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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition)
Autoren: Gottfried Pesch
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Feldarbeit in Europa benutzte die Agency gern Typen, die als Anwälte, Fi rmenvertreter oder Touristen aus dem Mittelwesten durchgehen konnten. Sie spielten ihre Rolle laut oder leise, ganz nach Bedarf. Er schätzte Pipe auf Anfang Fünfzig. Dunkler Anzug mit Weste, die oberen Knöpfe spannten. Das blauweiß gestreifte Hemd mit Haifischkragen ließ seinen Hals noch dicker aussehen. Die Krawatte hatte einen zu kleinen Knoten. Der Mann legte es nicht darauf an, in der Vogue erwähnt zu werden.
    Pipe verlor keine Zeit. „Wir sollten reden. Suchen Sie was für mich aus. Aber nichts mit Käse.“ Er nahm einen Schluck Wein. Es war deutlich, dass er sich in di eser Umgebung bedrängt fühlte. Inzwischen waren alle Tische besetzt. Rechts und links von Pipe saßen Frauen, Mäntel und Taschen neben sich auf der Sitzbank. Es wurde lauter.
    „Sie sollen geldgierig sein, aber wir glauben das nicht. Wir glauben, Sie sind ein ostdeutscher Junge, der so ungefähr jeden an der Nase herum geführt hat, der in unserem Geschäft arbeitet. Kaum zu glauben, das Sie erst jetzt aufgeflogen sind.“ P ipe strich Butter auf ein Stück Brot und griff nach dem Salzstreuer.
    „Was für ein Geschäft?“  Vincent fragte s ich, wie weit der Mann hier in aller Öffentlichkeit noch gehen wollte. Klar, dass die bei der Operation Rosewood erbeuteten Dateien auch Informationen über ihn enthielten. Aber offensichtlich dachte man in Langley derzeit nicht daran, ihn hoch zu nehmen. Wenn sie einen wie Pipe schickten, lief es auf Zusammenarbeit hinaus. Natürlich mit der Option, ihn später immer noch fallen zu lassen.
    Der Kellner servierte die Krabbensuppe. In der dicken roten Crème schwa mmen grüne Zuckererbsen. Pipe nahm den Löffel in die rechte, den Salzstreuer in die linke Hand. Er ging nicht weiter auf Vincents Frage ein.
    „Brüssel haben wir nie ganz ernst genommen. Riesiger Fehler. Wie lange a rbeiten Sie schon hier? Warten Sie, seit sechsundachtzig. Davor zwei Jahre Bonn. Davor, was weiß ich. Mr. Unsichtbar. Ich komme übrigens nicht von der Firma, wenn Sie sich deswegen Sorgen machen“
    Was für ein Schwätzer. „Im Augenblick mache ich mir nur Sorgen um Ihren Blutdruck und die Salzvorräte in diesem Laden. Sie werden ausgetrocknet sein, wenn sie heute Nachmittag mit Ihrem Jungen im Bett liegen. Soll ich ein Bier bestellen?“
    Pipe spielte den Unwirschen. „Hören Sie zu, es gibt da einen Job für Sie. Darüber will ich mit Ihnen reden. Im Übrigen gehen mir Läden, wie dieser, am Arsch vorbei. Französisch habe ich schon gegessen, als Sie noch auf der Kirmes in Ostberlin für ein bisschen Zuckerwatte stundenlang in der Schlange gestanden haben. Diese Fresstempel habe ich alle durch, Kleinportionen zu Phantasiepreisen, dazu das Gelabere über Wein und was Monsieur Formidable wieder mal mit Jakobsmuscheln angestellt hat. Das Essen hier ist in Ordnung, ich mag es nur nicht so labberig.“
    Vincent gab Pipe zuliebe vor, sich ebenfalls aufzuregen. „Wenn ich mir schon Gesülze über den kalten Krieg anhören muss, warum sollte ich das bei Ihrer Art Fraß tun? Ist das hier ein Vorstellungsgespräch? Bin ich ein  Bewerber? Es ist umgekehrt. Irgendwer bei euch ist scharf auf mich. Aber deshalb esse ich doch keine Maiskolben mit Kartoffelpampe oder trinke Bier auf Eiswürfeln.“
    Pipe lachte. „Nennen Sie mich Sandy.“
    Der Kellner brachte Salat und gegrillte Seezunge. Pipe langte zu. Er würde das Scholtens mit vollem Magen verlassen. Als sie gegessen hatten, bestellte Vincent Kaffee und Framboise. Pipe steckte die Nase tief in das bauchige Glas und schnüffelte. 
    „Schon mal was von Rosewood gehört?“ Pipe beugte sich vor, seine  Augen glän zten.
    „Rosewood? Was soll das sein?“ Vincent ließ ihn kommen.
    „Kurz nach dem Mauerfall haben unsere Leute die Bänder mit allen Klarnamen der ostdeutschen Auslandsagenten erbeutet. Markus Wolfs heiligstes Adressbuch. Wurde alles in Langley gesichtet. Die Westdeutschen sind sauer, aber wir rücken nichts raus.“ Pipe lehnte sich zurück und warf einen Blick auf die Frauen am Nebentisch. „Durch die Listen sind wir auf Sie gekommen. Prado, wie das Museum. Was für ein Kriegsname. Sonst hießen eure Leute doch Kaspar, Bergfried oder Advokat. Warum Prado?“ Pipe konnte es nicht lassen, den Allwissenden zu spielen.
    „Keine Ahnung.“ 
    „Ist auch egal. Jedenfalls sind ein paar wichtige Leute bei OVID scharf auf eine Zusammenarbeit mit Ihnen, was immer sie sich davon
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