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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde
Autoren: Michael Hübner
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Straße überquerte. Die Anwohner haben sofort den Notarzt gerufen, aber der konnte zehn Minuten später nur noch den Tod feststellen. Vom Unfallwagen und dem Fahrer fehlt jede Spur.«
    Die beiden schoben sich an mehreren Zivilbeamten vorbei auf den Rand der Absperrung zu.
    »Hallo, Sven«, grüßte einer der Männer. »Schickes Hemd.«
    Sven winkte genervt ab. Das Letzte, wonach ihm der Sinn stand, war ein Schlagabtausch mit einem geistigen Tiefflieger wie Klaus Rathke. »Wo ist der Haken?«, fragte er und wandte sich wieder Dennis zu.
    »Na ja, da wäre zunächst einmal die Vergangenheit des Opfers. Bei den Kollegen von der Trachtengruppe war Jensen kein Unbekannter. Ständige Kontakte zur Drogenszene, wurde mehrfach wegen Besitzes von Haschisch verhaftet. Außerdem noch Anzeigen wegen Körperverletzung und Diebstahl. Mehrere Jugendstrafen.« Dennis blätterte eine Seite seines Notizblockes um. »Am Tatort wurden keinerlei Reifenspuren gefunden. Wie mir die Jungs von der Spurensicherung bestätigten, wäre das bei einem Unfall ziemlich ausgeschlossen. Selbst wenn der Wagen ABS hat, würde eine Vollbremsung Spuren hinterlassen. Dann sind da noch Teile des Wagens, die wir gefunden haben. Zusammen mit den Lackspuren an Jensens Kleidung lassen sie darauf schließen, dass es sich bei dem Wagen um einen anthrazitfarbenen VW Golf handelt, vermutlich neueres Baujahr. Und nun rate mal, was für ein Auto bei den Kollegen vor etwa einer Stunde als gestohlen gemeldet wurde.«
    Sie blieben vor Jensens Leichnam stehen, der noch immer quer zur Fahrbahn lag. Er wurde von einem weißen Tuch verdeckt, das sich um den Kopf herum blutrot verfärbt hatte. Ein Polizeifotograf schoss emsig Fotos vom Tatort. Das grelle Blitzlicht zuckte durch die Dunkelheit und verwandelte die Umgebung für Sekundenbruchteile in ein farbloses Gemälde.
    »Ziemlich riskante Methode, jemanden aus dem Weg zu räumen, findest du nicht?« Es fiel Sven schwer, sein Desinteresse zu verbergen.
    »Nicht, wenn man will, dass es wie ein Unfall aussieht«, vertrat Dennis beharrlich seinen Standpunkt. »Kein Mord, keine Ermittlungen. Vielleicht will jemand vermeiden, dass wir im Fall Erik Jensen zu viele Fragen stellen.«
    Der gleichgültige Ausdruck in Svens Augen war noch immer da. »Vielleicht, klingt aber ziemlich unwahrscheinlich«, knurrte er halbherzig, wie jemand, der mit seinen Gedanken woanders war.
    Dennis seufzte enttäuscht. »Ich merke schon, es war ein Fehler, dich aus deinem Versteck zu holen«, gab er schroff zurück. »Wahrscheinlich willst du einfach, dass es unwahrscheinlich ist, damit du dich wieder in deine Höhle verkriechen kannst, um weiter deinen Kummer runterzuspülen.«
    Einen Moment lang herrschte Stille. Die Hitze im Blick der beiden Männer schien die in der Luft noch zu übertreffen.
    »Entschuldige«, lenkte Dennis schließlich ein. »Liegt bestimmt daran, dass ich seit Tagen nicht mehr geraucht habe.«
    »Schon gut, vergiss es.«
    »Das mit dir und Sandra tut mir wirklich leid. Ich weiß, du machst schwere Zeiten durch, und glaub mir, ich brauche dich hier. Oder glaubst du etwa, ich bin scharf darauf, mir das Wochenende mit diesem Blindgänger von Rathke um die Ohren zu schlagen? Aber ich kann verstehen, wenn du dich im Moment lieber raushalten willst.«
    »Nein, das ist es nicht«, erwiderte Sven, und seine Stimme verlor wieder an Kraft. »Vielleicht bin ich seit dem Heibel- Fall einfach nur vorsichtiger geworden.«
    Jedes Mal, wenn Sven diesen Namen aussprach oder auch nur an ihn dachte, verspürte er einen Druck in der Magengegend und glaubte, den Geruch von verfaultem Fleisch riechen zu können, der sich seit jenem Tag in der alten Scheune in den Tiefen seines Gewissens festgesetzt hatte.
    Dennis seufzte. »Das ist jetzt fast zwei Jahre her.«
    »Ja«, bestätigte Sven, während er an die vernichtenden Berichte von damals dachte, »aber du weißt ja, die Presse hat deswegen einen ziemlichen Rummel gemacht, und ich sehne mich nicht gerade danach, wieder in die Schlagzeilen zu kommen.«
    »Das würde Ihre berufliche Laufbahn wohl auch nicht noch einmal verkraften«, ließ sich eine sachliche Stimme vernehmen. Der Mann, zu dem sie gehörte, war groß und stämmig und hatte mittellange, dunkelblonde Haare. Sein Gesicht wirkte weich, aber dennoch entschlossen, und das breite Kinn wies ein kleines Grübchen auf, das ihn fast sympathisch erscheinen ließ. Verachtung legte sich wie ein dunkler Schatten über Svens Miene, als er sich
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