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Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Titel: Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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nichts zu sein.
    Unsicher betrachtete er sein Spiegelbild. Eigentlich ganz attraktiv, dachte er, wenn er nicht so eine Hakennase und so ein quadratisches Kinn hätte. Immerhin waren seine Augen nicht übel, und er hatte herrlich rostfarbenes Haar, das sich in einer großen Tolle über der Stirn sammelte. Er fand, es sah gut so aus, aber Sheryl bürstete seine Locken mit einem feuchten Kamm und versuchte, sie nach hinten zu legen.
    Captain Jones stellte sich hinter Sheryl. Er war ein großer Mann mit Bierbauch und zitternden, dicken Fingern. Wenn er ging, schien es, als würde er stets hier und dort einem Gespräch zuhören, was ihn im ersten Augenblick ziellos erscheinen ließ. Tatsächlich aber war der Captain der entschlossenste Mann an Bord des Schiffs, fällte seine Entscheidungen schnell, lag dabei meistens richtig, und alle Männer an Bord vertrauten ihm. Bei den Frauen war er allerdings weniger beliebt, wie Kieran aufgefallen war.
    Der Captain sah ihn missbilligend an, aber Kieran war es egal. Er wusste, dass Jones große Stücke auf ihn hielt.
    »Kieran, du verbringst zu viel Zeit mit Waverly Marshall. Ich sollte das wohl unterbinden.«
    Kieran mochte es nicht, wenn der Captain über Waverly sprach, als gehöre sie ihm und er habe sie nur ausgeliehen. Dennoch zwang er sich zu einem Lächeln.
    »Kann ich mich darauf verlassen, dass du geübt hast?« Der Captain versuchte offenbar, streng auszusehen, denn er zog die Augenbrauen nach unten. Dann stieß er einen Schub Luft aus, der die grauen Haare seines Barts durcheinanderbrachte, den er mit Daumen und Zeigefinger wieder glättete.
    »Ich habe es gestern Nacht zweimal durchgelesen.«
    »Laut?«, hakte er mit einem Anflug von Humor nach.
    »Ja!«
    »Gut.« Der Captain gab Sammy – dem Techniker, der den Teleprompter vorbereitete – einen DataDot. »Ich habe am Ende ein paar kleine Änderungen eingefügt, Kieran. Es tut mir leid, aber die wirst du aus dem Stegreif vortragen müssen. Eigentlich hatte ich geplant, sie vorher mit dir durchzusprechen, aber du warst zu spät.«
    »Was für Änderungen?«
    »Nur eine kurze Erwähnung unserer neuen Nachbarn«, sagte er mit gespielter Nonchalance, doch als er aus dem Sichtfenster sah, seufzte er schwer.
    »Was ist los?« Kieran versuchte, unbekümmert zu klingen, aber als er Captain Jones’ Augen begegnete, konnte er sich nicht weiter verstellen. »Wieso haben sie verlangsamt?«
    Der Captain blinzelte ein paarmal, was Kieran immer wieder faszinierte, denn die unteren Lider schlugen dabei nach oben. »Sie haben eine neue Kapitänin oder … Führerin. Und mir gefällt nicht, was sie sagt.«
    »Was sagt sie denn?«, wollte Kieran wissen, aber da deutete der ständig hastige Sammy mit seinem Finger auf ihn.
    »Dreißig Sekunden noch«, sagte er.
    »Später«, meinte Captain Jones und führte Kieran zu seinem Sitz vor der Kamera. »Viel Erfolg.«
    Beunruhigt legte Kieran seine Handflächen flach auf den Eichenschreibtisch, dann setzte er sein angenehmes Beginn-der-Sendung-Lächeln auf und sah dem Intro zu. Zu Anfang sah man die Crew der
Empyrean.
Zwei von ihnen waren Kierans Eltern – jung und mit frischen Gesichtern halfen sie, einen Tabaksetzling in die Beete zu pflanzen. Es folgte eine Szene mit Forschern unter weißen OP -Hauben, die sich über eine Reihe von Versuchsröhrchen beugten, die sie mit einer langen Pipette vorsichtig mit Proben befüllten. Am Schluss stand ein Bild von allen zweihundertzweiundfünfzig Kindern an Bord, in den Familiengärten stehend, umringt von Apfel- und Birnbäumen, Weinreben, die die Wände hinaufwucherten, und Körben mit frischen Karotten, Sellerie und Kartoffeln. Das Bild sollte Überfluss und Wohlstand vermitteln und so den Glauben der hungrigen Menschen auf der Erde an die Mission aufrechterhalten.
    Das Licht über der Kamera blinkte, und Kieran begann. »Willkommen auf der
Empyrean.
Mein Name ist Kieran Alden«, sagte er. »Heute werfen wir einen genaueren Blick in unser Reproduktionslabor. Wie ihr euch vielleicht erinnert, machen Langzeitreisen im Weltraum es für Frauen schwierig, gesunde Babys zur Welt zu bringen. Sechs Jahre lang versuchten die Frauen an Bord der
Empyrean,
schwanger zu werden, und schafften es nicht. Das war eine angespannte Zeit, denn wenn sie nicht in der Lage wären, die ursprüngliche Crew zu ersetzen, hätte es keine überlebenden Kolonisten gegeben, um New Earth zu terraformen. Deshalb war die Erschaffung der nächsten Generation wichtiger als alles
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