren Seiten von einem sorgenfreien Leben dank Medikamenten schwärmen, gegen die erbitterten Gegner, die auf Seiten mit Titeln wie »Die Wahrheit über Antidepressiva« die Pillen und das verantwortungslose Handeln der Hersteller sowie die verschreibenden Ärzte kritisieren. Auch das Phänomen des Psychopharmaka-Entzugs wird thematisiert.
    Ich stoße auf eine Untersuchung des Massachusetts General Hospital, die zu dem Ergebnis kommt, dass zwischen zwanzig und achtzig Prozent aller Patienten, die aufhören, Antidepressiva zu nehmen, dabei mit unangenehmen Nebenwirkungen zu tun haben. Der Prozentsatz schwankt stark, je nach Art des Medikaments. Komischerweise scheinen die »moderneren« SSNRI s – die bei der Einnahme in der Regel verträglicher sind – beim Absetzen häufiger und unangenehmere Nebenwirkungen hervorzurufen als die älteren Präparate wie beispielsweise Prozac.
    Bei dem Präparat, das ich genommen habe, sind die Entzugserscheinungen, die am häufigsten genannt werden, Schlaflosigkeit, Erschöpfung, Schwindel, Albträume, Magenkrämpfe, Muskelzucken – aber auch etwas, das die meist englischsprachigen Seiten als »brain zaps«, also Gehirnblitze, bezeichnen. Ich stoße auf dramatische Geschichten von Menschen, die Antidepressiva nach einer Weile wieder absetzen wollten – sei es, weil sie sich durch die Therapie besser fühlten, sei es, weil sie gewisse Nebenwirkungen wie Übelkeit oder sexuelle Unlust nicht länger hinnehmen mochten. Einige von ihnen schildern schlimme Zustände, die sich eher nach einem Heroinentzug anhören als nach einem zugelassenen modernen Medikament. Ein Mann schreibt von Gehirnblitzen, die ihn nachts schreiend aufwachen lassen, das Kissen nass geschwitzt, der Körper zitternd. Tagsüber sei er oft desorientiert und so leicht reizbar, dass er, als er bei einer Haushaltsreparatur einen kleinen Fehler macht, plötzlich mit der Faust auf seinen eigenen Kopf einprügelt. Ein wissenschaftlicher Aufsatz zählt die Symptome etwas sachlicher, aber keinesfalls beruhigend auf: »Reizbarkeit, Angstzustände, Panikattacken, Aggressivität, Niedergeschlagenheit, Überaktivität, Konzentrations- und Gedächtnisschwächen, Verwirrung« – um nur einige zu nennen.
    Meine Angst von gestern Abend kehrt zurück. Ich hatte mich vor dem Experiment vor allem auf Nebenwirkungen bei der Einnahme des Medikaments eingestellt. Diese blieben aus, und ich dachte mir: Alles halb so wild. Nun lese ich, dass die Nebenwirkungen beim Absetzen unter Umständen viel schlimmer ausfallen können.
    Den Rest des Tages horche ich in mich hinein, ob der Krach in meinem Gehirn wiederkommt, doch zum Glück passiert nichts dergleichen. Ich drehe eine extralange Joggingrunde, da ich inzwischen weiß, dass Sport (ebenso wie Licht, richtige Ernährung und diverse andere Faktoren, die schon unsere Mütter regelmäßig empfohlen haben) den Serotoninspiegel anheben kann – und den machen die meisten ja für das Entzugsdilemma verantwortlich. Abends im Bett, wieder kurz vor dem Einschlafen, schrecke ich noch zweimal hoch, weil in meinem Kopf die »brain zaps« knallen. Dann ist Ruhe.
    Auch das Kribbeln verschwindet in den nächsten drei Tagen nach und nach. Ich bin erleichtert, so glimpflich davongekommen zu sein, und merke, dass mein Respekt und meine Skepsis gegenüber Antidepressiva noch einmal gewachsen sind.
    41 Beim Crowdfunding wird eingangs festgelegt, welche Zielsumme erreicht werden soll. Nur wenn genügend Spender zusammenkommen, um diese Zielsumme zu erreichen, wird das Geld auch wirklich eingesammelt. Für die Unterstützer gibt es je nach Finanzierungsbeitrag eine vorher festgelegte Prämie (zum Beispiel bei einem Filmprojekt je nach Betrag eine Dankeskarte, eine DVD des fertigen Films oder sogar eine kleine Gastrolle). Die Initiatoren verpflichten sich offenzulegen, wie das Projekt vorangeht und wofür das Geld verwendet wird.
    42 Als knapp vier Wochen später die festgelegte Zeit abläuft, in der Unterstützer gesammelt werden dürfen, ist der Gesamtbetrag leider nicht zusammengekommen. Statt der erwünschten 25 000 Dollar waren 97 Unterstützer bereit, insgesamt 7241 Dollar zu investieren.
    43 Am Ende des verabredeten Zeitraums sind es
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