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Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Titel: Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes
Autoren: Anonymous
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Planke. Sie musste bei Kirchhoff bleiben, musste sich ihrer selbst bewusst bleiben, und einen Weg finden, die Reizüberflutung zu beenden, damit sie im Meer dieser fremden Erinnerungen nicht verloren ging.
    Damit die Stimmen nicht recht behielten.
    Emmas Augen öffneten sich ohne ihr Zutun, und irgendwo inmitten der zahllosen Bilder und Eindrücke, die sie sah und doch nicht sah, war auch das der Schwester, klar und deutlich. Kirchhoff beugte sich über die Pilotin, hantierte an irgendwelchen Gerätschaften, die außerhalb von Emmas Blickfeld lagen. Doch den weißen Kittel, den sie trug, sah Emma ganz deutlich.
    Und auch das kleine Laserskalpell in dessen Brusttasche.
    (SIE HALTEN DICH KLEIN UND GEBEN DIR MEDIZIN, DIE DICH NUR KRÄNKER MACHT! SIE WOLLEN, DASS DU WEHRLOS BIST!)
    »Aufhören.« Emma biss die Zähne zusammen, bis es knirschte. Blut schwappte aus ihrem Mund auf die blassen, aufgesprungenen Lippen, lief in einem dünnen Rinnsal über ihr Kinn und auf das dünne graue Hemd.
    (UND SIE GEWINNEN!)
    Nein!
    Sie durften nicht gewinnen. Niemand durfte über sie bestimmen, niemand für sie Entscheidungen treffen. Emma war stets ihr eigener Herr gewesen, und sie allein musste dafür sorgen, dass sie ihre Freiheit und Gesundheit wiederbekam. Sie musste einen Abfluss schaffen, einen Ausgang, durch den all die Fremdeindrücke wieder verschwinden konnten. Ohne einen zweiten Gedanken daran zu verschwenden, ließ die Pilotin ihren Arm vorschnellen, zog Schwester Kirchhoff das Laserskalpell aus der Kitteltasche – und hielt es sich an die Schläfe!
    Dorthin, wo all die fremden Erinnerungen gefangen waren, die ihren Geist zu sprengen drohten!
    Das Gerät summte leise, als Emma es einschaltete.
     
    *
     
    Sein Atem ging stoßweise, und dicke Schweißperlen tropften ihm über die Brauen in die Augen, verwirrten seinen Blick. Doch William Beaufort gab nicht auf. Weiter und immer weiter kletterte er an der schroffen Felswand hinauf, die vom Christophorer-Kloster fort und den St.-Garran-Krater hinauf führte. Keuchend griff William von einem Gesteinsvorsprung zum nächsten, spürte die brüchig anmutende Oberfläche der Wand unter seinen Fingern und presste sich dicht an den Fels. Jeder Muskel seines Körpers schien zu vibrieren, gleichzeitig entsetzt und begeistert ob der körperlichen Anstrengung, der er mit einem Mal ausgesetzt wurde.
    Das Haar klebte William auf der Stirn und die Rückseite der bequemen Kluft, die er vor seinem Aufbruch angezogen hatte, klebte auf seiner Haut. Die straff gezogenen Bänder, welche die Atemmaske, ohne die er in dieser Höhe kaum noch klettern konnte, am Platz hielten, schnitten in sein Fleisch. Und doch fühlte sich der 44-Jährige, der einst im irdischen North Carolina aufgewachsen war, so gut wie schon seit Tagen nicht mehr. Denn er pilgerte, war auf dem Weg. Einmal mehr.
    Vermutlich kannte niemand auf ganz Sirius III den St.-Garran-Pfad besser als William Beaufort, ging er ihn doch mindestens einmal pro Jahr, seitdem er vor fünfzehn Jahren jenes Erlebnis gehabt hatte. Die Gebirgswand hoch, dann auf die andere Seite und schließlich bis nach Hillarytown, wie die Siedlung hieß, in welcher der Pfad endete.
    Jeder Mönch des Klosters kannte die Geschichte dieses Pilgerweges, und doch setzten sich nur wenige regelmäßig seinen Strapazen aus. Es war nur wenigen im Kloster bekannt, aber die Entitäten, deren Vertreter der Klostergründer und Namensgeber Saint Garran einst auf diesem Pfad getroffen hatte, galten nicht mehr als Götter. Garran war noch überzeugt gewesen, es mit einem Schöpferwesen zu tun zu haben, als er seine Begegnung mit ihnen hatte. Doch die Christophorer hatten diese Theorie revidieren müssen.
    »Aber Garran«, murmelte William und reckte sich, um den nächsten Felsvorsprung zu erreichen, »hatte auch … mitunter verquere Ansichten vom Wesen der Dinge.«
    Auch dies war jedem bewusst, der in die Fußstapfen des Ordensvaters trat, doch sprach man nur selten darüber. Garrans gute Seiten hatten die fragwürdig-esoterischen, mit denen man ihn in manchen Gegenden der Solaren Welten noch immer gleichsetzte, stets überwogen.
    »Was kann ein Lebewesen nur so weit bringen? Wie verzweifelt muss man dafür sein?«
    Die Stimme war nur in seiner Erinnerung erklungen, und doch zuckte William zusammen, als habe er plötzlich Gesellschaft bekommen. Wie so oft, wenn er diesen Weg einschlug, wanderten seine Gedanken zu den Altsirianern, denen man das heutige, zerklüftete Antlitz des
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