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Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Titel: Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes
Autoren: Anonymous
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William gerade saß? Nichts, gar nichts!
    Aber darum geht es nicht, oder? , dachte William und strich mit dem Fuß durch den fein geharkten Sand, der diesen Bereich des Zen-Gartens prägte. In Wahrheit geht es doch immer nur um eine Frage. Und wenn du ehrlich gegenüber dir selbst bist, dann kennst du die Antwort darauf genau.
    Ehrlich gegenüber dir selbst … Es war lange her, dass William Beaufort dies gewesen war. Vielleicht schon fünfzehn Jahre.
    Ein leises Knirschen ließ den Christophorer herumfahren. Daniel Leslie, der Abt des Klosters, näherte sich ihm. »Ich wollte Sie nicht erschrecken, Meister William«, sagte er entschuldigend.
    »Das haben Sie nicht«, log William und wies einladend auf einen der freien Sitzsteine. Dankbar nahm Daniel Platz und blickte den jüngeren Mönch schweigend an. »Sie sehen müde aus«, sagte er schließlich. »Müde und gehetzt. Schlafen Sie nicht gut?«
    Es hatte unschuldig geklungen, beiläufig und belanglos, doch William wusste genau, worauf der Abt abzielte. »Den Smalltalk können wir uns sparen, Abt«, sagte er ruppiger, als er es wollte. »Ja, es nagt an mir. Ja, ich leide unter den Implikationen, die mit Mauritios Tod einhergehen. Nein, ich glaube nicht, dass ich mich falsch verhalten und indirekt zu seinem Ableben beigetragen habe, aber wie uns Christophorern nur allzu bewusst ist, hat Glauben nur äußerst selten etwas mit Wissen zu tun. Deswegen messen wir beim Eintritt unserer Novizen ihrer Religion ja auch keine Bedeutung bei. Beantwortet das Ihre Frage?«
    Leslie schmunzelte leicht. »Vor einiger Zeit haben wir uns darüber unterhalten, warum Sie hier bei uns sind, wissen Sie noch? Warum Sie sich für die Abgeschiedenheit dieses Planeten entschieden haben.«
    »Weil ich seit dem STERNENFAUST-Zwischenfall nicht mehr weg will«, sagte William abweisend. »Weil ich genug gesehen und erfahren habe, um zu wissen, dass es da draußen keinen Platz mehr für mich gibt.« Abermals versuchte sich die Erinnerung an jenen Tag, an dem die STERNENFAUST II im X-Raum verschwunden war, in seinen Geist zu schleichen, und William verdrängte sie so vehement wie immer.
    »Weil Sie Angst haben«, sagte Leslie leise und blickte zu Boden. »Sie haben etwas erlebt, das Ihren Erfahrungshorizont übersteigt und Sie bis heute quält. Und Sie vermuten, dass Ihre telepathische Gabe dieses grauenvolle Erlebnis erst möglich gemacht hat. Deswegen verweigerten Sie jahrelang jeden Kontakt zur Außenwelt. Und Ihr Talent haben Sie bis heute nicht wieder angetastet.«
    »Soll das ein Vorwurf sein?« William hatte in Leslie immer einen verständnisvollen Gesprächspartner gehabt, doch nun spürte er eine unbekannte Spitze in seinen Worten. »Habe ich nicht regelmäßig Kontakt zu den Entitäten gesucht, den St.-Garran-Pfad bewandert?«
    Sofort hob der Abt die Hand. »Mitnichten, William. Glauben Sie mir, ich kann Ihr Verhalten nachvollziehen. Aber ich sehe auch, dass Abbos Tod Sie stärker belastet, als Sie sich eingestehen. Sie fürchten, dass …«
    »… ich mehr für ihn hätte tun können, schon im Vorfeld«, beendete William den Satz. »Wäre ich nicht so stur und feige, hätte ich mich längst der Erforschung der Telepathie-Gabe gestellt. Und dann hätte Mauritio vielleicht nicht sterben müssen. Vielleicht hätte er mehr über sich und seine Fähigkeiten gewusst und so seinen Tod verhindern können.«
    Leslie erhob sich und legte dem Mitbruder eine Hand auf die Schulter. »Es kommt der Moment, an dem sich manche Dinge nicht mehr verleugnen lassen, William. An dem selbst das geräumigste Schneckenhaus zu klein wird, egal, wie sehr man sich auch darin verkriechen will. Quälen Sie sich nicht mit indirekten Schuldzuweisungen. ›Was wäre gewesen, wenn‹ ist kein Spiel, das Ihnen hilft. Im Gegenteil. Aber vielleicht können Sie aus dieser tragischen Situation die Kraft schöpfen, sich dem zu stellen, das in Ihnen schlummert. Zu Ihrem Wohl, und zum Wohle aller. Ich würde es Ihnen wünschen, und wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Werden Sie aktiv. Nur so können Sie sich helfen.«
    Ohne ein weiteres Wort wandte sich der Abt zum Gehen und ließ William allein mit seinen Gedanken. Und mit der Erinnerung an den St.-Garran-Pfad.
     
    *
     
    Sie … sie brannte. Großer Gott, sie brannte!
    Das Haus war ein einziges Flammenmeer. Dachbalken gaben nach, stürzten laut krachend hinunter und begruben die wenigen, abgewetzten Möbelstücke unter sich. Funken flogen und versengten die Gardinen,
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