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Sternenfaust - 130 - Inferno auf Hegel III

Sternenfaust - 130 - Inferno auf Hegel III

Titel: Sternenfaust - 130 - Inferno auf Hegel III
Autoren: Anonymous
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so etwas in der heutigen Zeit noch möglich ist. Schließlich kam ich in ein Haus für Kolonie-Waisen. Dort wuchs ich auf und war bei verschiedenen Pflegeeltern. Aber wie es auf solchen Kolonien ist, da ändern sich dauernd die Lebensumstände. Irgendwann hatte ich genug. Ich bekam so viele Stipendien, dass ich selbst für meinen Lebensunterhalt sorgen konnte. Und all die Jahre blieb ich schlicht und einfach Adric. In meinen Unterlagen steht der Name doppelt. Einmal als Vor- und einmal als Nachname.«
    »Und man hat wirklich nie herausgefunden, wer deine Eltern waren?«, fragte Taglieri ungläubig.
    »Nein«, erwiderte Adric und lächelte melancholisch. »Ich schätze, ab einem bestimmten Punkt hat man hier im Karalon-System entschieden, dass es spannendere Fragen zu erforschen gibt. Hier in Transalpha liegen die Prioritäten manchmal ein wenig anders als auf der Erde.«
    »Und zuletzt war Hegel III dein Zuhause?«
    »Für ein halbes Jahr. Nach einem Empfehlungsschreiben von Professor von Schlichten. Natürlich hatte ich auf Hegel III Freundschaften geknüpft, und bei einigen dieser Freunde kann ich noch gar nicht glauben, dass sie wirklich tot sind.«
    Taglieri verstand. Diese Erfahrung hatte er in seinem Leben schon oft gemacht. Manche Dinge begriff man erst nach einiger Zeit. Und manche sogar nie.
    »Vielleicht stumpft einen der ständige Wechsel ab«, meinte Adric.
    »Dann«, begann Taglieri vorsichtig, »wird es wohl besser sein, wir bringen dich nach Karalon III zurück. Da kann man sich am besten um dich kümmern.«
    »Kümmern?«, rief Adric empört. »Sie waren einverstanden, mich als Schüler aufzunehmen!«
    »Ich will nicht herzlos klingen«, erwiderte Taglieri ruhig, »aber das war die Vereinbarung mit einer Kolonie, die es nicht mehr gibt.«
    »Dennoch war es eine Vereinbarung!«, sagte Adric.
    »Junge«, meinte Taglieri ruhig, holte Luft, um zu einer Antwort anzusetzen, ließ es dann aber bleiben. Er wollte sich nicht mit Adric streiten. Nicht nach dem sicher traumatischen Erlebnis, das der Junge offenbar noch nicht an sich heranlassen wollte.
    »Wir reden morgen darüber.«
     
    *
     
    Im großen Besprechungsraum war es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können.
    Captain Frost goss sich aus einer Isolierkanne etwas Kaffe in einen Becher, und allein das Umrühren mit dem Löffel machte so viel unangebrachten Lärm, dass es ihr peinlich war.
    Außer Admiral Taglieri und Captain Frost waren noch Professor Yasuhiro von Schlichten, Commander Shamar al Khaled und Stephen Baxter anwesend.
    Auf den dreidimensionalen Monitoren waren Admiral Alex Bidlo und Jasper Mitchell zu sehen.
    Das Touchscreenfeld zeigte einige der Daten des Vorfalls. Darunter war auch eine Zahl. 298.347. Das war die Anzahl der Toten von Hegel III.
    Die Wunder der modernen Welt , ging es von Schlichten durch den Kopf. Alles wurde genau festgehalten. Und nichts war einfacher, als Daten abzurufen. Zugleich war das Gehirn damit überfordert. War der Mensch ohnehin schon nicht in der Lage, den Verlust eines Menschenlebens vollends zu erfassen, versagte es beim Tod in Kombination mit hohen Zahlen vollends. Es war wie ein Kurzschluss im Gehirn. Die Trauer erreichte nicht etwa ein bestimmtes Level, das nicht weiter ausgedehnt werden konnte. Nein. Ab einer bestimmten Zahl von Toten brach die Trauer ab. Sie kollabierte, sie glühte kurz auf, wurde quasi zur Nova, um auf den Nullpunkt zu sinken.
    Es war eine Schwäche des menschlichen Gehirns. Ein tragisches Defizit, das letztlich Kriege und Verbrechen ungeheuerlichen Ausmaßes ermöglichte.
    »Die Frage«, begann Jasper Mitchell, »die wir uns alle stellen, ist: Wie konnte diese Katastrophe geschehen?«
    Stephen Baxter räusperte sich. Seine Augen waren gerötet. »Wir werden die nächsten Wochen jeden Schritt untersuchen. Professor von Schlichten und ich haben jedoch bereits mit der Datenanalyse begonnen. Unsere Suche war erfolglos. Die Plasmasammler waren exakt an die Protuberanzen und Magnetfelder der Hegel-Sonne angeglichen. Die Wandler arbeiteten fehlerfrei. Alle systemischen Kreisläufe arbeiteten innerhalb der korrekten Parameter.«
    »Es kam die Vermutung auf, die Sicherungen des Plasmasammlers wären durchgeschmort, weil sie der Hegel-Sonne zu nahe gekommen seien.«
    »Das ist vollkommener Unsinn!«, mischte sich von Schlichten sofort ein. »Wer denkt sich denn einen solchen Blödsinn aus? Die Schutzschilde des Sammlers waren intakt. Selbst wenn der Sammler bis in die
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