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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun?
Autoren: Kera Jung
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Zischeln hinein. »Du sollst heute ...«
    In diesem Moment geht die rote Lampe oberhalb der Tür zum Senderaum aus: Klaus hat abmoderiert. Dankbar nimmt Lisa ihr Zeug und dreht sich zu ihrer Kollegin um. »Besorgst du mir einen Tee? Ich habe ihn vergessen.«
    »Klar. Kamille?«
    Die Moderatorin zuckt mit den Schultern. »Was sonst?« Ohne den Nachrichtensprecher zu beachten, stürzt sie in den Senderaum. Den Trottel mit dem dämlichen Dauergrinsen und den ungefähr 120 Kilo auf den Rippen ignoriert sie nämlich aus Überzeugung, seitdem der die Frechheit besaß, sie, anlässlich der Weihnachtsfeier vor zwei Jahren, anzubaggern.
    Beschissener Mann!
    Kurz darauf sitzt sie hinter ihrem Pult, wedelt entnervt die Chipsreste des fetten Heinis vom Tisch, studiert nebenher die aktuelle Titelliste und stöhnt. Wieder mehr Müll als alles andere. Dann setzt sie sich ihre Kopfhörer auf; Rebekka hebt draußen die Hand ...
    Drei Finger …
    Zwei ...
    Einer ...
    Lisa strahlt. »Einen atomfreien guten Abend wünsche ich euch! Die tägliche Runde Countdown steht an. Wie üblich von neun bis eins. Hoffentlich habt ihr den heutigen Dauersmog trotz fehlender Warnung ohne große Hürden oder Asthmaanfälle bewältigt. Für die nächsten vier Stunden kommen wir runter und vergessen die verdammte Dauerweihnachtsbeschallung, obwohl noch fünf Wochen bis zum Fest des Kommerzes und der falschen Nächstenliebe ins Land gehen werden. Lasst es ruhig angehen. Am Mikrofon wie immer, Lisa Radtke ...«
    Erster Titel ist Peter Fox – sie hasst den Klappspaten wie die Pest. Während der versucht, so etwas wie Musik zu produzieren – es bleibt beim miesen Versuch –, hat sie Zeit, endlich ihren Ablaufplan zu studieren. Kurz darauf hätte sie sich doch glatt an ihrem Tee verschluckt – wäre der schon verfügbar gewesen. »Scheiße!«, murrt sie. Ein rosa Zettel klebt gleich auf der vordersten Seite.
    ÄNDERUNG!
    21:15 bis 22:00 Uhr – Vorstellung des neuen Programmleiters.
    Name: Chris Scout.
    Halte ´nen hübschen Plausch mit ihm. Du machst das schon. Und lass das Grünzeug und die Hasstiraden gegen uns arme Schweine heute mal weg!
    Als Rebekka mit dem Tee eintritt, sieht Lisa empört auf. »Ick soll mit dem Uff-Heini quatschen?« Vor lauter Ärger vergisst sie zum zweiten Mal innerhalb von zehn Minuten ihr sonst so fehlerfreies und gestochenes Hochdeutsch. Zuerst diese verdammte drohende Faust von Meyer und jetzt das!
    Bekka grinst wie ein Honigkuchenpferd, dabei wiegt sie nur geschätzte 40 Kilo – mit Klamotten. »Oh, komm! Gib ihm eine Chance. Er ist so ... uff!«
    Lisa winkt ab. »Ja, ja ...« Sie ist bereits wieder ganz bei ihrem Ablaufplan. Okay, die Dreiviertelstunde bekommt sie garantiert irgendwie herum. Zwischen der Musik liegen immer nur kurze Einheiten, schließlich will man die verwöhnten Leute nicht mit zu viel Geschwafel langweilen. Wen interessiert schon der Klimawandel, das immer größere Ozonloch, die allgemeine, ziemlich miese politische Lage, bei der es sich eigentlich um die wirtschaftliche handelt, oder Frauenrechte, die leider nicht vorhanden sind?
    Diesen Abend aber ohne Erwähnung ihres ›Grünzeugs‹ durchzustehen, oder der Tatsache, dass Männer allesamt Blindgänger sind, kann sie wirklich nicht versprechen. Das würde sie nicht mal unter Folter bewerkstelligen. Die Aufnahmeleiterin ist längst zurück im Vorraum, Fox hat zu Ende gewürgt und die Moderatorin strahlt ins Mikro.
    »Nun folgt ein Titel, der von mir stammen könnte. Die Aussage ist jedenfalls episch: ›Männer sind Schweine‹. Jungs, ich bin total bei euch. Die Ärzte ... auuuus Berlin!«
    Sie schiebt den einen Regler hoch, den anderen runter und schaut erst auf, als sich total ungewohnt die Tür öffnet. Eine Gestalt blockiert den Eingang und Rebekka gibt hinter dem Glas einen echt dämlich wirkenden Hampelmann. Das Mädchen springt auf und ab, deutet zu allem Überfluss auch noch auf den Kerl und ist wüst rot.
    Nach einer Schrecksekunde ertönt ein zweistimmiges Stöhnen, gefolgt von zwei zeitgleichen Flüchen.
    Hell: »Ach du Scheiße!«
    Dunkel: »Fucking Shit!«
    * * *

5. A significant difference - Ein bedeutender Unterschied
    Wortlos starren sie sich an.
    Lisa braucht eine ganze Weile, bevor ihr aufgeht, dass sich Rebekkas Hampelei verändert hat: Inzwischen wirkt die nicht mehr wüst rot, sondern wüst weiß, und ihr Winken mutet ebenfalls zunehmend hektisch an.
    Dennoch vergeht ein weiterer sehr ausufernder Moment, bis Lisa ihren ersten
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