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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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des Hauses.) Insbesondere der Verzehr der indischen Kostbarkeiten sorgt bereits am Abend für ein spürbares Umsatzplus im Bereich des Bierkonsums. Lothar schaut mich anerkennend an. Ich wüsste, wie man Geschäfte macht.
10. April 1993
    Das Stammpublikum unseres Ex-Theaters ist froh, im Knusperhäuschen einen neuen Treffpunkt gefunden zu haben. Abends ist die Kneipe ganz gut gefüllt. Theo und sein Kumpel sind natürlichauch da. Sie staunen nicht schlecht, im Knusperhäuschen eine für sie völlig neue Spezies zu entdecken: Frauen. Lothar lobt mich. So würde man es machen. Neue Gäste gewinnen, ohne die Stammkunden zu vergraulen.
17. April 1993
    Erster Auftritt von »Profi und Andy« im Knusperhäuschen. Die Bude ist voll. Pendle zwischen der Küche, wo ich Frikadellen brate, der Bühne und dem Tresen hin und her. Die Kombination Küche/Zapfhahn/Bühne gefällt mir als neuer Arbeitsplatz ausgesprochen gut (bereits ein Kilo zugenommen). Lothar ist zufrieden. Machen erst um fünf Uhr morgens zu.
24. April 1993
    Haben die Speisekarte erweitert. Neben Frikadelle mit Brot haben wir jetzt auch Bockwurst im Angebot.
30. April 1993
    Tanz in den Mai. Das Knusperhäuschen platzt aus allen Nähten. Ich übrigens auch (drei Kilo zugenommen). Weil wir alle Hände voll mit Zapfen und Kochen zu tun haben (die Speisekarte wurde um Bohneneintopf ergänzt), findet heute ein Gastauftritt im ehemaligen Billardzimmer statt. Ein kleiner Mann aus Bonn steht auf der Bühne und erzählt lustige Sachen. Bernhard Hoëcker. Aus dem Mann könnte was werden.
15. Mai 1993
    Der kleine Mann hat einen Kumpel mitgebracht. Bastian Pastewka. Auch nicht schlecht ...
4. Juni 1993
    Der Laden brummt. Kurz vor Feierabend (fünf Uhr) zapfe ich für einen Gast das letzte Pils. Der Gast spricht mich an. Ich hätte jaecht Talent. Räume ein, im Selbstversuch lange geübt zu haben, bis ich in der Lage gewesen sei, so ein Pils zu zapfen. Er würde weniger das Pils meinen als vielmehr mein Talent, die Leute zu unterhalten. Und ob ich nicht mal Lust hätte, auf einer richtig großen Bühne zu spielen. Noch größer als ein Billardzimmer? Der Mann nickt. Bin aufgeregt. So aufgeregt, dass ich das nächste Pils vergeige und selber trinken muss. Der Mann fährt fort. Man plane im Theater am Tanzbrunnen ein Musical. Chachacha . Allerdings seien die drei Hauptdarstellerinnen mitunter etwas kapriziös, vor allem was ihre Kostüme anginge, und deshalb käme es teilweise zwischen den einzelnen Nummern zu längeren Umziehpausen. Ob ich mir vorstellen könnte, in diesen Pausen das Publikum ein wenig zu unterhalten? Klar kann ich mir das vorstellen. Doch dann fällt mir ein, dass ich unmöglich die Kneipe allein lassen kann. Das sei kein Problem, meint der Mann, das Musical würde ja nicht so oft gespielt. Nur vier Mal die Woche. Von acht bis halb elf. Ich wäre dann spätestens gegen elf wieder im Knusperhäuschen und könnte zapfen. Klingt realistisch. Verspreche, mir die Sache einmal anzusehen. Wer weiß? Vielleicht werd ich ja mal Musicalstar. Muss an Cats denken. Überlege, wie ich mich in einem hautengen Katzenkostüm machen würde ...
12. Juni 1993
    Was der Mann verschwiegen hat, ist die Tatsache, dass die Proben schon um 15 Uhr beginnen. Proben waren für mich immer schon überflüssig, aber ich singe ja auch nicht. Am meisten Zeit nimmt der Soundcheck in Anspruch. Da sind Sängerinnen wohl sehr empfindlich. Vor allem, wenn sie aus den USA kommen, so wie unsere.
    Soundcheck. Andy sitzt am Pult. (Da man noch einen Techniker brauchte, hab ich ihn kurzerhand mitgebracht.) Die Band spielt. Sängerin eins trällert und bricht ab. (Ihre Miene erinnert mich irgendwie an einen Kunstdruck, der früher im Flurmeiner Eltern hing. Ich glaube, Der Schrei von Edvard Munch.) Die Sängerin wendet sich mit vorwurfsvoller Geste an Andy.
    »A little bit warmer, please.«
    Andy dreht an einem Knöpfchen. Musik. Geträller. Abbruch. Munch-Gesicht.
    »A little bit warmer, please.«
    Knöpfchendrehen. Musik. Geträller. Ich höre null Unterschied. Sängerin eins schon. Abbruch. Munch-Gesicht.
    »Yes. Better. But a little, little bit warmer, please.«
    So geht das eine Stunde lang. Irgendwann gibt Diva Nummer eins sich zufrieden. Soundcheck für Diva Nummer zwei. Musik. Geträller. Abbruch. Munch-Gesicht.
    »Oh no! A little bit colder please!«
    Andy schaut mich traurig an. Gehe in die Kantine und trinke ein Pils. Da die hier kein Pils zapfen können, zapf ich mir selber eins. Drei Stunden
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