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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun?
Autoren: Kera Jung
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Meyer was gesagt?«
    Rebekka – Aufnahmeleiterin und Mädchen für alles – beobachtet, wie ihre Kollegin von der Primetimesendung ihre wollene Mütze abnimmt und den dichten Bubikopf schüttelt. »Er war vor ein paar Minuten hier und suchte dich.« Das kommt beiläufig. »Was ist das?« Sie deutet auf Lisas Schläfe.
    Die tastet nach oben und stöhnt. »AHHH!«
    »Was ...?«
    »Ist Blut zu sehen?«
    »Nein, aber ...«
    Lisa winkt ab. »Nebensächlich. Also, was wollte der Alte?«
    »Keine Ahnung, er wirkte ziemlich gehetzt.«
    »Scheiße!«
    »Yeah«, macht Rebekka, wofür sie eine strafende Miene seitens Lisa kassiert. Wird sie heute nur von ›Yeahs‹ verfolgt, oder was soll der Mist?
    »Er hat dir den Ablaufplan da gelassen«, verkündet die Verräterin ziemlich unbeeindruckt.
    Die Moderatorin begibt sich zu ihrem Schreibtisch, der sich genau vor dem Fenster befindet. Sie musste ein halbes Jahr kämpfen, bevor sie – unter Hinweis auf die Frauenquote, Jahrhunderte währende Unterdrückung der Weiblichkeit, ihrer besseren Motivation bei Tageslicht (obwohl sie meist erst hier erscheint, wenn es dunkel ist) und einer ziemlich drohenden Mimik – den Eliteplatz endlich zugesprochen bekam. Einziger Wermutstropfen: Der Ausblick ist scheiße! Dunkler Hinterhinterhinterhof mit direkter Aussicht auf die gegenüberliegende Hauswand. Wenn auch frisch saniert.
    Aber wenigstens hat sie gesiegt. Auf der kleinen, sorgsam zusammengetackerten Akte, welche die Roadmap für die heutige Sendung darstellt, liegt ein loses Blatt, auf dem mit raschen Strichen eine riesige drohende Faust skizziert wurde. Darunter steht:
    WO WARST DU?
    Mach dich auf was gefasst!
    Das Übliche also. Meyer droht ihr öfter mal mit Schlägen – typisch Mann also. Bereits mehrfach zog Lisa in Erwägung, ihn entweder anzuzeigen oder ihren Mädchen davon zu berichten. Letzteres hätte die weitaus grauenvolleren Konsequenzen nach sich gezogen – versprochen! Am Ende verzichtete sie bisher aber auf derartige Sanktionen, denn sie mag ihren Job. Schwach, so verdammt klischeeweiblich und ziemlich korrupt, ja, ja ...
    Als sie aufschaut, begegnet ihr Rebekkas Blick; die hat sie nämlich die ganze Zeit gemustert. Erst jetzt fällt Lisa das gewisse unterschwellige Knistern in der Atmosphäre auf und sie neigt misstrauisch den Kopf zur Seite. »Was ist passiert?«
    »Meine Lippen sind versiegelt.« Ein imaginärer Schlüssel wird vor einem kaum sichtbaren – weil total schmalen – Mund gedreht und Rebekka verschränkt demonstrativ die Arme. Weshalb Lisa sich gezwungen sieht, das zu tun, was sie in solchen Momenten immer tut: Sie wartet mit erhobenen Augenbrauen – eine narrensichere Methode.
    Genau zehn Sekunden hält die Aufnahmeleiterin durch, dann lehnt sie sich verschwörerisch zu ihr vor. »Das ist brandneu!«, wispert sie angestrengt, obwohl sich kein Schwein außer ihnen im Raum befindet. »Wir haben einen neuen Programmleiter.«
    »Und was ist mit Meyer?«
    »Aufgestiegen ...«
    »Wie? Wohin denn? Und was ist er dann jetzt? Oberster Guru?«
    Rebekka hebt die Schultern, begibt sich noch etwas tiefer in Schräglage und zischt weiter: »Keine Ahnung! Ist doch auch egal! Aber der TYP!« Das Mädchen schließt die großen Glupscher, die sich hinter der fetten Plastikbrille beängstigend riesig ausmachen, und fährt sich über ihren knappen Igelhaarschnitt. »Er ist so ... uff!«
    »He?« Lisa versteht nur Bahnhof. »Watt is uff? Biste mit Vollkaracho zu Boden jejangen, als der Kerl rinkam?«
    Das bringt ihr einen strafenden Blick seitens Bekka ein. Dieses bedauernswerte Geschöpf hat bisher nämlich nicht kapiert, dass alle Männer Armleuchter sind – okay, die meisten jedenfalls. Lisa arbeitet jedoch angestrengt an der Missionierung. Während sie der derzeit noch Verblendeten lauscht, zieht sie ihre Jacke aus und legt Schal und Atemschutzmaske ab. Rebekka liegt inzwischen auf ihrem überfüllten Schreibtisch. »Der Typ kommt direkt aus Florida. Hat‘s nicht mal ins Hotel geschafft. Wurde aufgehalten, meinte er. Und er ist so ...«
    »Ein AMI?«
    »Nein! Er war nur in den letzten Jahren oder so drüben und hat Karriere gemacht – was weiß ich.«
    »Aha ...«
    Lisa will sich endlich ihrem verdammten Ablaufplan widmen, obwohl sie noch nie begriffen hat, weshalb das Ding überhaupt erforderlich ist – ist doch immer die gleiche Suppe! Bekka ist nur leider noch nicht fertig und steigert sich stetig weiter in ihr verschwörerisches, leicht umnebelt wirkendes
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