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Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Titel: Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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derjenige, der sich verändert.« Einer ihrer Mundwinkel verzog sich zu einem süffisanten Lächeln. »Ich habe vor, dich zu einem Heiden zu machen. Wie der Rest von uns.«
    Er lachte und legte den Kopf auf ihre Brust, um ihrem Herzschlag zu lauschen und im gleichen Takt zu atmen. Das Geräusch beruhigte ihn immer und machte ihn schläfrig.
    Mit sechzehn und fünfzehn waren sie die beiden ältesten Kinder an Bord der
Empyrean,
und ihre Beziehung war nur natürlich und sogar vom Rest der Crew erwartet worden. Aber selbst ohne den sozialen Druck wäre Waverly Kierans erste Wahl gewesen. Sie war groß und schlank, und ihr Haar umschloss das Gesicht wie ein Rahmen aus Mahagoni. Und sie war aufmerksam und intelligent – eine Eigenschaft, die sich auch in der überlegten Art zeigte, mit der sie ihren Blick aus dunklen Augen auf etwas heftete und es festhielt. Obwohl Kieran sie bewunderte, blickte Waverly auf eine Art in Menschen hinein und durchschaute ihre Motive, die Kieran geradezu unheimlich fand. Sie war ganz klar das tollste Mädchen an Bord, und wenn er als Nachfolger für Captain Jones gewählt würde, was jedermann annahm, wäre Waverly die perfekte Ehefrau.
    »O nein!« Sie zeigte auf die Uhr über dem Eingang zum Getreidesilo. »Bist du nicht ein bisschen spät dran?«
    »Verdammt!« Kieran schlängelte sich vom Heu herunter und schlüpfte in seine Schuhe. »Ich muss los.«
    Er gab ihr einen schnellen Kuss, und sie verdrehte die Augen.
    Kieran rannte durch die schwüle Luft des Obstgartens, joggte durch Reihen von Kirsch- und Pfirsichbäumen, nahm dann eine Abkürzung durch die Aquafarm und genoss den Salzwassersprühregen auf seinem Gesicht. Seine Füße trommelten auf den Metallgittern, doch als die Aquafarmgärtnerin Mrs. Druthers aus dem Nichts mit einem Bottich kleiner Fische in der Hand auftauchte, kam er rutschend zum Stehen. »Rennen in der Aufzucht ist nicht erlaubt!«, schimpfte sie.
    Aber er war schon wieder weg, hetzte jetzt durch die dichten Höhlen grünen Weizens, wo geerntete Halme an Haken an Wand und Decke hingen und im Rhythmus der Maschinen zitterten. Er brauchte fünf Minuten, um das Ende der Weizenfelder zu erreichen. Dann noch ein kurzer Sprint durch die feuchtwarme Fungusfarm und eine scheinbar endlose Fahrt im Fahrstuhl zu den Wohnräumen des Captains und dem Studio, wo Kieran in vier Minuten mit der Aufnahme seiner Sendung beginnen sollte.
    Das Studio war in Wirklichkeit ein kleines Vorzimmer vor dem Büro des Captains, aber dieser sah es am liebsten, wenn die Webcasts hier aufgenommen wurden. Der Raum war gesäumt von großen Fenstern, die in den Nebel blickten, den die
Empyrean
die letzten anderthalb Jahre durchquert hatte. Unter den Fenstern stand Sofa an Sofa – reichlich Platz für jeden, der Kierans Show für Erdenkinder oder der etwas längeren Variante des Captains für Erwachsene zusehen wollte. Vor den Sofas stand eine kleine, aber leistungsstarke Kamera, und über ihnen hing eine Reihe von starken Scheinwerfern, die den Schreibtisch beleuchteten, an dem Kieran die Nachrichten verlas. Heute waren nur wenige Leute im Studio. Kieran eilte an ihnen vorbei und direkt in den Schminkstuhl, wo Sheryl bereits mit dem Puderquast wartete.
    »Du machst es in letzter Zeit aber ganz schön spannend«, merkte sie an und wischte ihm den Schweiß aus dem Gesicht. »Du bist ja ganz durchgeschwitzt.«
    »Das fällt vor der Kamera nie auf.«
    »Dein Schnaufen schon.«
    Sie hielt ihm einen kleinen Ventilator ins Gesicht, um ihn zu trocknen – ein wunderbares Gefühl! –, und puderte ihn dann mit Talkum ein. »Du musst aufmerksamer werden.«
    »Wir zeichnen es doch sowieso nur auf. Wir können nicht senden, bevor wir aus dem Nebel raus sind.«
    »Du weißt, dass der Captain es schätzt, die Archive auf dem neuesten Stand zu halten«, sagte sie mit einem Lächeln.
    Es stimmte, Captain Jones konnte übertrieben pingelig sein. Kieran wusste sowieso nicht, weshalb sie sich noch um die Webcasts kümmerten, denn sie hatten seit Jahren keinen Kontakt mehr zur Erde. Die
Empyrean
war so weit weg von ihrer Heimatwelt, dass jedes Funksignal Jahre brauchte, um seinen Bestimmungsort zu erreichen, und wenn es ankam, war es vermutlich so verzerrt, dass es ausgiebige Korrekturen benötigte, um verstanden zu werden. Kieran seufzte. Er würde vielleicht nie erfahren, ob es noch irgendjemanden auf der Erde gab, der seine Nachrichtensendungen sah, und das gab ihm das Gefühl, die Galionsfigur von exakt gar
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