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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies
Autoren: Ernst Solèr
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mit ihm sprechen«, meinte Gret.
    »Wartest du noch, bis ich bezahlt habe?«, fragte Felix.
    »Nicht dass er dich noch mit einer Polizistin in Verbindung bringt, gell!«, frotzelte sie zurück.
    »Das wird er ohnehin tun«, seufzte Felix theatralisch.
    »Welch ein Jammer für den Leiter eines linksalternativen Kinos«, lachte sie ihn aus.
    »Du sagst es«, stöhnte er.
    Der Kellner unterbrach die Fopperei und servierte ihnen ungefragt zwei Gläser Lassi mit Röhrchen. Der dickflüssige ungesüßte Joghurt mit Mangogeschmack war ein Gaumenschmaus, Gret genoss ihn mit geschlossenen Augen.
    »Darf ich dich mal anrufen? Privat, meine ich«, hörte sie Felix’ Stimme.
    »Eine Polizistin?«, riss sie mit gespieltem Schrecken ihre Augen auf.
    »Ach, komm schon. Ich bin Single und du auch, oder?«, fragte er staubtrocken.
    Gret fühlte sich irgendwie ertappt. Sah man es ihr also schon an! Was sollte sie sagen? Typen wie Felix waren ihr Verhängnis, das wusste sie. Aber die anderen interessierten sie nun mal nicht. Und vielleicht ging es irgendwann ja mal gut.
    Dennoch schwieg sie zunächst ein paar Sekunden und ließ ihre Augen nochmals durch das Lokal wandern. Rund zwanzig Leute sorgten für ordentlichen Betrieb, mehr als die Hälfte von ihnen waren Tamilen.
    Felix wirkte plötzlich verlegen und winkte nervös nach der Rechnung.
    »Ich übernehme das«, stellte er klar und zückte seine Brieftasche.
    »Wenn du darauf bestehst.«
    Gret kritzelte wortlos ihre Natelnummer auf die Rückseite ihrer offiziellen Visitenkarte und überreichte sie Felix. Und so gut er es auch zu verstecken versuchte: Sie erkannte, wie sehr er sich freute.
    »Ich melde mich«, versprach er dann auch. »Bis bald also. Und viel Erfolg bei deinen Ermittlungen!«
    Er erhob sich, schüttelte ihr die Hand und verzog sich mit einem vielversprechenden Blick.
    Fünf Minuten später fragte Gret an der Bar nach dem Chef des Lokals und präsentierte ihm ihren Ausweis.

Staub läuft in die Falle
    Ich knattere neben Anna in einem offenen Jeep die löchrige Straße von Matara nach Pelmadulla hinauf. Der Sarong, der meine schöne Tochter notdürftig umhüllt, flattert im Fahrtwind und ich rutsche auf meinem wunden Hintern unruhig hin und her und betrachte die Umgebung.
    »Ein prächtiges Land«, meint Anna beim Anblick der im Wind wogenden Palmen und der vorbeihuschenden Kinderscharen in ihren weiß leuchtenden Schuluniformen.
    Ich muss ihr zustimmen: Das Land ist durchaus fantastisch. Schade nur, dass dies auch allerhand Insekten gemerkt haben.
    Und was für welche! Die Mücken auf Sri Lanka verzichten beispielsweise auf jegliches Tanztheater und steuern einem, den Stachel voraus, geradewegs ins Gesicht. Weder wildes Umsichschlagen noch helle Kleidung noch ständiges Einschmieren mit Anti-Brumm nützen auch nur das Geringste. Diese Mistviecher sterben lieber zermatscht den Heldentod, als erst einmal abwartend um einen herumzusurren. Schweizer Mücken sind dagegen flügellahme Lachnummern.
    Gestern Abend zählte ich rund zwanzig Mückenstiche auf meinem Körper, plus ungezählte Wanzeneinstiche am Hintern, die ich mir zuzog, als ich in einem Strandcafé in Unawatuna einen frisch gepressten Fruchtsaft trank. Auf einem Korbsessel, den offenbar eine weit verzweigte Wanzenfamilie zu ihrer Heimat auserkoren hatte.
    Anna hat mir versprochen, dass es im Bergland, wo das Hamawella Malaria Research Center liegt, kühler ist und damit auch weniger Insekten umherschwirren. Natürlich bin ich neugierig, die Forschungsstation und das Haus zu sehen, in dem meine Tochter derzeit lebt. Ich habe mich ihr deshalb sofort angeschlossen, als sie nach drei ruhigen Tagen, die sie mit uns am Meer verbracht hatte, verkündete, sie müsse zurück an die Arbeit.
    Der Rest meiner Familie ist einstweilen in Unawatuna geblieben und setzt ihr faules Urlaubsleben fort. Das heißt, Leonie räkelt sich Romane lesend am Strand und Per versucht, seiner Adrienne das Windsurfen beizubringen, bevor er abends mit ihr um die Häuser zieht. Am Wochenende wollen sie alle nach Hamawella nachkommen. Anstandshalber – ich denke nicht, dass sie ernstlich darauf erpicht sind, sich vom Meer beziehungsweise von ihrem Fünfsternehotel wegzubewegen.
    »Was ist eigentlich mit deinem Freund?«, frage ich Anna durch das Geratter des Motorenlärms hindurch. »Kommt der dich auch mal besuchen?«
    Sie schweigt verdächtig lange und starrt stur geradeaus auf die holprige Straße.
    »Na?«, hake ich unerbittlich
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