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Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Titel: Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes
Autoren: Anonymous
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ihn an, als sei er ein rosa Elefant, der mit Kastanien jonglierte – ungläubig und … ja, und entsetzt.
    »Ich hab dir ja gesagt, dass es nicht geht«, sagte Kal-El leise und reichte ihr die Zauberfeder zurück.
    Die Kridan schwieg eine Weile und starrte ihn an, als erwarte sie eine Erklärung, die Kal-El ihr nicht geben konnte. »So etwas habe ich noch nicht gesehen«, murmelte sie dann, und Kal-El spürte eine Veränderung in ihrem Tonfall. Sie klang anders als zuvor, zumindest empfand er es so. Irgendwie fremder, als habe sie sich weiter von ihm entfernt. Als sei sie innerlich auf Distanz gegangen.
    »Noch nie«, fuhr sie fort. »Kal-El, du bist vermutlich der einzige Kridan von allen, der nicht fliegen kann.« Dann legte sie den Kopf in den Nacken und lachte schallend, lachte über ihn. Kal-El stand einfach da und ließ es geschehen, doch innerlich bebte er vor Scham und Entsetzen.
    Dann brach sie auf. Sie müsse unbedingt zu ihren Freundinnen, sagte sie noch, um ihnen zu erzählen, was für ein Freak doch im Wald Krüptonna wohne. Und sie verschwand, ohne ein weiteres Wort. Ohne zu fragen, ob Kal-El das überhaupt wollte.
    Der junge Kridan blieb allein auf dem Ast zurück, und dort saß er noch lange. Er dachte nach – über Kara-Zorel und die Zauberfeder, über seinen Vater und dessen Ansprüche. Und über seine, Kal-Els, eigene Erwartungen. Er war noch zu jung, um ganz zu verstehen, was er da empfand, aber er wusste, was er als normal ansah, und was nicht. Und er begriff, dass er nicht normal war. Nicht in seinen Augen, und auch nicht für andere. »Freak« hatte sie ihn genannt, und auch wenn das ein harter Begriff gewesen war, zweifelte Kal-El keine Sekunde mehr daran, dass er auf ihn zutraf. Er war ein Freak, eine unnütze Laune der Natur .
    Dann hob er einen seiner Krallenfüße vom Ast und machte einen Schritt nach vorn. Wind wehte darum, während er den Fuß ins Leere hielt. Kal-El blickte kurz nach unten, sah den Erdboden viele Meter unter sich, und fragte sich, wie lange er wohl fallen würde und ob der Aufprall gar zu sehr schmerzte.
    Und er ließ den zweiten Fuß dem ersten folgen.
    Liebe Kinder, wir haben euch diese Geschichte nicht erzählt, um euch traurig zu machen. Im Gegenteil: Habt kein Mitleid mit unserem kleinen Kridan. Er selbst ist Schuld an seinem tragischen Ende – denn, und jetzt passt genau auf , er hat aufgegeben. Kal-El hat sich von seinen Behinderungen, seinen persönlichen Nachteilen beherrschen lassen. So sind die Kridan, sie denken nicht nach, sondern reagieren instinktiv und impulsiv. Und damit liegen sie oft falsch.
    Sei kein Kridan, Menschenkind! Lerne und beherzige, dass du – genauso wie du bist – einzigartig bist. Und deinen ganz eigenen Wert hast.
    Auszug aus dem Buch »Flieg, Kridan, Flieg – Sagen aus Matlanor« Hrsg. von Dr. Henry Huffman. Writer Publishing, New York. Erstmals erschienen im Jahr 2235. (Das Werk wurde infolge vehementer Proteste kurz nach Erscheinen wieder vom Markt genommen und bis heute nicht neu aufgelegt. In einem viel beachteten Prozess warf man dem Verlag die Verbreitung rassistischen Gedankenguts und Volkshetze vor. Außerdem seien die Kridan völlig falsch und unsinnig simplifiziert dargestellt worden. Writer Publishing wehrte sich juristisch gegen diese Anklagen, zog jegliche Ansprüche jedoch zurück, nachdem die Presse kurz nach Beginn des sich anschließenden Gerichtsverfahrens dem Autor Dr. Henry Huffman Kontakte zu xenophoben Splittergruppen der Organisation Pro Humanity nachweisen konnte.)
     
    *
     
    »Ich bin ein riesiger Idiot«, murmelte William Beaufort und bemühte sich, sich nicht zum vierten Mal an der niedrigen Decke des Lüftungsschachtes zu stoßen.
    Der Christophorer hatte sich mit Daniel Leslie besprochen und alles in Erfahrung gebracht, was der Abt über die Pilotin und die Situation im Inneren des Krankenhauses wusste. Dann war er in einen Gleiter gestiegen und zur Brüderschule geflogen, die auf der dem Kloster gegenüberliegenden Seite des St.-Garran-Kraters lag und der das Krankenhaus angegliedert war. William hatte die Schule durch einen Seiteneingang betreten, sich auf den Flur begeben, der neben dem Hospitaltrakt lag, und war dort in einen der Lüftungsschächte gestiegen. Das lag nun etwa fünfzehn Minuten zurück und William bereute es. Sehr.
    Was will ich hier eigentlich? , fragte er sich nicht zum ersten Mal, während er flach ausgestreckt durch das enge, rechteckige Rohr robbte. Was soll das bringen? Als
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