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Sterben Sie blo nicht im Sommer

Sterben Sie blo nicht im Sommer

Titel: Sterben Sie blo nicht im Sommer
Autoren: Constanze Kleis
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nicht mehr in der Lage bin, Entscheidungen zu treffen?
    Es gibt noch sehr viele andere Situationen, in denen sie greifen sollte. Ganz banal etwa, wenn man auf einem Kreuzfahrtschiff festsitzt und wichtige Einschreiben mit Fristen nicht entgegennehmen kann. Ich habe in meiner Vorsorgevollmacht deshalb die Formulierung gewählt: »Im Innenverhältnis soll von dieser Vollmacht nur Gebrauch gemacht werden, wenn ich wegen Alters, Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage bin, meine Angelegenheiten selbst zu besorgen.«
    Wenn man neben der Vorsorgevollmacht auch noch eine Betreuungsverfügung aufsetzt, sollte man für diese Aufgabe eine weitere Person benennen?
    Wozu? Dieser Mensch, den ich einer Vorsorgevollmacht für würdig befunden habe, ist aus den gleichen Gründen für eine Betreuung bestens qualifiziert. In meinem Fall jedenfalls verfüge ich, dass genau dieser Mensch zu meinem Betreuer bestellt werden soll.
    Gibt es Empfehlungen, was diesen Menschen auszeichnen sollte?
    Idealerweise sollte derjenige natürlich eine Generation jünger sein. Viele nehmen da eines ihrer Kinder, mit dem sie sich besonders gut verstehen. Das sind aber nicht immer diejenigen, die am nächsten wohnen. Es gibt ja dieses Phänomen, dass man sich immer mit denen am besten versteht, die am weitesten entfernt sind. Ich habe schon erlebt, dass mir jemand sagte, meine Tochter in Australien soll die Vollmacht haben. Das geht natürlich nicht. Schon Paris geht nicht, auch nicht Freiburg, zum Beispiel, wenn man in Hessen lebt. Hat man keine Kinder, dann betraut man vielleicht einen guten Freund.
    Was spricht gegen einen Betreuer von Amts wegen?
    Dass er mich nicht kennt. Es gibt ja mittlerweile sogar Vereine, die solche Betreuungen – manchmal sogar hundertfach – übernehmen. Wie soll so jemand meine Interessen wahrnehmen? Oder umgekehrt: Wie soll derjenige nicht seine Interessen wahrnehmen?
    Wäre es überhaupt wünschenswert, wenn alle Menschen eine Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung haben?
    Vorsorge lässt sich wirklich sehr schlecht pauschalisieren. Es gibt ja unendlich viele Möglichkeiten bei den privaten Katastrophen. Es gibt den jungen Familienvater, der vielleicht einen schweren Motorradunfall hatte und nun im Sterben liegt. Dann die 80-jährige Großmutter, die einen Schlaganfall erlitten hat. Jeder Fall ist anders gelagert, und jeder Versuch, da ganz passgenau wirklich jede Eventualität zu berücksichtigen, ist eigentlich zum Scheitern verurteilt. Deshalb plädiere ich für Einfachheit.
    Ich würde umgekehrt denken: Da hilft vor allem Liebe zum Detail?
    Es ist doch so, dass Sie mit einer Vorsorgevollmacht einen Menschen bestimmt haben, der in Ihrem Sinne entscheidet. Mit dem Sie im Idealfall alles besprochen haben, der Sie kennt und eben auch weiß, was Sie wollen. Damit brauche ich dann in der Patientenverfügung keine epische Aufzählung aller Wechselfälle. So eine Patientenverfügung ist ja für den Fall gedacht, dass ich mich selbst nicht mehr äußern kann. Man kann aber alle möglichen tödlichen Krankheiten haben und trotzdem bis zum Schluss bei Bewusstsein sein. Und: Man kann Ärzten nicht zumuten, eine 23seitige Patientenverfügung zu studieren. Und das, worum es wirklich geht, steht am Ende gar nicht drin, weil ich ausgerechnet daran nicht gedacht habe.
    Wie stelle ich sicher, dass meinen Willensbekundungen auch Folge geleistet wird?
    Indem ich sie kurz und knapp halte. Indem sie leicht erreichbar sind. Ich trage zum Beispiel eine Kopie immer bei mir und jeder, der damit zu tun hat, weiß, wo das Original liegt. Und sie sollte notariell beglaubigt sein. Das ist wichtig. Nicht, um den Notaren Nahrung zu geben. Damit dokumentiere ich, es hat mich einer belehrt. Eine Amtsperson hat festgestellt, dass ich bei mir und nicht von Sinnen gewesen bin. Eine Vorsorge, damit nachher niemand behaupten kann, man sei beim Aufsetzen der Vollmacht und der Verfügung nicht ganz bei Verstand gewesen.
    Und wenn der Arzt sagt: Das geht wider meine Ethik?
    Natürlich braucht man letztlich auch Freunde und Verwandte, die sich durchsetzen können, und man braucht den richtigen Arzt. Aber letztlich ist das Gesetz heute so, dass eine Patientenverfügung bindend ist.
    Ist es nicht heikel, wenn alles in einer Hand liegt? Müsste man nicht auch fürchten, dass da einer schneller an sein Erbe möchte und meinen Willen etwas zu eigennützig auslegt?
    Das ist eine ganz wichtige Sache. Ich sage den Leuten oft: Haben Sie schon mal
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