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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle
Autoren: P Bordage
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erteilt, ihn nicht zu stören, sich in die Bibliothek eingeschlossen und hinter einem verschiebbaren Regal eine gepanzerte Tür entdeckt, die er mithilfe des Codes, den ihm die Stimme eingeflüstert hatte, öffnen konnte.
    Dahinter befand sich ein riesiger Raum, in dem es nach Chemie und Moder roch. An den Wänden standen Regale, angefüllt mit Holobüchern, Filmmaterialien und antiken Papierbüchern.

    Die Stimme hatte ihn schließlich zu einem kleinen, zwischen zwei imposanten Werken versteckten Filmbuch geleitet  – eine Abhandlung über den Zufluchtsort Osgor der Kirche des Kreuzes.
    Der Muffi hatte mittels eines audiovisuellen Lesegeräts in dem Buch geblättert und war zutiefst ergriffen gewesen, als er zum ersten Mal das Gesicht des Mannes sah und dessen Stimme hörte, der der Gründer der Kirche des Kreuzes war: ein etwa Vierzigjähriger mit rasiertem Schädel und durchdringendem Blick.
    Der Mann saß mit nacktem Oberkörper und gekreuzten Beinen im Wüstensand und sprach vom größten Schatz der Menschheit – der Seele eines jeden Einzelnen. Er nannte sie eine zarte Blume, die schnell verwelke, wenn man ihr Schaden durch indoktrinäres Denken zufüge. Trotz der antiquierten Holo-Aufzeichnung ging eine derart immense Kraft von diesem vehement gestikulierenden Redner aus, dass der Muffi den Eindruck hatte, der Mann lebe und würde sich direkt an ihn wenden und seinem bisher fanatischen, den Menschen schadenden Glauben einen neuen Sinn verleihen.
    Dann hatte die Stimme ihm geraten, sich vor der mentalen Inquisition, dem Auslöschen des Geistes sowie dem Hirntod zu schützen. Nur mit Bedauern hatte er das kleine Filmbuch geschlossen, sich aber fest vorgenommen, es so oft wie möglich zu konsultieren. Noch immer der Stimme gehorchend, hatte er danach ein mehr als achttausend Jahre altes Papierbuch aufgeschlagen. Es war im Idiom der Weltraumkolonisten verfasst und in Leder gebunden, hatte jedoch weder Titel noch war ein Autor angegeben.
    Da zur Ausbildung eines jeden Geistlichen auch Grundkenntnisse jener einstigen Fachsprache gehörten, konnte
der Muffi im Licht seiner Taschenlampe – wenn auch mühsam  – den Text entziffern. Es handelte sich um eine Einführung in die Inddikische Wissenschaft – ein Fachgebiet, das seit über viertausend Jahren auf dem Index stand. Einige Buchstaben oder Buchstabengruppen – eher Piktogramme als Buchstaben – besaßen definitive Heilwirkungen oder boten mentalen Schutz. Der unbekannte Verfasser dieser Schrift erklärte: es genüge, diese Schriftzeichen auf unauslöschbare Weise in den empfindsamen Geist einzuprägen, um ihre Wirkung zur Entfaltung zu bringen.
    Daraufhin hatte Barrofill XXV. strikt die Anweisungen des Traktats befolgt: den Zustand der inneren Stille erreicht, die zwölf auf den letzten Seiten des Buchs abgebildeten Schriftzeichen identifiziert und sich eingeprägt, damit er sie sich jederzeit ins Gedächtnis zurückrufen konnte.
    Zunächst hatte er keine Veränderungen in sich feststellen können außer einer großen Müdigkeit, die er seinem Mangel an Schlaf zuschrieb. Also war er nur enttäuscht und frustriert gewesen, hatte die geheime Bibliothek verlassen und sich direkt in seine Gemächer begeben, nicht ohne seine Sekretäre vorher zu informieren, dass er weiterhin nicht gestört werden wolle.
    Erst als er auf seinem schwebenden Bett lag, hatte er die Wirkung der Inddikischen Schriftzeichen verspürt. Eine so große Hitze hatte seinen Körper ergriffen, als wäre er in ein Flammenmeer gestürzt. Sofort hatte er das Bild der Feuerkreuze vor sich gesehen und sich hilflos in qualvollen Schmerzen auf seinem Bett hin und her geworfen. Er hatte geglaubt, seine letzte Stunde sei gekommen, während ein Chor gepeinigter, von ihm zum Tode verurteilter Menschen in seinen Ohren dröhnte, bis seine Qualen so groß wurden, dass er sich schließlich wie taub fühlte.
    Blutige Tränen waren über seine Wangen gelaufen und hatten rote Blumen auf seinen weißen Colancor und die seidene Bettwäsche gemalt. Und als er glaubte, im Nichts wegdämmern zu müssen, war das Geheul plötzlich verstummt, der Schmerz gewichen, und ein leichtes Vibrieren, einer frischen Brise gleich, hatte die wiedererlangte Stille in ihm belebt.
    Seit jener Stunde war er trotz mancher Zweifel zu der absoluten Gewissheit gelangt, dass diese zwölf Inddikischen Symbole gegen die Scaythen mit ihren Gedächtnisauslöschmethoden und Tötungsprogrammen einen totalen Schutz boten. Er hatte sich
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