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Der Indianerlord

Der Indianerlord

Titel: Der Indianerlord
Autoren: Heather Graham
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Kapitel 1
     
    Spätsommer, 1875
     
    Der Allmächtige bestrafte sie. So einfach war das. Und so schrecklich.
    Ruckartig hielt die Kutsche, und Skylar fragte sich, ob sie die Todesart wirklich verdiente, die ihr nun drohte. Nein, niemand verdiente ein solches Schicksal. Und was sie getan hatte, war gewiss nicht so schlimm …
    Sie hatte die Indianer mit der bunten Kriegsbemalung auf den schnellen Ponys heransprengen sehen, den ungeheuerlichen Schlachtruf gehört und gebetet, die Postkutsche möge ihnen irgendwie entrinnen. Aber wie konnte der liebe Gott ihr Gebet erhören, nachdem sie jenen Betrug begangen hatte?
    Plötzlich wurde der Wagenschlag aufgerissen. Ein eiskalter Schauer fuhr ihr durch die Glieder, und das Sonnenlicht blendete sie. Aber was sie sah, genügte vollauf, um ihre Furcht in wilde Panik zu verwandeln.
    Ein riesiger Schatten füllte die Tür. Gewaltig, grauenhaft ...
    Dies war das Land der Sioux. Natürlich wusste sie, dass Wilde im Westen lebten und von der US-Army bekämpft wurden, die den Siedlern zu Hilfe geeilt war. Immer mehr Weiße zogen in die Badlands, wo man Gold gefunden hatte. Sie kannte auch all die Indianergeschichten. Im Osten erschienen zahllose Zeitungsartikel über die Komantschen, die Cheyennes, die Pawnees, die Crow, die Assiniboins ...
    Und die Sioux. Unentwegt drangen sie nach Westen vor und kämpften sich mit anderen Stämmen um die Jagdgründe. Den alten Traditionen treu, hetzten sie auf ihren Ponys hinter den Büffeln her, bemalten sich mit grellen Farben und erwarben sich in kühnen Schlachten höchste Ehre. Skylar hatte auch gehört, dass es gute Indianer gab, die sich nicht gegen die Weißen erhoben und in ihren Reservaten blieben. Doch die feindlich Gesinnten erkannten die vertraglich festgelegten Grenzen nicht an, überfielen die Siedlungen der Weißen und ermordeten sie, wann immer sich eine Gelegenheit bot. Und sie griffen Postkutschen an.
    O Gott, obwohl sie das alles wusste, war sie hierhergekommen.
    Sie hatte sich nicht gestattet, an die Indianer zu denken oder Angst zu empfinden. Sie hatte sich einfach nur an das Leben geklammert und was sie dazu getan hatte, war falsch gewesen. Um der Gefahr im Osten zu entfliehen, war sie zwei Wochen lang auf Umwegen nach Westen gereist, während eine Zugfahrt nur die halbe Zeit gekostet hätte.
    Und jetzt ... Sie blinzelte, versuchte die gigantische Gestalt in der Kutschentür klarer zu sehen. Unglaublich muskulös, bronzebraun. Ein bemaltes Gesicht, rot und schwarz. Glattes schwarzes Haar fiel auf die breiten Schultern, eine Rehlederhose umspannte die Schenkel, die Waden steckten in perlenbestickten Stiefeln. Auf der nackten Brust prangten schwarzrote Ornamente.
    Und ein Blick in seine glitzernden Augen erweckte in ihr eisige Todesangst. Nur zu deutlich erinnerte sie sich an all die Schauergeschichten über die Indianer, die mit Frauen und Kindern ebenso grausam verfuhren wie mit weißen Soldaten.
    Hatten sie vielleicht ein Recht dazu? Angeblich attackierte das Heer der United States die Indianerlager ebenso brutal. Überall rühmte man den jungen General Custer, der während des Krieges zwischen den Nord-und den Südstaaten solche glorreichen Taten begangen hatte. 1868 griff er am Washita River ein Cheyenne-Lager an und erzielte einen weiteren >grandiosen Sieg< für die Weißen - man hatte im Camp einige Habseligkeiten von massakrierten, Weißen gefunden. Aber es existierten auch Berichte über unschuldige, während des Angriffs skrupellos niedergemetzelte Indianerfrauen und -kinder.
    Aber sie hatte niemanden ermordet!
    Trotzdem stand nun ein roter Mann vor ihr, verdunkelte das Sonnenlicht und jagte ihr Todesangst ein. Aber es gelang ihr, einen hysterischen Schrei zu unterdrücken. Sie würde nicht kampflos sterben - und auch nicht versuchen, Mitleid zu erregen. Nach allem, was sie gehört hatte, würde dieser Indianer ihren Tod umso mehr genießen, wenn sie um Gnade flehte.
    Als er sie aus dem Wagen zerren wollte, erinnerte sie sich an ihre Hutnadel, zog sie blitzschnell heraus und zielte damit auf sein Auge. Bevor sie zustechen konnte, packte er ihr Handgelenk und drückte es so fest zusammen, dass ihre Knochen zu brechen drohten. Als sie einen Schmerzensschrei ausstieß, lockerte er seinen Griff ein wenig.
    Doch sie konnte sich nicht befreien. So verbissen sie sich auch wehrte, er zog sie aus der Kutsche. Durch Skylars heftigen Widerstand landeten beide auf dem staubigen Boden. In seinem Gürtel steckte ein Messer, was
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