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Sternenkönig - Eine Weihnachtslegende

Sternenkönig - Eine Weihnachtslegende

Titel: Sternenkönig - Eine Weihnachtslegende
Autoren: PeP eBooks
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ist«, sagte der Bettler, »dann wehe ihr, wenn die heiße Liebesflamme erst niederbrennt. Dann wird der Mann sie herumstoßen wie eine Magd.«
    »Du denkst schlecht von den Menschen«, tadelte Silbermond ihn.
    »Erfahrung, mein Lieber, Erfahrung«, antwortete der Bettler.
    Silbermond stand auf und ging im Garten umher. Unter den Gästen fiel ihm ein Mann auf. Er mochte an die dreißig Jahre alt sein und schaute ihn liebevoll an. Silbermond wurde es warm ums Herz. Eine ältere Frau trat zu dem Mann und raunte ihm etwas zu, doch er wies sie barsch ab.
    Sie aber sagte zu den Dienern: »Was er euch sagt, das tut.«
    Silbermond ging weiter in den Garten hinein. Dort, wo kaum noch Gäste sich aufhielten, fand er die Braut. Sie saß auf einer Bank und starrte vor sich hin. Vorsichtig näherte Silbermond
sich und fragte: »Was ist es, was dich an diesem Freudentag so traurig macht?«
    Sie schaute ihn an und antwortete: »Unser Wein ist ausgegangen. Die Gäste werden über uns lachen.«
    »Und warum kauft ihr keinen neuen?«, fragte Silbermond. »Wenn ich einen Brautschmuck besäße, selbst den würde ich dafür hingeben und alle Gäste würden das Fest loben!«
    Sie verstummte und fuhr nach einiger Zeit niedergeschlagen fort: »Aber ich besitze keinen Brautschmuck.«
    Einen Augenblick dachte Silbermond: Scher dich nicht drum, schau nicht links und schau nicht rechts. Doch die Trauer der Braut rührte an sein Herz. Er löste die goldene Kette mit der Perle, die ihm seine Mutter als das kostbarste Geschenk für den König der Könige mitgegeben hatte, und legte das Geschmeide der Braut behutsam um den Hals. Da begannen ihre Augen zu glänzen. Sie sagte zu Silbermond: »Dich hat der Himmel geschickt.« Und sie lief ins Haus zurück.
    Jetzt war Silbermond wirklich bettelarm. Alles hatte er hingegeben, den Armreif aus purem Gold, seinen bunt gefärbten Umhang, die Brosche aus Jade, das weiche Bärenfell, das Halsband aus grün schimmernden Türkisen, die kunstvoll bestickten Schuhe aus Hirschkalbleder, die warme Mütze, die ganz mit Eiderdaunen ausgepolstert war, und auch den Beutel mit Goldkörnern. Und zuletzt schließlich noch den Brautschmuck.
    Nun bin ich ganz und gar arm, dachte er. Aus der Traum vom König der Könige. Selbst wenn ich ihn fände, wie könnte
ich ihm ohne Geschenke unter die Augen treten? Er fühlte sich elend und niedergeschlagen.
    »Vielleicht bin ich doch einem Wahngebilde, einem Irrlicht nachgelaufen«, flüsterte er.
    Tränen traten ihm in die Augen. Voller Verzweiflung hob er seinen Kopf und starrte hoch über das Haus in den Abendhimmel. Da erblickte er plötzlich durch die Tränenschleier hindurch den weißen Stern. Zum ersten Male seit Jahren sah er den Stern wieder, heller und klarer denn je. Der Schweif blitzte wie eine Hand voll Diamanten, die ins Licht geworfen werden.
    Silbermond spürte seinen Herzschlag bis zum Halse. Er suchte den Bettler und wollte ihm zeigen, was er entdeckt hatte. Doch der Bettler saß nicht mehr unter dem Ölbaum.
    Vielleicht fröstelte es ihn in der Abendkühle und er war ins Haus gegangen, vermutete Silbermond.
    Als er am Brunnen vorbeilief, füllten die Diener gerade die sechs großen Tonkrüge, die Silbermond im Haus gesehen hatte, mit frischem Wasser.
    Silbermond blieb verwundert stehen. »Sollen sich die Gäste noch einmal waschen?«, fragte er.
    »Was wissen wir«, sagten die Diener unwillig. »Der da drinnen, der aus Nazareth, der hat’s uns befohlen. Bis zum Rand sollen wir die Krüge füllen.«
    Sie schleppten das Wasser zum Haus zurück. Die Krüge waren schwer und Silbermond half den Dienern beim Tragen.
    Der Mann aus Nazareth wartete im Haus. Es war derselbe
junge Mann, der Silbermond zuvor so freundlich angeblickt hatte. Er befahl den Dienern: »Lasst den Küchenmeister probieren. «
    Die Diener lachten insgeheim, schöpften aber aus den Krügen und brachten dem Küchenmeister davon. Der roch misstrauisch an dem Trank und ließ sich einige Tropfen davon über die Zunge laufen. Dann aber verwandelte sich sein Gesicht zu einer einzigen Wonne. Laut rief er dem Bräutigam zu: »Was für eine merkwürdige Hochzeit! Jeder schenkt zuerst den guten Wein aus. Erst wenn die Gäste genug getrunken haben, gibt es den geringeren. Du aber, Bräutigam, du hast diesen herrlichen Wein bis jetzt zurückgehalten.«
    Silbermond schaute unverwandt auf den Mann aus Nazareth. Er war es, der das Wasser in Wein gewandelt hatte. Da wusste Silbermond mit einem Male, dass er den
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