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Stein der Dämonen

Stein der Dämonen

Titel: Stein der Dämonen
Autoren: Hubert Haensel
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sich jedoch davor, in die Nähe von dessen Schnabel zu kommen. Auf den Heymal brauchte er nicht mehr zu achten. Hark hatte mittlerweile dafür gesorgt, dass der Krieger während der nächsten Monde kein Schwert mehr führen konnte.
    Das Orhako stieß ein drohendes Krächzen aus und stellte die Kopffedern noch steiler auf. Mit aller Kraft zwängte es sich durch das entstandene Loch, wobei seine Krallen laut über den gefrorenen Hof scharrten. Und wieder rief jemand unverständliche Befehle.
    Da die Heymals mindestens zu dritt gewesen waren, musste Mythor mit derselben Anzahl von Kampfvögeln rechnen.
    Er schwang Alton mit aller Kraft, deren er noch fähig war. Das Gläserne Schwert ließ ein durchdringendes Wehklagen hören.
    Das Orhako schrie gellend auf, als die Schwertspitze quer über seinen Hals schnitt und dann an der Unterseite des Schnabels abglitt. Der Kopf des Tieres fuhr hoch, riss die halbe Wand mit sich.
    Mythor setzte nach. Unmittelbar über sich sah er jetzt das Brustgefieder des Vogels. Schräg von unten stieß er mit Alton zu, und die leuchtende Klinge drang tief zwischen die Flügelstummel. Der weit aufgerissene Schnabel, der gleichzeitig auf ihn herabfuhr, verfehlte ihn nur um Haaresbreite.
    Mythor sah die funkelnden Augen des Tieres direkt vor sich. Seine Linke bekam einen Mauerstein zu fassen, und noch während er zur Seite sprang, schleuderte er ihn hoch und traf, und das Orhako bäumte sich geblendet auf.
    Abermals zischte Alton klagend durch die Luft und bohrte sich in die Kehle des Tieres.
    Ein letztes Zittern durchlief den mächtigen Körper, ein Aufbäumen, in dem die Lebensgeister durch die tödliche Wunde flohen. Das Gläserne Schwert wurde Mythor beinahe aus der Hand gewirbelt. Dann stürzte das Orhako. Seine zuckenden Läufe vollendeten das Werk der Vernichtung und legten das halbe Haus in Trümmer.
    Mythor hörte ein ängstliches Wiehern hinter sich. Ein grauer Schemen huschte an ihm vorbei, gefolgt von dem Einhorn, das ebenfalls aus dem zusammenbrechenden Gemäuer hervorstürmte.
    Aber da war noch etwas.
    Aus den Augenwinkeln heraus gewahrte Mythor einen Schatten und warf sich instinktiv zurück. Dort, wo er eben noch gestanden hatte, bohrte sich eine gefiederte Lanze in das aufgewühlte Erdreich.
    Bevor er Alton hochreißen konnte, war der Reiter schon im Schutz der Nacht verschwunden.
    Alles in Mythor war angespannte Erwartung, aber ein zweiter Angriff blieb aus. Der Heymal, dessen Tier eines der schnellen, aber weniger streitbaren Diatren gewesen war, würde wohl in Kürze mit einer unbesiegbaren Übermacht wiederkehren.
    Mythor wischte die blutige Klinge im Schnee ab und schob das Gläserne Schwert dann in den Gürtel. Er hatte nicht vor, sich auf einen aussichtslosen und in seinen Augen unnötigen Kampf einzulassen, denn die Heymals stritten wie er für die Werte der Lichtwelt. Ihre Beweggründe mochten von den seinen nicht einmal so verschieden sein, wie es vielleicht den Anschein hatte, glaubten sie doch an ihren Gottkönig Hadamur als den rechtmäßigen Nachfolger des Lichtboten. Nur weil Mythor das Sakrileg begangen hatte, sich Hrobon gegenüber als Sohn des Kometen zu erkennen zu geben, hatte er dessen Feindschaft heraufbeschworen.
    Wie eine aus schwarzem Marmor gehauene Statue stand Pandor vor ihm. Das Horn auf seiner Stirn leuchtete fahl durch die Finsternis. Mythor schwang sich in den Sattel.
    Einen Herzschlag später hatte auch ihn das Schneetreiben verschluckt. Die Spuren von Einhorn und Bitterwolf verwehte der Wind. Niemand würde zu sagen vermögen, in welche Richtung er sich gewandt hatte.
    *
    Mit einem Geräusch wie von zerspringendem Glas verschoben sich die versteinerten Pflanzen gegeneinander.
    Überhaupt wirkte das im Lauf von mehr als einem Dutzend Jahren aus unfruchtbarem Boden gewachsene Gebirge wie die Küstenlandschaft eines Meeres, dessen düster gefärbte Korallenbänke in zähem Ringen Schritt um Schritt für sich eroberten. Sie mochten dafür eine Ewigkeit Zeit haben.
    Aber auch die Menschen kämpften um jeden Fußbreit des Landes, das einst ihnen und ihren Herden gehört hatte, nun aber durch die dämonische Saat in zwei Hälften gespalten war. Es schien ein aussichtsloser Kampf, der Leid und Tränen, Tod und Verzweiflung mit sich brachte.
    Die Brücke aus roh zugehauenen Balken erzitterte wie unter schweren Schlägen. Eine der seitlichen Verstrebungen brach knirschend aus ihrer Verankerung, hing für einen kurzen Moment frei schwebend in der Luft und
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