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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle
Autoren: P Bordage
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Menschen nicht mehr der Neugier des Volkes preiszugeben, obwohl es zum Ketzertum neigt. Und schließlich wollten Wir diese Körper nach Belieben betrachten können, wann immer es Uns beliebt, um nicht der Versuchung zu erliegen, zu nachsichtig zu werden …«
    Adaman Mourall ahnte, dass der Oberste Hirte ihm nicht die Wahrheit sagte und ihn mit der offiziellen Version abspeiste, die dazu diente, seine Entourage zu beruhigen. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass sich der Muffi – der im Gegensatz zu ihm gegen die mentale Inquisition immun zu sein schien – seiner bediente, um seine – des Muffis – Feinde auf eine falsche Fährte zu locken. Diese Erkenntnis stieß ihm bitter auf. Naiverweise hatte er geglaubt, Barrofill XXV. sei ihm wegen ihrer gemeinsamen Heimat freundschaftlich verbunden und schätze ihn; doch jetzt erkannte er, dass er nur ein kleiner Bauer in einem Spiel war, dessen Regeln er nicht kannte.
    »Ihr seht sehr blass aus, mein lieber Adaman …«
    Der Exarch aktivierte seine spärlichen Kenntnisse der APS, um seine Verwirrung so gut wie möglich zu kaschieren.

    »Der Geruch dieser Kryoprodukte macht mich schwindelig …«, stammelte er, als er dabei war zu begreifen, dass er bis zum Ende seines Lebens ein Gefangener sein würde, ein Gefangener des »Marquisatolen«, ein Gefangener der Kardinäle und der Vikare und vor allem ein Gefangener seiner sexuellen Neigungen und somit von Menschenhändlern …
    Der kleine Adaman Mourall, der unbeschwerte und aufsässige Waisenjunge aus der Stadt Duptinat, war bereits tot.
     
    Während der Chor der Novizen den Lobgesang anstimmte, ließ der Oberste Hirte den Blick von seiner Loge aus über die Versammelten in der Kathedrale schweifen. Er hatte seine Schwebeloge durch einen Knopfdruck unter der reich geschnitzten Kuppel des Hauptschiffs zum Stillstand gebracht.
    Das Licht des Gestirns des Ersten Tages, Rose Rubis, flutete durch die ovalen Kirchenfenster und fiel in purpurroten Säulen auf den Marmorboden des Mittelgangs. Der Duft nach Weihrauch erfüllte die Luft.
    Die den Hauptaltar umgebenden Ränge waren den etwa tausend Kardinälen vorbehalten, die in Venicia eine ständige Residenz hatten, sie bildeten eine wogende rote und violette Menge. Drei Kardinäle zelebrierten dort gerade die Frühmesse. Dann folgten die Reihen der Adeligen und Höflinge. Die letzten Ränge waren den Repräsentanten der Gilden vorbehalten und einfachen Leuten, die nur durch das Bezahlen von Schmiergeldern manchmal einer der zweimal täglich gelesenen Messen beiwohnen durften. Die Scaythen standen, in ihre weißen Kapuzenmäntel gehüllt, im Hintergrund. Und unter ihnen befanden
sich außer den Gedankenschützern gewiss auch einige im Dienst der Höflinge oder Kardinäle stehende Inquisitoren oder Auslöscher.
    Außer dem Muffi verfügte nur noch der Imperator Menati über eine schwebende Loge. In ihr saßen der Herrscher selbst, seine Gattin Annyt Passit-Païr und ihre Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen – alle ex-utero-in-vitro zur selben Zeit gezeugt – und ihre drei Gouvernanten.
    Menati hatte ein aufgedunsenes Gesicht und Augen, die wie erloschen wirkten, so viel konnte der Muffi erkennen. Seit dem Prozess gegen die ehemalige Imperatrix, Dame Sibrit, und ihrem langsamen, qualvollen Sterben, vermied der Herrscher jeden persönlichen Kontakt mit dem Oberhaupt der Kirche und beschränkte sich auf gelegentliche Memoranden, wenn es die Staatsgeschäfte erforderten. Barrofill XXV. vermutete in dem Herrscher den Urheber einiger Attentate, die im Bischöflichen Palast begangen worden waren.
    Es hieß außerdem, der Herr des Universums betäube sich bei ausschweifenden Trinkgelagen und habe seinen Dienerinnen und Mätressen befohlen, nackt unter ihren Kleidern und Roben zu bleiben, damit sie jederzeit für ihn verfügbar seien, und dass er ständig eine Droge nehme, die ihm dauerhafte Potenz verleihe, und dass er seine Gemahlin jedem Mann anbiete, der sie haben wolle, und dass er übermäßig esse und trinke. Das Maß seiner Ausschweifungen sei grenzenlos, ging das Gerücht. Und es gipfelte in dem Skandal, dass er die berühmte Tänzerin Zanayat de Frondebert hinter den Kulissen des Theaters zu vergewaltigen versucht habe.
    Wahrscheinlich waren viele Gerüchte unbegründet oder übertrieben, aber eins stimmte: Menati kam seinen Pflichten
als Herrscher nicht mehr nach. Seine ganze Macht hatte er in die Hände des Seneschalls Harkot gelegt und zudem hatte er den Adel
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