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S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
Autoren: Bernd Frenz
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herausklettern.
    Es hätte eigentlich alles so einfach sein können, wenn nicht auf dem von mir gewählten Weg ein Blutsauger gerade dabei gewesen wäre, den Blinden Hund zu verschlingen, mit dem ich eben noch auf den Gleisen gekämpft hatte.
    So viel zu meinem grandiosen Fluchtplan.
    Blutsauger waren neben den Pseudogiganten die tödlichsten Wesen in der Zone und rangierten nur knapp hinter den Kontrolleuren und Chimern. Ein Blutsauger tötete immer mehr, als er fressen konnte. Wenn er gerade mal nicht schlief oder fraß, durchstreifte er seine Jagdgründe und meuchelte jedes Lebewesen, das so unvorsichtig war, sich auf sein Territorium zu wagen. Der Weg zu seiner Höhle war stets mit den entstellten Leichen von Menschen und Mutanten gepflastert, was ein sicheres Indiz dafür war, dass sich das Monster in der Nähe befand. Der Geruch des vergammelten Fleisches lockte die in der Zone Gestrandeten an, und so wurden auch sie zum Festmahl des Monsters.
    Dieser Blutsauger war allerdings erst seit kurzer Zeit hier, wahrscheinlich seit dem gestrigen Blowout, und hatte noch keine Zeit gehabt, das Gelände vor seiner Höhle mit Leichen zu dekorieren. Sicher hatte ihn der frische radioaktive Fleck angelockt. Mutanten zogen aus der Kernspaltung doppelt Energie. Es hieß, dass sich die Kreaturen in der Nähe des radioaktiven Sarkophags in Scharen aufhielten.
    Da sich hier noch keine Leichen fanden, musste der Blutsauger sehr hungrig sein. Obwohl er das Aussehen eines typischen Hollywood-Außerirdischen hatte, fraß er kein Fleisch. Das machte ihn allerdings nicht ungefährlicher, denn seinen Opfern saugte er alle nützlichen Stoffe aus dem Körper. Er fing normalerweise mit dem Rückgrat an (meistens atmete das Opfer da noch in seiner Umklammerung) und labte sich am Knochenmark. Danach saugte er mithilfe seines starken Mundapparats, der ein regelrechtes Vakuum erzeugen konnte, das gesamte Blut aus den Adern. Und zu guter Letzt zog er noch die unverdaute Nahrung aus dem Magen heraus.
    Wenn er besonders gierig war, machte er noch nicht einmal vor dem Urin seiner Opfer Halt — wobei das auch eine der Stalker-Legenden sein konnte, mit denen beim geselligen Beisammensein Eindruck geschunden wurde.
    Nach dem opulent-grausigen Mahl sahen die Leichen wie ägyptische Mumien aus, und die Überreste waren nicht mehr als ein Haufen verwesenden Fleisches.
    Der Blutsauger, auf den ich traf, war nicht sehr agil. Nach dem Blowout waren die meisten Biester benommen, als müssten sie erst einmal wieder zu sich kommen. Es sah aus, als widmete der Bursche sich ganz und gar seinem Opfer und schenkte mir keinerlei Beachtung — was natürlich nur eine Täuschung war.
    Ich erstarrte, als hätte mich jemand mit eiskaltem Wasser übergossen. Aber ich hatte keine Wahl. Laut PDA-Bewegungsmelder hielt sich der Verfolger mit der Automatik schon ganz in der Nähe auf.
    Ich ging langsam los. Ein Messer mutete gegen zwei Zentner Fleisch dieser Kategorie wie ein Zahnstocher an. Im günstigsten Fall konnte ich damit die Haut des Blutsaugers anritzen. Darum vergaß ich die Klinge auch ganz schnell wieder. Das wichtigste war in dieser Situation, keine Angst und keine Aggressionen zu zeigen. Vielleicht würde ich es dann schaffen, das beschäftigte Monster seitlich zu umgehen.
    Der Blutsauger hob den Kopf und starrte mich unverwandt an. Ich empfand weder Entsetzen noch Panik oder Verzweiflung — nur kühne Entschlossenheit, den gefährlichen Ort, koste es, was es wolle,zu passieren. Solange dieses Biest fraß, war es hoffentlich nicht angriffslustig.
    Es schien mir wichtig, den Blickkontakt zu dem Monster aufrechtzuerhalten. Seine Augen blickten aufmerksam und ... traurig? Ja, der Blutsauger hatte einen traurigen Blick. Genau wie ein Orang-Utan, wenn dieser seine Augenbrauen hob und zu einem Dach wölbte. Ich war sicher, dass der Blutsauger die Unterbrechung unseres Blickkontaktes als Schwäche deuten und mich sofort attackieren würde.
    Ich trat einen Schritt zur Seite — langsam, überlegt, vorsichtig. Das Biest erinnerte mich, so wie es sich mir präsentierte, absurderweise an ein Küken, das ich einmal in einer Fernsehsendung gesehen hatte.
    Allerdings konnte dieses Küken, wenn ihm danach war, einfach mal die Hälfte von mir mit einem Biss verschlingen.
    Der Blutsauger senkte die Augenbrauen, und die Anwandlung, die mich überkommen hatte, verschwand.
    In diesem Blick lag nichts Trauriges, nichts Nachdenkliches, ganz bestimmt nicht! Vor mir stand nur ein
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