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Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Titel: Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes
Autoren: Anonymous
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Masse, die einst der Boden seines Quartiers gewesen war, kroch langsam seinen Oberkörper hinauf in Richtung Gesicht. »Was … Wo sind Sie?«
    Und was tun Sie hier? Ich begegne Ihnen doch erst in fünfzehn Jahren!
    William wusste nicht, wo dieser letzte Gedanke hergekommen war, und er verdrängte ihn sofort. Mauritio lachte leise, abfällig. »Sie sehen mich nicht, aber ich bin da. Ich bin immer da gewesen. Und jetzt bin ich gekommen, um Sie abzuholen, Meister. Um Sie mitzunehmen in die Welt, in der ich nun existiere. In den ewigen Stillstand jenseits des Todes. Ihre Zeit ist gekommen.«
    »Nein.« William Beaufort versteifte sich noch mehr, teils aus Respekt vor der widersinnigen treibsandartigen Masse, die nun schon seinen Hals umschloss, und teils als Reaktion auf die Aussage seines ehemaligen Schützlings von der Novizenschule. »Nein, das … das ist nicht wahr. Sie sind nicht hier, Sie waren es nie! Dies ist meine Vergangenheit, nicht die Ihre, Abbo. Sie waren nicht dabei und haben hiermit nichts zu tun.«
    »Tut mir leid, aber das stimmt nicht, Meister William.«
    Was? William traute seinen Ohren nicht, verstand gar nichts mehr. Kalte Masse kroch über sein Kinn, bedeckte seinen Mund, seine Nase und begrub ihn lebendig unter sich. Panik griff mit eisigen Klauen nach seinem Herzen und seinem letzten Rest rationalen Verstandes. Seine Lungenflügel schrien nach Sauerstoff, den William ihnen nicht länger geben konnte. Es war vorbei.
    »Wenn dies Ihre Vergangenheit sein soll, Meister William«, hörte er das böswillig klingende Krächzen wieder, das eben noch von sich behauptet hatte, Mauritio Abbo zu gehören, »warum halten Sie sich noch immer in ihr auf?«
    Dann versank Williams ganzer Kopf im Boden – und der Mönch erwachte.
     
    *
     
    »Abbo!«
    Mit einem Schrei, der Tote erweckt hätte, schoss der Christophorer in die Höhe. Aufrecht saß er in seinem Bett, die schweißgetränkten, zerstrampelten Laken auf seinen nackten Beinen. Goldenes, helles Mondlicht fiel durch das geschlossene Fenster, hinter dem der St.-Garran-Krater in nächtlicher Ruhe lag, in den ansonsten dunklen Raum.
    William keuchte. Sein Oberkörper hob und senkte sich mit jedem Atemzug, seine Nerven rasten und ein Film aus kaltem Schweiß überzog sein Gesicht und die blanken Schultern. Nur mühsam gelang es ihm, seinen Geist wieder ins Hier und Jetzt zurückzuholen. »Es ist gut«, sagte er mit vor Erschöpfung und Angst zitternder Stimme in das Dunkel, einzig um ein vertrautes Geräusch zu hören. »Nur ein Traum.«
    Nur ein Traum … Aber das war nicht korrekt, nicht wahr? Es war mehr gewesen, viel mehr. Heute Nacht, wie auch in all den Nächten zuvor. Fünfzehn Jahre vergingen wie im Flug, wenn man die Augen schloss und dem Verstand die Erlaubnis zum Träumen gab. Dann wurden selbst die Schrecken einer Vergangenheit, die man längst hinter sich gelassen hatte, wieder so real, als geschähen sie erst jetzt. Als sei man niemals fort, niemals woanders gewesen als in diesem einen, grauenvollen Moment, den zu vergessen man sich einst geschworen hatte.
    Und William Beaufort wusste, dass es Schwüre gab, die selbst der stärkste Wille nicht einhalten konnte. Vielleicht wusste das niemand so gut wie er.
    Fünfzehn Jahre war es her, seit die STERNENFAUST II vorübergehend im X-Raum verschwunden war und ihre gesamte Crew mit sich genommen hatte. Ins Nichts. Bis heute wusste niemand, was damals wirklich geschehen war. Niemand außer William. Und in Nächten wie diesen kam es ihm vor, als sei das Schiff – als sei er – nie wieder aus dem Nichts jenseits der letzten Grenze zurückgekehrt.
     
    *
     
    Nicht du bist kaputt, sondern die Situation, in der du steckst.
    Nicht du bist kaputt, sondern die Situation, in der du steckst.
    Nicht du bist kaputt, sondern die …
    »Ach Scheiße!«
    Emma Kalani riss den Steuerknüppel ihres Jägers zur Seite und schoss in einem weiten Bogen davon. Alarmsirenen dröhnten in ihrem Helm und verwiesen darauf, wie nahe sie dem Asteroiden gekommen war, gegen den sie soeben beinahe geknallt wäre. Sie musste sorgfältiger fliegen, ihre Gedanken beieinander halten und sich auf die vor ihr liegende Aufgabe konzentrieren, sonst würde das hier nichts mehr werden. Sonst konnte sie den Beweis ihrer Flugtauglichkeit, den sie eigentlich erbringen wollte, gleich wieder vergessen.
    »Sagten Sie etwas, Lieutenant?« John Santos’ Stimme, die über Funk zu Emma durchdrang, unterbrach den Lärm der Sirenen. Irrte sie sich,
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