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Stein der Dämonen

Stein der Dämonen

Titel: Stein der Dämonen
Autoren: Hubert Haensel
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Flackernde Schatten huschten durch den Raum, ruhelose Schemen, die zweifellos der Düsterzone entstammten.
    Der Magier hatte das Gefühl, in ein Meer der Stille hinab zu tauchen, als er sich nach der Öffnung des Schneckenhauses bückte. Düsternis wallte ihm entgegen. Er wusste, dass sich in diesem Moment die von ihm herbeigerufenen Schatten vor dem Kamin drängten und das Feuer darin erstickten. Dennoch wurde es nicht völlig dunkel in dem fensterlosen Raum.
    Das Tosen ferner, sturmgepeitschter See drang jetzt an das Ohr des Magiers. Er bediente sich der Kräfte, die auf ihn überströmten, ohne eigentlich zu wissen, was er damit auslöste. Irgendeine innere Stimme warnte ihn davor, dass er mit jedem Blick, den er in die Zukunft warf, mehr den Mächten des Bösen verfiel. Aber wie stets hörte er nicht darauf. Das Geschehen schlug ihn in seinen Bann.
    Her Thylon fühlte sich plötzlich unsagbar leicht. Er glaubte zu schweben, frei wie ein Vogel dem Firmament entgegen, von dessen samtener Schwärze die Sichel des abnehmenden Mondes gleißte. Weit in der Ferne sah er das Band der Himmelssteine, von denen er nicht wusste, was sie darstellten. Dieses Spiel von Licht und Schatten faszinierte ihn. Dort war das Reich der Finsternis.
    Der Magier vermeinte Stimmen zu hören, als das Rauschen endlich leiser wurde – menschliche Stimmen, die sich miteinander unterhielten. Aber noch konnte er nicht verstehen, was sie sagten, er wusste nur, dass eine dieser Stimmen dem Fischer Rochad gehörte.
    Thylon erkannte die Gefahr, als er das ausgefranste Ende eines Seiles sah. Und dann kamen sie…
    Es waren viele, und nie zuvor hatten sie in solcher Anzahl angegriffen. Die Brücke erzitterte unter der Gewalt ihrer Schläge. Schleimige Körper wälzten sich über die hölzernen Bohlen. Entsetzen zeichnete sich in den Gesichtern der Menschen ab, denen der Rückweg abgeschnitten war.
    Ausgerechnet mit Rochad verband Thylon ein inniges Verhältnis, denn der Fischer hatte ihn bei sich aufgenommen, als jeder den Magier wie einen Aussätzigen behandelte.
    »Ich muss ihn warnen!« murmelte Her.
    Schlagartig verblasste die Vision. Nur noch Düsternis erfüllte den Raum.
    Als Thylon sich zögernd aus dem Gehäuse zurückzog, versagten ihm die Beine den Dienst. Schweißüberströmt brach er zusammen. Er nahm nicht mehr wahr, dass die Schatten ihn gierig umtanzten und sich auf ihn herabsenkten. Das Böse, das er immer wieder gerufen hatte, schickte sich an, von seinem Körper Besitz zu ergreifen.
    *
    Undeutlich zeichneten sich am Horizont die Umrisse einiger Reiter ab. Das Land, das eben war und ohne nennenswerte Erhebungen, machte es schwer, die Entfernung abzuschätzen. Zudem verschwammen die Verfolger fast mit den tief hängenden Wolkenbänken.
    Es würde Schnee geben, viel Schnee möglicherweise, denn die Sonne war von einem stechenden, beinahe violetten Schein. Aber das konnte Mythor nur recht sein. Ein Wettersturz, der mit heftigen Stürmen einherging, würde seine Spuren verwischen und es jedem schwermachen, ihn aufzuspüren.
    Pandor schnaubte leise. Sein dichtes schwarzes Fell glänzte von Schweiß, denn ein scharfer Ritt lag hinter ihm.
    Mythor würde das Einhorn abreiben müssen, wenn wirklich die Kälte hereinbrach, wie er befürchtete.
    Als sein Blick wieder über die Steppe huschte, waren die Reiter verschwunden. Wer immer ihm folgte, er konnte nichts Gutes im Schilde führen.
    Vielleicht die drei von Drudins Dämon gelenkten Todesreiter, denen er in der Oase erstmals begegnet war? Doch sie hätten es wohl besser verstanden, sich seinen Blicken zu entziehen.
    Oder Hrobon, von dem er in Unfrieden geschieden war, und seine Krieger?
    Der Wind frischte auf. Er brachte Staub mit, der in die Kleider kroch und das Atmen zur Qual machte. Auch jetzt verspürte Mythor wieder die drängenden Einflüsterungen seines Helmes, die ihn gen Sonnenaufgang wiesen. Seit seinem überstürzten Aufbruch vom Orakel von Theran waren sie laufend stärker geworden. Und mehr als nur einmal war der Kämpfer des Lichtes versucht gewesen, ihnen nachzugeben.
    Aber die Straße des Bösen lag im Westen. Wenn er das Geheimnis seiner Herkunft lösen wollte, musste er dorthin. Und letztlich war ausschlaggebend gewesen, dass auch seine Tiere in diese Richtung drängten, allen voran der Bitterwolf. Konnte Hark ihn zu jener Stelle der Yarl-Straße führen, wo er einst als Kind von den Marn aufgefunden worden war?
    Die Dämmerung senkte sich auf die Steppe, als erste große
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