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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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feiern, widmen wir uns ein letztes Mal ausgiebig unserem Getränkebereich.

47. Knusperhäuschen und der Kontakt zum TV

21. März 1993
    Seit der Schließung des k-buff fehlt mir was. Hatte mich an die regelmäßigen Auftritte und die anschließenden Feiern in unserem Getränkebereich sehr gewöhnt und fühlte mich dort fast schon wie zuhause. Es ist, als wäre ein Stück von mir gegangen, und ich versinke in tiefer Trauer.
31. März 1993
    Bekomme einen Anruf. Eine Stimme namens Lothar fragt, ob ich schon mal was vom Knusperhäuschen gehört hätte. Will der Typ mich verarschen? Ruft mitten in meiner Trauerphase an und erzählt mir was von Märchen? Lothar klärt mich auf. Das Knusperhäuschen sei eine alteingesessene Kneipe in St. Augustin, und er sei der neue Pächter. Er hätte gehört, dass wir unser Theater hätten schließen müssen wegen ... wegen was denn eigentlich? Ähm, ja ... es hätte gewisse Differenzen mit der Stadt gegeben, aber nichts Dramatisches. Warum er fragen würde. Es sei so, fährt er fort, dass sein Knusperhäuschen zwar sehr erfolgreich liefe, aber nicht ganz so erfolgreich, wie er sich das vorgestellt hätte, und ob ich nicht Lust hätte mit einzusteigen.Das k-buff sei ja ganz gut gelaufen und ich könnte meine Erfahrung im Unterhaltungssektor mit einfließen lassen, um die Kneipe noch erfolgreicher zu machen. Frage ihn, was er unter »noch erfolgreicher« verstünde. Erfolgreicher als jetzt, bekomme ich zur Antwort. Gott, muss man dem Typen aber auch alles aus der Nase ziehen? Hake nach und will wissen, wie erfolgreich sie denn JETZT sei. Lothar wird etwas kleinlauter. Also, er hätte schon mehrere Stammgäste. Zwei, um genau zu sein. Der eine würde abends immerhin bis zu zwölf Herrengedecke verzehren (Bier & Korn), der andere käme im Schnitt nur auf neun, würde dafür aber eine warme Mahlzeit bestellen. Eine Frikadelle. Mit Brot! Denke nach. Scheint ja ordentlich zu brummen, sein Laden. Trotzdem ist mir die Sache irgendwie sympathisch. Wahrscheinlich, weil ich glaube, in Lothar einen Seelenverwandten zu erkennen. Ich weiß nicht, was mich reitet, aber ich verspreche ihm, mir den Laden einmal näher anzusehen.
3. April 1993
    Samstags zur besten Kneipenzeit betrete ich das Knusperhäuschen. Komme kaum in die Kneipe. Nicht, weil sie überfüllt ist, sondern weil die Tür klemmt. Drinnen spielt James Brown. An der Theke sitzen zwei ältere Männer. Das müssen die Stammgäste sein, von denen Lothar sprach. Ansonsten ist der Laden leer. Lothar begrüßt mich. Frage ihn, ob er trotz des momentanen Hochbetriebs ein wenig von seiner knappen Zeit abzwacken könnte, um mir die Kneipe mal zu zeigen. Klar. Lothar macht eine Führung. Wir beginnen in der Küche. Tip top. Auf dem Herd steht eine Pfanne mit zwei Frikadellen. Lothar scheint nicht wirklich mit weiteren Gästen zu rechnen. Die Toiletten machen einen super Eindruck. Im Gegensatz zum k-buff gibt es hier getrennte Toiletten für Damen und Herren. Dann zeigt Lothar mir die Perle des Knusperhäuschens. Den Billardraum. Riesengroß. In meiner Vorstellung sehe ich eine Bühne ... ein bisschen Farbe ...ein, zwei Sauerkrautdosenscheinwerfer ... Lothar bemerkt meine Begeisterung. Er hätte sich so was gedacht, ich sei ja so eine Art Künstler, und vielleicht könnte man hier im Knusperhäuschen ja so was Ähnliches aufziehen wie im k-buff. Frage, ob er genügend Parkplätze hätte, die seien nämlich existentiell für einen Kulturbetrieb. Lothar nickt. Das sei kein Problem, vor dem Haus sei Stellfläche für mindestens zwanzig PKW. Nicht schlecht. Lothar fährt fort. Das Knusperhäuschen hätte noch einen weiteren Vorteil. Da fünfzig Prozent seiner Stammgäste pensionierte Polizisten seien, würde man es mit der Sperrstunde nicht so genau nehmen. Der linke der beiden (Theo) hätte nämlich zeit seines Lebens ein Auge auf Helma, die alte Pächterin des Knusperhäuschens, geworfen. Aha. Aber was ist, wenn er mitbekommt, dass statt Helma jetzt zwei Männer hinter der Theke stehen? Lothar beruhigt mich. Nach spätestens sechs Herrengedecken sei Theo der physiognomische Unterschied zwischen der 95-jährigen Helma und uns nicht mehr so wichtig. Überlege kurz und schlage ein. Werd ich eben Wirt. Warum nicht?
5. April 1993
    Kündige meinen Hausmeisterjob. Zum Abschied bekomme ich vierzehn Fresskörbe geschenkt. Meine erste Amtshandlung im Knusperhäuschen besteht darin, einen Teil der Fresskörbe an unsere beiden Stammgäste zu verteilen. (Auf Kosten
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