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Steinbrück - Die Biografie

Steinbrück - Die Biografie

Titel: Steinbrück - Die Biografie
Autoren: Daniel Goffart
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Merkel wecken und in letzter Minute den sicher geglaubten Sieg von Union und FDP verhindern konnte. Die anschließende Große Koalition trug dann bekanntlich dazu bei, dass die CDU-Vorsitzende als Kanzlerin beim Thema Marktwirtschaft wieder einen deutlich sozialeren Akzent setzte.
    Anders als bei Subventionsstreichungen weiß Steinrück bei einem anderen Thema die Partei hinter sich: Die Europapolitik ist einwichtiger Baustein des SPD-Wahlprogramms. Hier müsste er allerdings als Spitzenkandidat der Sozialdemokraten ein wahres Kunststück vollbringen, wenn er gegen Kanzlerin Merkel punkten will. Das liegt nicht nur an der guten Zusammenarbeit während der Großen Koalition, sondern auch an Merkels internationalem Renommee. Die meisten Bürger wissen, dass er mit ihr in der Großen Koalition gut und vertrauensvoll regiert hat. Es gibt zahlreiche Zitate in Interviews und Reden, in denen Steinbrück die Kanzlerin ausdrücklich lobt – auch noch nach der verlorenen Wahl 2005. »Ich würde natürlich keine Steine nach ihr werfen«, kündigt Steinbrück an, »das wäre nicht sehr glaubwürdig.« Auch ihre persönliche Integrität werde er selbst in hitzigsten Wahlkampfschlachten nicht angreifen. Sein Respekt für Merkel ist echt, das merkt man immer wieder. Eine Schlammschlacht zwischen ihm und der Kanzlerin wird 2013 nicht stattfinden. Was Steinbrück natürlich nicht davon abhalten würde, sie bei der Europapolitik auf ihre Widersprüche, Irrtümer und ihre zahlreichen Kehrtwendungen aufmerksam zu machen. In der Tat liegen zwischen Merkels Satz »Kein Euro für die Bezahlung griechischer Schulden« und der heutigen Situation ja schon gewaltige Kurskorrekturen.
    Allerdings ist die Kanzlerin in den Augen der meisten Deutschen gut damit gefahren, sich nicht allzu nachgiebig zu zeigen. Ihre Taktik, Hilfe immer an strenge Auflagen zu binden und damit die Sorgenkinder der EU endlich an eine notwendige Haushaltsdisziplin zu binden, findet weitgehenden Anklang. Die Position der SPD hingegen, sich aus Solidarität mit den Problemländern grundsätzlich generöser zu zeigen, stößt bei den Deutschen eher auf Skepsis. Das gilt auch für den von anderen EU-Ländern oft geäußerten Vorschlag, zur Lösung der Probleme Eurobonds einzuführen. Merkel und die CDU sperren sich, die SPD ist dafür. Mit solchen Gemeinschaftsanleihen, für die alle Mitglieder der Währungsunion haften würden, könnte die Zinslast für die Problemstaaten deutlich gesenkt werden. Deutschland aber würde als Gemeinschaftsschuldner seine Topbonität verlieren und müsste für Staatsanleihen künftig deutlich höhere Zinsen akzeptieren.
    Steinbrück hält dagegen, dass der negative Effekt nicht so groß sei, wie gerne behauptet wird. Er glaubt vielmehr, dass die Ausgabe von Eurobonds das Vertrauen der Märkte stabilisiert und zudem ein riesiger Anleihemarkt entsteht, dessen Zinsen deutlich niedriger ausfallen würden. Außerdem könne der Eurorettungsfonds EFSF schon jetzt auf dem Sekundärmarkt Staatsanleihen aufkaufen, was dem Eurobond sehr nahe komme. Weil er aber nur zu gut weiß, dass Eurobonds nicht gerade ein Wahlkampfschlager wären, wird er auf diesem Thema im Wahlkampf kaum sonderlich herumreiten. Zudem bleibt ein Angriff auf Merkel, die in Europa immer noch höchsten Respekt genießt, gerade für ihn ein heikles Unterfangen.
    Während Steinbrück bei Steuer- und Finanzfragen stets festen Boden unter den Füßen hat, muss er sich bei sozialen und gesellschaftspolitischen Themen vorsichtiger vortasten als es sonst seine Art ist. Das ist erkennbar nicht sein ureigenes Terrain, doch er darf es nicht ausblenden. So sehr die schwelende Eurokrise auch die Schlagzeilen der Medien dominiert – noch ist längst nicht ausgemacht, ob die schwächelnde Gemeinschaftswährung auch das wirklich entscheidende Thema des Bundestagswahlkampfs 2013 bilden wird. Deshalb dürfen für das Kräftemessen mit Merkel andere Themen nicht vernachlässigt werden. So drängt SPD-Chef Gabriel sehr darauf, sozialpolitische Fragen stärker in den Vordergrund zu stellen. Sein Kalkül: Es wird der SPD leichter fallen, einen originär sozialdemokratischen Gerechtigkeitswahlkampf gegen Merkel und die CDU zu führen, als die populäre Kanzlerin auf dem Feld der Europapolitik anzugreifen. Die Überschrift für eine solche Kampagne könnte »Spaltung der Gesellschaft« heißen. Politische Anknüpfungspunkte gibt es genug. Vor allem im Arbeitsleben wächst die Zahl der Menschen, die sich
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