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Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Titel: Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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mussten. Also erwartete jeder, dass Waverly heiratete und so bald wie möglich Mutter wurde. Ende der Diskussion. Wie sie ihrem Herzen die Zeit verschaffen konnte, ihr Pflichtgefühl einzuholen, wusste Waverly nicht.
    Regina musterte sie eine Zeitlang aufmerksam, dann seufzte sie. »Ich wünschte, dein Vater wäre hier. Ich werde so wütend, wenn ich daran denke –«
    »Es war ein Unfall, Mama«, unterbrach Waverly sie. »Niemand hat einen Fehler gemacht.«
    Regina schien sich bei der Erinnerung an den Tod ihres Mannes in sich selbst zurückzuziehen, und einen Moment lang meinte Waverly, eine vage Angst über ihr Gesicht huschen zu sehen. Erstmals kam ihr eine Möglichkeit in den Sinn, die sie vorher nie in Betracht gezogen hatte.
    »Mama. Es war doch ein Unfall, oder?«
    »Natürlich war es das, Liebling.« Das Lächeln ihrer Mutter wirkte verkniffen.
    »Verschweigst du mir etwas?«
    Regina nahm ihre Tochter in den Arm. »Ich wollte nur sagen, dass ich zornig bin, dass es überhaupt passiert ist. Du hast recht – niemanden trifft eine Schuld.«
    »Okay«, sagte Waverly. Seitdem das andere Schiff angekommen war, erschien ihre Mutter ihr seltsam zerrissen, und wann immer sie nicht bemerkte, dass Waverly sie ansah, legte sich ein grüblerischer Ausdruck über ihre Züge. Sprach Waverly sie darauf an, strahlte sie und sagte lächelnd, alles sei in Ordnung, sie würde nur alt.
    »In Zeiten wie diesen vermisse ich deinen Vater einfach sehr«, sagte sie jetzt wehmütig.
    Als ihr Vater gestorben war, war Waverly so jung gewesen, dass er quasi ein Fremder für sie war. »Würde er Kieran mögen?«, wollte sie wissen.
    »Ich glaube, ja. Ich mag Kieran. Er wird gut zu dir sein.«
    »Das muss er auch«, meinte Waverly. »Ich weiß ganz genau, wie ich ihm eine verpassen kann, wenn er es nicht ist.«
    »Also wirklich«, sagte Regina. »Nur weil du Kieran dazu bringen kannst, aus einer Luftschleuse zu springen, bedeutet das nicht, dass du es auch tun solltest.«
    »Keine Sorge, er ist nicht so rückgratlos, wie er wirkt. Er braucht nur …« Waverly verlor den Faden. Sie war sich nicht sicher, was Kieran brauchte. Er hatte vielleicht nicht denselben dickköpfigen Kern in sich wie sie, aber sie nahm trotzdem an, dass er in seinem Innern Stärke besaß. Er war zurückhaltend und still, und er dachte gründlich über Dinge nach, ehe er sie zur Sprache brachte. Mit der Zeit konnte er lernen, ein guter Anführer zu werden, dachte sie. Aber das war eines der Dinge, die sie herausfinden wollte,
bevor
sie heirateten. »Er wird sich schon noch zusammenreißen«, sagte sie und hoffte, dass das stimmte.
    »Ich vermute, mit dir verheiratet zu sein wird den armen Jungen automatisch härter im Nehmen machen.« Regina grinste. »Hast du heute schon im Garten vorbeigeschaut?«
    »Nein, aber das mache ich jetzt.« Waverly wollte sowieso allein sein, und die Arbeit in der lockeren Erde beruhigte immer ihre Gedanken.
    Den Gang hinunter und zwei Treppenfluchten hinab lagen die Familiengärten im Zentrum des Schiffs, in einer Halle, die so groß war, dass es schwerfiel, von einem Ende zum anderen zu schauen. Die Strahler über den Pflanzen waren auf gleißenden Mittag gestellt, und Waverly genoss die Hitze auf ihren Schultern, während sie zwischen den Reihen von Kürbis, Tomaten, Salat und Brokkoli hindurchging. Jede Familie an Bord der
Empyrean
hatte ihre eigene Parzelle, in der sie eine Auswahl von geerbten Gemüsen aufzogen. Weil niemand wusste, welche Nutzpflanzen auf New Earth wachsen würden, zogen alle Familien verschiedene Sorten. Waverly hatte sich gelbe Tomaten ausgesucht – eine Pflanze, die eine wohlschmeckende, herbe Frucht lieferte. So gut wie richtige rote Tomaten schmeckten sie nicht, aber sie waren so wunderschön. Nahe des Hauptwegs kniete Waverly vor der größten Pflanze nieder und betrachtete sie. Eine Frucht war fett und golden, fast bereit, gepflückt zu werden, und sie betastete die weiche Haut. Sie war versucht, sie jetzt für das Abendessen zu pflücken, entschied sich dann jedoch, ihr noch einen Tag zum Reifen zu geben. Stattdessen zog sie Unkraut heraus.
    »Du bist ganz sicher erwachsen geworden.«
    Verwirrt schaute Waverly auf und sah Mason Ardvale, den Chefpiloten des Schiffs, am Zaun ihrer Parzelle lehnen. Er war ein guter Freund von Captain Jones, und beide Männer waren etwa gleich alt. Waverly hatte Mason nie wirklich gemocht, und in den letzten zwei Jahren hatte diese Abneigung sogar noch zugenommen, als er
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