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Blackout

Blackout

Titel: Blackout
Autoren: Frank Böhm
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Wo war ich?
    Mitten in der Nacht wurde ich wach. Ich wusste nicht, wo ich mich befand. Ich schlug die Augen auf, um mich herum war alles dunkel. Von Weitem konnte ich die rote Digitalanzeige eines Radioweckers erkennen. Sie zeigte 03:42 Uhr. Wo war ich? Ich hatte keine Ahnung. Neben mir hörte ich jemanden atmen. Eine schlafende Person. Ich tastete mit meinen Händen meinen Körper ab und stellte fest, dass ich nackt war. Splitterfasernackt, so wie Gott mich geschaffen hatte. „Okay!“, dachte ich. „Streng deine grauen Zellen an. Wo warst du gestern?“ Mein Kopf dröhnte und ich musste pinkeln wie ein Stier. Ich hatte jedoch nicht den geringsten blassen Schimmer, wie ich zur Toilette kommen sollte geschweige denn ich wo ich irgendein Mittelchen gegen meine Schmerzen finden würde. Ich lag auf dem Rücken, neben mir räusperte sich mein „Bettgefährte“. Ich erschrak, denn die Stimme hörte sich männlich an. „Meine Güte, was habe ich getan?“, flüsterte ich leise über meine Lippen. Da ich kaum noch an mir halten konnte, stand ich auf und tastete mich vorsichtig aus dem Raum. Noch immer hämmerte es in meinem Schädel, als würde ein Presslufthammer auf mich einwirken. Meine Hände erklommen nach kurzem Suchen einen Türgriff. Langsam drückte ich ihn herunter. Dann befand ich mich auf dem Flur. Ich knipste das Licht an und begann, schlagartig zu blinzeln. Vor mir lag eine schöne Wohnung. Hell, freundlich, sauber und modern eingerichtet. Die Tür zum Bad stand offen. Ich ging hinein, schloss sie hinter mir zu und setzte mich aufs Klo. Ich war zu fertig um im Stehen zu pinkeln. Mein Blick hing auf meinen Füßen. Langsam hatte ich mich an das Licht gewöhnt. Mein Kopf richtete sich auf. Ich schaute auf die Badewanne mit den blankgeputzten Armaturen. Es wirkte alles so säuberlich und rein – fast steril. „Donnerwetter!“, sagte ich zu mir. „Der hat bestimmt ne Putzfrau!“. Meine Blase entleerte sich nur langsam. Ich verschränkte die Arme und legte meinen noch immer heftig schmerzenden Kopf darauf ab. Ich konnte den Geruch meiner Pisse riechen. Das ekelte mich an, deshalb verharrte ich nicht in dieser Position, sondern beeilte mich, fertig zu werden. Ich stand auf, putzte meinen Schwanz mit einem Stück Papier trocken, spülte und wusch mir ausgiebig die Hände. Als ich in den Spiegel schaute, bekam ich Angst vor mir selbst. Meine Augenringe waren so groß wie ein Pfannkuchen und meine Haare sahen aus wie mit der Wasserpumpenzange gekämmt. Mein Körper war schweißnass und kreidebleich. In diesem Moment fand ich mich alles andere als attraktiv, am liebsten hätte ich mich vor mir selbst versteckt. Aber ich war völlig unbekleidet in einer fremden Wohnung eines Mannes den ich ebenfalls nicht kannte – zumindest konnte ich mich nicht an ihn erinnern, so sehr ich mich auch anstrengte, es fiel mir nichts dazu ein. Für einen Augenblick dachte ich daran, nach meinen Klamotten zu suchen, mich anzuziehen und ohne etwas zu sagen aus der Wohnung zu flüchten, da ich jedoch weder mein Hemd geschweige denn meine Hose fand, verwarf ich den Gedanken und legte mich wieder neben dem immer noch schlafenden Etwas. Ich hätte es in meinem Zustand sowieso nicht nach Hause geschafft. Ich blickte erneut auf den Radiowecker. Das Ziffernblatt zeigte 04:14 Uhr. Ich hatte tatsächlich über eine halbe Stunde gebraucht, den Mut zu fassen, aufzustehen, meine Blase zu entleeren, völlig verwirrt in den Spiegel zu schauen und festzustellen, dass ich völlig im Arsch war. Und ob irgendetwas in meinem Arsch war, das entzog sich völlig meiner Kenntnis. Zu gern hätte ich ja ein Gesicht zu dem Typen gehabt, der neben mir lag. Ich habe mir jedoch nicht getraut, das Licht anzustellen. Also blieb ich bis zum Sonnenaufgang still liegen. Irgendwann würde ich meine Antwort schon bekommen. Was war nur geschehen? Mir fiel es nicht ein.
     Plötzlich vernahm ich ein schrilles, ohrenbetäubendes Geräusch. Im Raum war es hell, der Wecker stöhnte einen langatmigen, übellaunigen Ton aus sich heraus. Furchtbar! Ich war wieder eingeschlafen, ohne das ich es wollte. Neben mir schlug eine Hand auf das Teil ein. Gepflegte Finger schnippten gekonnt ein Knöpfchen nach oben und sorgten für unmittelbare Ruhe. Weshalb konnte dieser Typ sich nicht vom Radioprogramm wecken lassen? Blonde kurze Haare und muskulöser, braun gebrannter Rücken, gut gebaut, der Kopf drehte sich zu mir, weiße Zähne und strahlend blaue Augen blitzten mich an. Ein
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