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Sterben Sie blo nicht im Sommer

Sterben Sie blo nicht im Sommer

Titel: Sterben Sie blo nicht im Sommer
Autoren: Constanze Kleis
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Gehirns und/oder wenn unfall- oder krankheitsbedingt nach übereinstimmender Ansicht der mich behandelnden Ärzte keine Aussicht auf ein würdiges Weiterleben gegeben scheint, sollen bei mir keine Apparaturen und Medikamente eingesetzt oder Eingriffe vorgenommen werden, die lediglich lebensverlängernd wirken.
    (2) In diesem Falle wünsche ich weder Reanimation noch künstliche Ernährung gleich welcher Art, bitte aber dringend um eine schmerzstillende Medikation, auch wenn (dadurch bedingt) bei mir der Tod früher eintreten sollte.
    (3) Den Inhalt dieser Patientenverfügung habe ich mit meinem Hausarzt (meinem Pfarrer) Herrn / Frau
    Dr. med. Name, Vorname, Straße, PLZ , Ort, Telefon
    mehrfach eingehend besprochen. Mein Hausarzt (Pfarrer) kann jederzeit bestätigen, dass ich meinen Sterbewunsch wohl erwogen habe und dass ich es ernst meine. Ich unterschreibe diese Verfügung nach sorgfältiger Überlegung als Ausdruck meines Selbstbestimmungsrechtes.
    (4) Ich möchte in Würde sterben können, nach Möglichkeit in meiner vertrauten Umgebung und in der Nähe / im Kontakt mit meinen Angehörigen und meinen Freunden.
    Nicht einverstanden bin ich damit und widerspreche schon heute ausdrücklich, dass mir in der aktuellen Situation eine Änderung des heute bekundeten Willens unterstellt wird.
    PLZ , Ort, Datum,
    Unterschrift

Blinde Passagiere
    Wir waren dem Kürzel › MRSA ‹ gleich am ersten Tag der Reha begegnet. Es stand auf einem Zettel im Besucher- WC . Dort hieß es, Angestellte sollten diese Toilette nicht benutzen und Besucher sich auf jeden Fall die Hände waschen. Dann war in der Abteilung, in der meine Mutter liegt, ein Zimmer nach dem anderen zur Sperrzone erklärt worden. Wir sahen Besucher, die sich nur noch voll vermummt wie Fukushima-Arbeiter in die Zimmer ihrer Angehörigen begeben durften. Aber wir hatten uns darum nicht auch noch kümmern wollen. Nun war der reiselustige Keim fast am Ziel seiner Wanderung angekommen. Im vorletzten Zimmer des Flures, bei meiner Mutter. »Ach, das ist nicht weiter schlimm!«, behauptet die Schwester, als wir wissen wollen, was das nun bedeute. »Bei gesunden Menschen macht das gar nichts und bei Kranken bloß, wenn sie große Wunden haben.« Gäbe es im »Guinness-Buch der Rekorde« eine Rubrik für die Untertreibung des Jahrhunderts, hätte diese hier gerade die Pole-Position erreicht. › MRSA ‹ als harmlos zu bezeichnen ist, als wollte man Baschar al Assad für den Friedensnobelpreis vorschlagen. Nicht mal der deutsche Autoverkehr hat so viele Kerben in seinem Colt wie diese vier Buchstaben. Und was die Hysterie um die Vogel- oder Schweinegrippe anbelangt, so muss man sagen: Diese beiden sind blutige Anfänger gegen die »Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus«-Stämme, so MRSA mit vollem Namen. Es handelt sich um Bakterien auf Haut und Schleimhäuten bei Mensch und Tier. Gewöhnlich bilden sie mit anderen Bakterienarten die natürliche Besiedlung unter anderem des Nasen-Rachen-Raumes und verursachen im Prinzip keine Probleme. Viele gesunde Menschen sind Träger von Staphylokokken-Bakterien, ohne dass sie es wissen und ohne dass es nachteilige Folgen hätte. Wenn diese Hautkeime jedoch die Haut- oder Schleimhaut-Barriere durchbrechen, in Wunden gelangen, zum Beispiel bei Operationen, bei »offenen Beinen«, in den Körper kommen über Katheter oder Beatmungsschläuche, können sie Entzündungen und Eiterungen hervorrufen. Normalerweise könnten diese Infektionen gut mit Antibiotika behandelt werden. Wären die Stämme nicht resistent. Nicht nur gegen Methicillin und alle anderen Antibiotika in der Klasse der beta-Laktam-Antibiotika, der wichtigsten Antibiotikaklasse für die Behandlung von Staphylokokken-Infektionen, sondern sie sind oft auch mehrfachresistent gegen weitere Antibiotikaklassen.
    Wen es erwischt, dessen Wunden heilen einfach nicht mehr, so wie bei einem Freund meiner Eltern. Er hatte Magenkrebs, starb aber daran, dass der Erreger seine Operationsnarbe auflöste, bis sie faktisch auseinanderfiel und die Entzündung nicht mehr einzudämmen war. Andere verlieren ›nur‹ Arme und Beine. Es kann zu Hautgeschwüren, Lungenentzündungen, Harnweginfektionen kommen. Praktisch vermag die Entzündung jedes Organ in Mitleidenschaft zu ziehen. Und man kann nichts dagegen tun, weil eben die Erreger ›multiresistent‹ sind und sich in einem beängstigenden Tempo an immer neue Wirkstoffe anpassen. Erst kürzlich wurde die Zahl der geschätzten
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